Leitsatz (amtlich)
1. Ein Eigentümerbeschluss, der die Zulässigkeit baulicher Veränderungen abweichend von § 22 Abs. 1 WEG generell und mit Dauerwirkung regelt, ist mangels Beschlusskompetenz nichtig.
2. Das Fehlen einer Baugenehmigung für eine bauliche Veränderung begründet nicht stets einen unvermeidbaren Nachteil im Sinn des § 14 Nr. 1 WEG.
3. Die Feststellung, ob eine bauliche Maßnahme für die übrigen Wohnungseigentümer einen unvermeidbaren Nachteil darstellt, obliegt in erster Linie dem Tatrichter und kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur auf Rechtsfehler überprüft werden.
Verfahrensgang
LG Passau (Beschluss vom 12.03.2004; Aktenzeichen 2 T 201/03) |
AG Passau (Aktenzeichen 1 UR II 039/02) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des LG Passau vom 12.3.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Hilfsantrag des Antragsgegners wird abgewiesen.
III. Der Antragsgegner trägt die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens und hat den Antragstellerinnen die Hälfte ihrer außergerichtlichen Kosten im Rechtsbeschwerdeverfahren zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 6.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerinnen, der Antragsgegner und die weiteren Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus Blockhäusern besteht.
Nach der Teilungserklärung bestehen Sondernutzungsrechte. Unter anderem steht dem Antragsgegner ein Sondernutzungsrecht an einer Fläche vor seiner Wohnung zu. Es handelt sich dabei um eine stark abfallende Hangfläche.
Die Teilungserklärung enthält zum Umfang der zulässigen Nutzung der Sondernutzungsflächen keine Regelung. In der Eigentümerversammlung vom 27.4.1991 beschlossen die Wohnungseigentümer eine Gemeinschaftsordnung (GO). In deren § 8 sind Regelungen über bauliche Veränderungen getroffen. Unter anderem ist dort vorgesehen, dass bauliche Veränderungen jedenfalls der Zustimmung des anderen Miteigentümers eines Blockhauses bedürfen. Die Zustimmung zu baulichen Veränderungen sollte nur bei berechtigtem Grund versagt werden. Erforderliche behördliche Genehmigungen seien vom Eigentümer einzuholen und zusammen mit der Zustimmung des Miteigentümers am gemeinsamen Blockhaus dem Verwalter vorzulegen. Bei Fehlen der Zustimmungen sei der Miteigentümer bei Einspruch zur Wiederherstellung des alten Zustands auf seine Kosten verpflichtet.
Der Antragsgegner errichtete auf der seinem Sondernutzungsrecht unterliegenden Fläche ohne Baugenehmigung und ohne Zustimmung der übrigen Miteigentümer eine Terrasse. Diese Terrasse ist so konstruiert, dass auf Stahlstützen und Stahlträgern Bretter verlegt sind. Die Terrasse ist ca. 18 m lang und ca. 4,50 m breit.
Die Antragstellerinnen haben beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, diese Terrasse zu entfernen und den früheren Zustand wieder herzustellen. Das AG hat am 12.9.2003 beschlossen, den Antragsgegner zu verpflichten, die Terrasse zu entfernen, soweit sie breiter als 3 m ist, berechnet von der Außenkante der Fenster an der Ostseite des Wintergartens des Antragsgegners und der gedachten Verlängerung dieser Fensterfront nach Norden. Im Übrigen hat es den Antrag zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss haben die Antragstellerinnen sofortige Beschwerde und der Antragsgegner sofortige Anschlussbeschwerde eingelegt. Das LG hat mit Beschluss vom 12.3.2004 die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen und auf die Beschwerde der Antragstellerinnen den Beschluss des AG teilweise aufgehoben und den Antragsgegner verpflichtet, die Terrasse zu entfernen und den früheren Zustand wieder herzustellen. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner sofortige weitere Beschwerde eingelegt und erstmals im Rechtsbeschwerdeverfahren hilfsweise beantragt, den Antragsgegner zu verpflichten, die vor seinem Sondereigentum befindliche Terrasse, belegt mit Holzbrettern, zu entfernen, soweit sie über die in dem Eingabeplan vom 24.6.2004 dargestellten Maße hinausgehe.
II. Die sofortige weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der Hilfsantrag ist unzulässig.
1. Die Entscheidung des LG leidet an einem Verfahrensfehler. Es liegt eine Streitigkeit der Wohnungseigentümer über die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG vor. An diesem Verfahren sind deshalb nach § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG sämtliche Wohnungseigentümer zu beteiligen. Rechtsfehlerhaft hat das LG nicht die übrigen Wohnungseigentümer, sondern den Verwalter als weiteren Beteiligten hinzugezogen. Der Senat konnte jedoch die Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer nachholen, da diesen das rechtliche Gehör gewährt wird und ausgeschlossen werden kann, dass eine Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer in den Tatsacheninstanzen eine weitere entscheidungserhebliche Sachaufklärung gebracht hätte (BayObLGZ 2004, 1 [2]).
2. In der Sache hat das LG ausgeführt:
Die Errichtung der Terrasse verstoße sowohl gegen § 8 GO als auch gegen § 22 Abs. 1 i.V.m. § 14 Nr. 1 WEG. Bereits d...