Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Anlegung eines Familienbuchs für eine im Ausland geschlossene Ehe ist der Standesbeamte verpflichtet, die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Ehe zu prüfen.
2. Zur Anwendung philippinischen Rechts bei Prüfung der Wirksamkeit einer auf den Philippinen geschlossenen Ehe.
3. Eine auf den Philippinen geschlossene Ehe zwischen einem deutschen und einer philippinischen Staatsangehörigen ist nicht nichtig, wenn die nach philippinischem Recht erforderliche Heiratslizenz ohne Vorlage eines deutschen Ehefähigkeitszeugnisses erteilt worden ist.
Normenkette
PStG §§ 15a, 69b; EGBGB Art. 11 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1; Family Code of the Philippines (FC) Art. 3-4, 9, 21, 35; Civil Code of the Philippines (CC) Art. 66, 80
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 26.10.1995; Aktenzeichen 4 T 532/95) |
AG Kempten (Beschluss vom 15.02.1995; Aktenzeichen 5 UR III 32/94) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 werden die Beschlüsse des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 26. Oktober 1995 und des Amtsgerichts Kempten (Allgäu) vom 15. Februar 1995 aufgehoben.
II. Der Standesbeamte wird angehalten, den Antrag des Beteiligten zu 1. ein Familienbuch anzulegen, nicht mit der Begründung abzulehnen, dessen am 5. Dezember 1991 in Manila (Philippinen) geschlossene Ehe mit der Beteiligten zu 2 sei mangels Vorlage eines Ehefähigkeitszeugnisses nichtig.
Tatbestand
I.
Der Beteiligte zu 1 ist deutscher Staatsangehöriger. Er hat am 5.12.1991 in Manila (Philippinen) vor einem Geistlichen der Vereinigten Christlichen Kirche die Ehe mit der Beteiligten zu 2, einer philippinischen Staatsangehörigen, geschlossen. Die Vaterschaft zu einem im Jahr 1987 von der Beteiligten zu 2 geborenen Mädchen wurde von ihm anerkannt. Die Mutter und das Kind leben auf den Philippinen.
Das Standesamt lehnte mit Bescheid vom 2.5.1994 den Antrag des Beteiligten zu 1, ein Familienbuch anzulegen, mit der Begründung ab, die nach dem philippinischen Recht erforderliche Heiratslizenz sei ohne Vorlage eines deutschen Ehefähigkeitszeugnisses erteilt worden, so daß diese ungültig und die Ehe nichtig sei. Das Amtsgericht wies den Antrag des Beteiligten zu 1, den Standesbeamten zur Anlegung des Familienbuchs anzuweisen, am 15.2.1995 zurück. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beteiligten zu 1 wies das Landgericht mit Beschluß vom 26.10.1995 zurück. Gegen diese Entscheidung richtet sich seine weitere Beschwerde. Der Standesamtsaufsichtsbehörde (Beteiligte zu 3) wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1 führt zur Aufhebung der Entscheidungen des Landgerichts und des Amtsgerichts.
1. Die Entscheidung des Landgerichts, die Anlegung eines Familienbuchs komme nicht in Betracht, weil die von den Beteiligten zu 1 und 2 geschlossene Ehe mangels einer nach philippinischem Recht erforderlichen ordnungsgemäßen Heiratslizenz von Anfang an nichtig sei, hält der rechtlichen Nachprüfung (§ 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand.
a) Zutreffend geht das Landgericht zunächst davon aus, daß auf den zulässigen Antrag des Beteiligten zu 1, für seine auf den Philippinen geschlossene Ehe mit der Beteiligten zu 2 ein Familienbuch anzulegen (§ 15a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 sowie Abs. 2 Satz 1 PStG), der Standesbeamte verpflichtet war, die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Eheschließung zu prüfen (vgl. BGH NJW 1991, 3088/3089; OLG Karlsruhe StAZ 1994, 286; Hepting/Gaaz PStG § 15a Rn. 92), denn die Anlegung eines Familienbuchs setzt eine Ehe im Rechtssinn voraus (vgl. OLG Hamburg NJW-RR 1988, 196; Hepting/Gaaz a.a.O. Rn. 7 m.w.N.).
b) Die Frage, ob es sich bei der Ehe der Beteiligten zu 1 und 2 um eine die Anlegung eines Familienbuchs hindernde Nichtehe (vgl. Hepting/Gaaz a.a.O.) handelt, beurteilt sich sowohl gemäß Art. 11 Abs. 1 als auch gemäß Art. 13 Abs. 1 EGBGB nach philippinischem Recht, so daß offenbleiben kann, ob das Erfordernis einer ordnungsgemäßen Heiratslizenz als Formvorschrift oder als materiell-rechtliche Ehevoraussetzung aufzufassen ist.
aa) Gemäß Art. 3 des am 4.8.1988 in Kraft getretenen „Family Code of the Philippines” [FC] (vgl. Bergmann/Ferid Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht „Philippinen” S. 23 ff.), durch den die familienrechtlichen Vorschriften des „Civil Code of the Philippines” [CC] weitgehend außer Kraft gesetzt wurden (vgl. Burmester-Beer StAZ 1989, 249), gehört zu den formellen Voraussetzungen der Eheschließung eine gültige Heiratslizenz (marriage license), die gemäß Art. 9 FC vom örtlich zuständigen Standesbeamten (local civil registrar) erteilt wird. Ist einer der Verlobten Angehöriger eines fremden Staates, so muß gemäß Art. 21 FC (früher Art. 66 CC) bei Beantragung der Heiratslizenz eine Bescheinigung über seine Ehefähigkeit (certificate of legal capacity to contract marriage) vorgelegt werden, die vom zuständigen diplomatischen oder konsularischen Beamten ausgestellt sein muß, hier also von der Botschaft der Bundesrepublik Deutsc...