Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Verfahrensgang
AG Kempten (Aktenzeichen UR II 43/93) |
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 2177/93) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 27. Oktober 1993 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller, ein Ehepaaar, und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die vom weiteren Beteiligten verwaltet wird. Am 23.4.1993 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Balkonverglasung an der Wohnung der Antragsteller nicht zu genehmigen und den Verwalter zu beauftragen, die Antragsteller unter bestimmten Voraussetzungen auf Entfernung der Verglasung in Anspruch zu nehmen.
Am 4.6.1993 ist bei der gemeinsamen Einlaufstelle der Justizbehörden in Kempten (Allgäu) ein Schriftsatz der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller eingegangen, der das Datum 6.5.1993 trägt und mit dem die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses vom 23.4.1993 beantragt wird. Der Schriftsatz ist gerichtet an „das Amtsgericht – Abteilung für Wohnungseigentumssachen – 8960 Kempten/Zwst. 8972 Sonthofen” und enthält einen weiteren Eingangsstempel der Zweigstelle vom 7.6.1993.
Von den Antragsgegnern mit Schriftsatz vom 19.7.1993 auf den verspäteten Eingang des Schriftsatzes hingewiesen, haben die Antragsteller am 26.7.1993 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Anfechtungsfrist beantragt. Sie haben vorgetragen, der Schriftsatz vom 6.5.1993 sei von ihren Verfahrensbevollmächtigten am 7.5.1993 zusammen mit der übrigen Post versandt worden, was anwaltlich versichert werde. Bei normalem Postgang hätte der Schriftsatz lange vor Ablauf der bis 24.5.1993 (einem Montag) laufenden Anfechtungsfrist bei Gericht eingehen müssen.
Außerdem hat die Antragstellerin eidesstattlich versichert, daß die Antragsschrift der Verfahrensbevollmächtigten vom 6.5.1993 an einem Samstag bei den Antragstellern eingegangen sei. Da der Schriftsatz vom 6.5.1993 datiere und nach dem Schreiben ihres Anwalts am 7.5.1993 zur Post gegeben worden sei, könne er ihnen nur am 8.5.1993 zugegangen sein. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 1.9.1993 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand abgelehnt und den Antrag vom 6.5.1993 als unzulässig abgewiesen.
Die sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht am 27.10.1993 mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß der Antrag vom 6.5.1993 als unbegründet abgewiesen wird. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
In entsprechender Anwendung von § 22 FGG könne den Antragstellern nur dann Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Anfechtungsfrist nach § 23 Abs. 4 WEG gewährt werden, wenn sie ohne ihr Verschulden an der Einhaltung der Frist verhindert gewesen seien. Ein Verschulden ihrer Verfahrensbevollmächtigten sei dem eigenen Verschulden der Antragsteller gleichzusetzen. Die Antragsteller hätten nicht hinreichend dargetan und glaubhaft gemacht, daß es am Verschulden ihrer Verfahrensbevollmächtigten für den verspäteten Eingang der Antragsschrift fehle. Sie hätten vor allem nicht glaubhaft gemacht, daß die Antragsschrift am 7.5.1993 versandt worden sei. Die anwaltliche Versicherung sei kein zulässiges Mittel der Glaubhaftmachung; außerdem werde nicht vorgetragen, daß der die Versicherung abgebende Anwalt persönlich die Versendung des Schriftsatzes vorgenommen habe. Aus der Erklärung ergebe sich weder die Tatsache des rechtzeitigen Ausgangs der Antragsschrift noch das Bestehen einer zuverlässigen Ausgangskontrolle im Büro der Verfahrensbevollmächtigten. Eine Bekundung der die Versendung tatsächlich durchführenden Person fehle. An dieser Beweislage könne die eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin nichts ändern. Sie enthalte nämlich aufgrund des Datums 6.5.1993 und der Erklärung der Verfahrensbevollmächtigten, der Schriftsatz sei am 7.5.1993 versandt worden, lediglich den Rückschluß, die für sie bestimmte Kopie am 8.5.1993 erhalten zu haben.
Darüber hinaus sei der Schriftsatz vom 6.5.1993 unklar adressiert, weil er zwei Zielorte jeweils mit der Postleitzahl enthalte. Eine darauf beruhende Verzögerung der Postbeförderung sei nicht unverschuldet.
Der Beschluß des Amtsgerichts sei allerdings dahin abzuändern, daß der Antrag vom 6.5.1993 infolge Versäumung der Anfechtungsfrist unbegründet sei, weil es sich dabei um eine materiellrechtliche Ausschlußfrist handle.
2. Die Entscheidung des Landgerichts erweist sich bei der gebotenen Überprüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht (BayObLG FamRZ 1990, 428/429; Keidel/Kuntze FGG 13. Aufl. § 22 Rn. 43 m.w.Nachw.) als zutreffend.
a) Bei Versäumung der An...