Entscheidungsstichwort (Thema)

Testament

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vorschriften der §§ 2074, 2075 BGB gestatten es dem Erblasser, die Erbeinsetzung von einer Bedingung abhängig zu machen. Der Erblasser kann daher auch für dieselbe Person mehrere Erbeinsetzungen unter verschiedenen Voraussetzungen anordnen.

2. Der Erblasser kann die Erbschaft in Bruchteile aufspaltet, um eine gesonderte Annahme oder Ausschlagung zu ermöglichen.

3. Entsprechend dem Rechtsgedanken des § 1951 Abs. 3 BGB hält es der Senat in gleicher Weise für zulässig, daß der Erblasser, der durch Testament dieselbe Person mehrfach auf den ganzen Nachlaß, aber mit jeweils unterschiedlicher Ausgestaltung der Erbenstellung zum Erben einsetzt, die gesonderte Annahme oder Ausschlagung der verschiedenen Erbschaften anordnet.

 

Normenkette

BGB § 1951 Abs. 3, §§ 2074-2075

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Beschluss vom 04.07.1995; Aktenzeichen 5 T 683/95)

AG Landsberg a. Lech (Aktenzeichen VI 31/94)

 

Tenor

Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 4. Juli 1995 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser, ein ehemaliger Rechtsanwalt, war geschieden. Der Beteiligte zu 1 ist sein einziger, für ehelich erklärter Sohn. Der Erblasser hat folgende letztwillige Verfügung errichtet:

Mein Testament bestehend aus acht Seiten

eigenhändig geschrieben am 11.1.1992

Mein Nachlaß besteht unter anderem aus meinem unbeweglichen Vermögen und zwar:

  1. das Haus in U. …,
  2. das Haus in P. …, und
  3. die Eigentumswohnung … in P. … Das Haus in U. ist bestens möbliert ….

Für das Haus P. liegt Umbau- bzw. Neubaugenehmigung … vor ….

Die Eigentumswohnung in P. ist voll und schön eingerichtet und hat etwa 50 Quadratmeter.

Ich bin Alleineigentümer eines … PKW Marke Mercedes Benz … und eines Fahrtenkreuzers (Segelbootes) ….

Ferner gehören mir noch mehrere alte und zuteilungsreife Bausparbriefe … mit einer angesparten Summe von etwa 100.000,– DM.

Dazu kommt noch Goldschmuck ….

Ferner habe ich derzeit auf meinem Postsparbuch 13.079,25 DM und Bargeld von etwa 11.000,– DM. Schulden habe ich bis auf einen Betrag von etwa 20.000,– an Kirchensteuer keine.

Ich habe nur den Sohn … (Beteiligter zu 1).

Erstens (1)

Ich setze als testamentarischen Erben meinen Sohn … (Beteiligter zu 1), als meinen Vorerben, ein. Die Anschrift ist mir nicht bekannt, weil er sich

von mir … losgesagt hat ….

Als Nacherben setze ich die Kinder meines Sohnes gemäß §§ 2100 ff. BGB ein. Die Einsetzung der Nacherben wird mit dem 31.12.2021 unwirksam. Bis zu diesem Zeitpunkt unterliegt der Vorerbe den gesetzlichen Beschränkungen und Verpflichtungen die im Bürgerlichen Gesetzbuch aufgeführt sind. Ich bitte die Nachlaßverwaltung anzuordnen. Als Testamentsvollstrecker ernenne ich den Kollegen … (Beteiligter zu 2) oder einen anderen von diesem zu benennenden Rechtsanwalt seines Vertrauens.

Die Nacherbfolge muß in den Grundbüchern … eingetragen werden.

Zweitens (2)

Sollte mein Sohn das Erbe als Vorerbe ausschlagen und den Pflichtteil gemäß § 2306 Abs. 1 BGB verlangen oder auf eine Erbschaft verzichten, so verfüge ich für diesen Fall, daß seine unter „Erstens (1)” gemachte Erbeinsetzung als Vorerbe mit der Nacherbfolge seiner Kinder, unwirksam ist. In diesem Fall setze ich meinen Sohn als Alleinerben ohne Beschränkungen ein aber ich bestimme bzw. ordne folgende Vermächtnisse:

Ich vermache mein Haus in U. sowie meine Eigentumswohnung in … Portugal samt den in beiden befindlichen Möbel an die Gemeinde U. … mit der Bestimmung, daß die Gemeinde U. diese Objekte als Stätte für Jugendliche ab 14 Jahren zur Verfügung stellt zur Erholung und Weiterbildung auf geistigem und kulturellem Gebiet unter ihrer Betreuung.

Drittens (3)

Unabhängig davon, ob mein Sohn die Erbschaft als Vorerbe oder als Alleinerbe annimmt ordne ich an, daß er als Erbe verpflichtet ist an meine Halbschwester … aus dem Nachlaß einen einmaligen Betrag von DM 25.000,– nach Annahme der Erbschaft in bar auszuzahlen. Er wird verpflichtet ferner aus dem Nachlaß meiner Halbschwester ab Annahme der Erbschaft monatlich DM 1.500,– zu bezahlen bis zu ihrem Tod.

Ferner verfüge ich – falls mein Sohn die Erbschaft als Vorerbe annimmt, daß das Haus in U. vermietet wird ….

Viertens (4)

Sollte mein Sohn mein Erbe ausschlagen so daß er als Erbe in jeglicher Form ausscheidet, so bestimme ich als meinen Alleinerben meine Halbschwester … und im Falle des vorherigen Todes meiner Halbschwester deren Enkel zu gleichen Anteilen (je 1/3) und mit der Auflage, daß das Haus U. Gemeinschaftseigentum der Enkel meiner Schwester bleibt und nicht verkauft wird.

Der Beteiligte zu 1 erklärte am 24.1.1994 vor dem Nachlaßgericht, nach dem für die Erbfolge maßgebenden Testament vom 11.1.1992 werde der Erblasser von ihm allein beerbt. Die Niederschrift lautet weiter:

Nacherbfolge ist angeordnet.

Diese entfällt jedoch, weil ich keine Kinder habe. Ich bin damit unbeschränkter Alleinerbe.

Testamentsvollstreckung ist angeordnet.

Auf die Vermächtnisansprüche wurde hingewiesen …. Einziger Vermächtnis...

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