Entscheidungsstichwort (Thema)
Altenheimträger
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage der Wirksamkeit einer Zuwendung eines Heimbewohner an den Heimträger durch einseitige letztwillige Verfügung.
Normenkette
HeimG § 14 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 22.06.1992; Aktenzeichen 16 T 23380/91) |
AG München (Aktenzeichen 91 VI 10640/89) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 22. Juni 1992 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 1 hat die den Beteiligten zu 2 bis 4 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 93.576,61 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die am … 1989 im Alter von 91 Jahren verstorbene Erblasserin war verwitwet und kinderlos. Ihr Nachlaß besteht im wesentlichen aus Wertpapieren und Sparguthaben. Die Beteiligte zu 2 ist die Schwester der Erblasserin, die Beteiligten zu 3 und 4 sind die Kinder einer weiteren vorverstorbenen Schwester.
Der Beteiligte zu 1 ist ein gemeinnütziger Verein, der sich auf verschiedenen Gebieten der Sozialarbeit betätigt. Er wird nach seiner Satzung durch den Vorsitzenden des Kreisvorstandes und dessen Stellvertreter vertreten. Der Verein betreibt u. a. in … acht Alten- und Pflegeheime. Darunter befindet sich auch das Heim an der S.-Straße mit (im Jahr 1989) 318 Plätzen und 94 Mitarbeitern.
Aufgrund Vertrags vom 12.1.1989 wurde die Erblasserin, die bis dahin in einer eigenen Wohnung gelebt hatte, ab 20.1.1989 in das Heim an der S.-Straße aufgenommen. Am 20.2.1989 brachte sie ein auf diesen Tag datiertes, von ihr selbst geschriebenes und unterschriebenes Schriftstück zum Heimleiter. Es hat folgenden Wortlaut:
„Mein Testament
Nach meinem Ableben ist die Arbeiterwohlfahrt als meine letzte Betreuerin berechtigt all mein Hab und Gut für den Verein zu verwenden.”
Die Erblasserin bat um Vermittlung eines Notars. Das daraufhin von einem Notar am 23.2.1989 in einem Raum des Altenheims im Beisein u. a. des Heimleiters beurkundete Testament enthält die Einsetzung des Beteiligten zu 1 zum Alleinerben.
Nach dem Tod der Erblasserin beantragten die Beteiligten zu 2 bis 4, ihnen einen gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, der sie als gesetzliche Erben, und zwar die Beteiligte zu 2 zur Hälfte, die Beteiligten zu 3 und 4 je zu einem Viertel ausweisen sollte. Die Erblasserin sei unter Druck und in einer nach § 14 Heimgesetz unzulässigen Weise gegen ihren Willen zur übereilten Errichtung ihres Testaments gebracht worden. Dieses sei daher nichtig.
Aufgrund von schriftlichen Stellungnahmen des Heimleiters und des beurkundenden Notars sowie nach Einvernahme mehrerer Zeugen lehnte das Nachlaßgericht den Erbscheinsantrag mit Beschluß vom 6.12.1990 ab. Auf Beschwerde der Beteiligten zu 2 bis 4 hob das Landgericht am 22.6.1992 den Beschluß des Nachlaßgerichts auf und wies dieses an, den beantragten Erbschein zu erteilen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1. Er hält sowohl das notarielle Testament vom 23.2.1989 wie auch das handschriftliche Testament vom 20.2.1989 für wirksam. Ein Verstoß gegen § 14 Heimgesetz liege nicht vor.
Das Nachlaßgericht hat den Beteiligten zu 2 bis 4 am 15.7.1992 den beantragten Erbschein erteilt.
Entscheidungsgründe
II.
Da das Nachlaßgericht inzwischen den Beteiligten zu 2 bis 4 den beantragten Erbschein erteilt hat, ist die weitere Beschwerde nur noch mit dem Ziel der Einziehung dieses Erbscheins zulässig und in diesem Sinne umzudeuten (vgl. BayObLGZ 1982, 236/239 sowie Keidel/Winkler FGG 13. Aufl. § 84 Rn. 4 und 5 m.w.Nachw.). Sie ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Beteiligten zu 2 bis 4 hätten als gesetzliche Erben einen Anspruch auf Erteilung des beantragten Erbscheins. Denn die letztwillige Verfügung der Erblasserin vom 23.2.1989 sei wegen Verstoßes gegen § 14 Heimgesetz nichtig. Diese Vorschrift gelte auch für Testamente. Der dort verwendete Begriff „sich gewähren lassen” sei dahin auszulegen, daß eine letztwillige Verfügung wegen Verstoßes gegen § 14 Heimgesetz nichtig sei, wenn der Heimträger zu Lebzeiten des Testierenden gewußt habe, daß er als Erbe bedacht worden sei. Hierbei komme es nicht auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters des Heimträgers an. Vielmehr sei dem Beteiligten zu 1 in analoger Anwendung des § 166 Abs. 1 BGB das Wissen des Leiters des Heimes, in dem die Erblasserin untergebracht gewesen sei, zuzurechnen. Der Beteiligte zu 1 betreibe allein in München acht Alten- und Pflegeheime. Das Heim, in dem die Erblasserin untergebracht gewesen sei, habe 318 Plätze. Der Leiter sei zwar nach der satzungsmäßigen Organisation des Beteiligten zu 1 nicht für diesen vertretungsberechtigt. Jedoch sei er nach der Stellenbeschreibung des Beteiligten zu 1 im Heim selbst die entscheidende Person. Ihm unterstünden die dort angestellten Mitarbeiter, er sei verantwortlich für die Koordinierung der Arbeitsabläufe der verschiedenen Bereiche innerhalb des Heimes, fer...