Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Verwalterzustimmung bei Veräußerung eines selbstständigen Kfz-Stellplatz-Teileigentums sowie Beteiligung der Eigentümer im Zustimmungs-Verfahren
Verfahrensgang
AG Bad Kissingen (Aktenzeichen UR II 51/89) |
LG Schweinfurt (Aktenzeichen 2 T 22/90) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landgerichts Schweinfurt vom 4. Dezember 1990 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren wird für alle Rechtszüge auf jeweils 3 000 DM festgesetzt; die Nummern 3 des Beschlusses des Amtsgerichts Bad Kissingen vom 12. Februar 1990 und des Beschlusses des Landgerichts werden dementsprechend abgeändert.
Gründe
I.
Dem Antragsteller gehören in einer größeren Wohnanlage zwei Wohnungen und drei Kraftfahrzeugstellplätze. Die Antragsgegnerin ist Verwalterin. Nach § 4 der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung bedarf die Veräußerung eines Wohnungs- oder Teileigentums grundsätzlich der Zustimmung des Verwalters.
Der Antragsteller verkaufte und veräußerte zu notarieller Urkunde vom 07.03.1989 einen seiner Stellplätze an den nicht der Wohnungseigentümergemeinschaft angehörenden R. Die Antragsgegnerin verweigert dazu die Zustimmung. Die Stadt habe in der Baugenehmigung die Schaffung von 92 Kraftfahrzeugstellplätzen (oder Garagenplätzen) für diese Anlage zur Auflage gemacht. Genau diese 92 Plätze könnten nachgewiesen werden. Die Veräußerung eines Stellplatzes an einen außenstehenden Dritten sei daher unzulässig und nichtig. Die Persönlichkeit oder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Erwerbers seien keine Gründe dafür, die Zustimmung zu verweigern.
Das Amtsgericht hat die Antragsgegnerin mit Beschluß vom 12.02.1990 antragsgemäß verpflichtet, dem Kaufvertrag vom 17.03.1989 (richtig: 07.03.1989) zuzustimmen. Das Landgericht hat das dagegen gerichtete Rechtsmittel der Antragsgegnerin mit Beschluß vom 04.12.1990 zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat dagegen sofortige weitere Beschwerde eingelegt.
II.
1. Das zulässige Rechtsmittel der Antragsgegnerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung an das Landgericht. Dieses hat dadurch das Gesetz verletzt, daß es außer dem Antragsteller keinen Wohnungs- oder Teileigentümer am Verfahren beteiligt hat (§ 43 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 2 WEG, § 27 Satz 2 FGG, §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO).
a) Der Antragsteller verlangt von der Antragsgegnerin als Verwalterin die Zustimmung zur Veräußerung seines Teileigentums. An einem solchen Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 2 WEG sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 2 WEG grundsätzlich alle Wohnungs- und Teileigentümer einer Anlage und der Verwalter materiell beteiligt. Wer materiell beteiligt ist, muß auch formell beteiligt, d. h. zum Verfahren zugezogen werden. Die Notwendigkeit der Beteiligung ergibt sich auch aus § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG. Die Beteiligung ist weiter ein Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärung nach § 12 FGG (BayObLG WuM 1989, 37 und 1991, 131/132).
b) Das Landgericht hat ebenso wie das Amtsgericht die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer überhaupt nicht in das Verfahren einbezogen. Alle Schriftsätze und Verfügungen sowie die Entscheidungen sind jeweils nur dem Antragsteller (bzw. dessen Bevollmächtigtem) sowie den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin zugestellt oder mitgeteilt worden. Die Antragsgegnerin nahm dabei nicht die Stellung einer Zustellungsvertreterin der übrigen Wohnungs- und Teileigentümer nach § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG ein. Denn einmal war sie, da sie selbst sofortige Beschwerde eingelegt hatte, als Zustellungsvertreterin ausgeschlossen (BayObLG WuM 1991, 131/132 m.w.Nachw.). Außerdem hätten die Zustellungen und Mitteilungen an die Verwalterin, die selbst Antragsgegnerin ist, in einer für sie eindeutig erkennbaren Weise auch in ihrer Eigenschaft als Vertreterin der Wohnungseigentümer gerichtet werden müssen (BayObLGZ 1983, 14/19; BayObLG WE 1989, 55/56).
Einer der Fälle, in denen von vornherein nicht alle Wohnungseigentümer am Verfahren zu beteiligen sind (vgl. BayObLGZ 1975, 177/180; BayObLG DWE 1990, 66), ist nicht gegeben. Wenn die Antragsgegnerin die Zustimmung zu der Veräußerung erteilen muß, tritt damit ein neues Mitglied in die Gemeinschaft der Wohnungs- und Teileigentümer ein; die Interessen der übrigen werden davon nicht unwesentlich berührt. Diese haben die Durchführung des Verfahrens ohne ihre Beteiligung auch nicht ausdrücklich oder stillschweigend (vgl. § 551 Nr. 5 ZPO) genehmigt.
c) Die unterlassene Beteiligung der Wohnungs- und Teileigentümer am Beschwerdeverfahren hat nach § 27 Satz 2 FGG, §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO zwingend die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und die Zurückverweisung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zur Folge (BayObLGZ 1973, 145/146 f.; BayObLG WuM 1989, 36/37, ...