Entscheidungsstichwort (Thema)

Beseitigung und Unterlassung baulicher Veränderungen

 

Verfahrensgang

AG Kempten (Aktenzeichen 5 UR II 45/94)

LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 1593/94)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 8. September 1994 aufgehoben.

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 23. Juni 1994 wird zurückgewiesen.

III. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten dieser beiden Verfahren sind nicht zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf 50 000 DM festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzung in dem Beschluß des Amtsgerichts wird entsprechend abgeändert.

 

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin war Alleineigentümerin eines Hausgrundstücks. Durch Teilungserklärung vom 30.11.1993 teilte sie dieses in sechs Wohnungen und vier Garagen in der Form von Wohnungs- und Teileigentum auf. Die Wohnungen Nr. 5 und 6 befinden sich im Dachgeschoß, das erst ausgebaut werden sollte.

Nr. IV der Teilungserklärung lautet:

Dachgeschoß:

In den Plänen für die Aufteilung sind die Wohnungen Nr. 5 und 6 enthalten, die baurechtlich noch nicht genehmigt sind. Für den Fall, daß endgültig feststeht, daß die Baugenehmigung für diese beiden Wohnungen nicht erteilt wird, haben sich alle Käufer einer Eigentumswohnung zu verpflichten, im Rahmen eines Nachtrags zur Teilungserklärung die Miteigentumsanteile der einzelnen Wohnungen neu festzulegen. Die Aufteilung hat nach dem Verhältnis der DIN-Wohnfläche der einzelnen Wohnung zur Gesamtsumme dieser Wohnfläche aller Wohnungen zu erfolgen.

Die Miteigentumsanteile der Garagen werden ohne Rücksicht auf den etwaigen Nutzungswert festgelegt und bleiben unverändert.

§ 9 der dieser Teilungserklärung als Anlage beigefügten Gemeinschaftsordnung (GO) lautet:

Bauliche Veränderungen:

Bauliche Veränderungen jeder Art bedürfen der Zustimmung des Verwalters. Dies gilt nicht für bauliche Veränderungen, die von dem derzeitigen Grundstückseigentümer jetzt oder künftig durchgeführt werden, sofern das Sondereigentum des einzelnen Wohnungseigentümers davon nicht berührt und die Nutzung des Gemeinschaftseigentums nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

Die Antragstellerin erwarb durch notariellen Vertrag vom 8.12.1993 die im ersten Obergeschoß, unter der Dachgeschoßwohnung Nr. 6, gelegene Wohnung Nr. 4 und eine Garage.

Nr. VIII des Vertrags lautet:

Dachgeschoßausbau:

Die Käuferin tritt in Ziffer IV. der Teilungserklärung ausdrücklich ein.

Die Verkäuferin verpflichtet sich, beim Ausbau des Dachgeschoßes einen ausreichenden Schallschutz für Trittschalldämmung (nach DIN) einzubauen.

Darüber hinaus verpflichtet sich die Verkäuferin, keine zusätzlichen Ver- und Entsorgungsleitungen durch die Wohnung Nr. 4 zu verlegen.

Die Antragstellerin ist inzwischen im Grundbuch als Wohnungseigentümerin eingetragen. Weitere Wohnungseigentümer sind derzeit nicht vorhanden. Ein Verwalter ist nicht bestellt. Die Ausbaupläne für das Dachgeschoß wurden am 17.5.1994 von der Baubehörde genehmigt.

Die Antragsgegnerin ließ im Zuge des Dachgeschoßausbaus am 2.5.1994 im Bereich des Treppenhauses die Betondecken vom Keller bis zum Dachgeschoß durchbrechen. Die Durchbrechungen sollen zur Aufnahme des Abwasserrohrs aus der Wohnung Nr. 6 dienen.

Die Antragstellerin hat beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Deckendurchbrüche zu beseitigen und den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, ihr zu untersagen, das Abwasserrohr für die Dachgeschoßwohnung Nr. 6 durch das Treppenhaus zu führen und ihr ferner für den Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsmittel anzudrohen. Das Amtsgericht hat am 23.6.1994 die Anträge abgewiesen und den Geschäftswert auf 5 000 DM festgesetzt. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 8.9.1994 den Anträgen stattgegeben. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landgerichts und zur Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Beschlusses. Jedoch wird die Geschäftswertfestsetzung im Beschluß des Amtsgerichts abgeändert.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Bei der Errichtung der beiden in der Teilungserklärung vorgesehenen Dachgeschoßwohnungen handle es sich um keine bauliche Veränderung, sondern um die Vervollständigung der Wohnanlage entsprechend der Teilungserklärung. Jedoch müsse sich der vollständige Umfang der Baumaßnahme aus der Teilungserklärung ergeben. Dies sei bei der beanstandeten Rohrführung nicht der Fall. Aus der Teilungserklärung ergebe sich insoweit ebensowenig etwas wie aus den Bauzeichnungen. Damit könne die Teilungserklärung nicht Rechtsgrundlage für die Deckendurchbrüche und die Führung der Abwasserrohre sein.

Die Klausel in dem Kaufvertrag, daß die Rohre nicht durch die Wohnung der Antragstellerin geführt werden dürften, ermächtige die Antragsgegnerin nicht zur Verlegung der Rohre n...

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