Leitsatz (amtlich)
1. Eine Verurteilung wegen einer Straßenverkehrsgefährdung - auch in der Fahrlässigkeits-Fahrlässigkeitskombination des § 315c Abs. 3 Nr. 2; Abs. 1 Nr. 1a StGB - setzt im Falle einer Gefährdung von Sachwerten Feststellungen dazu voraus, ob es sich bei der gefährdeten Sache um eine solche von bedeutendem Wert handelt und, falls ja, ob der gefährdeten Sache auch ein bedeutender Schaden gedroht hat.
2. Der Vorsatz des Täters nach § 142 StGB muss sich darauf beziehen, dass ein Unfall stattgefunden hat und dass der Schaden nicht ganz unerheblich war.
3. Setzt der alkoholisierte Täter nach einem Streifvorgang seine Fahrt ohne Unterbrechung fort, bedarf eine Verurteilung wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr tatsachenfundierter Feststellungen zum Bemerken des Streifvorgangs und zum Vorstellungsbild bezüglich des Umfangs des Schadens und der Fahrtüchtigkeit.
Normenkette
StGB §§ 315c, 316, 142
Verfahrensgang
AG Regensburg (Entscheidung vom 16.05.2023; Aktenzeichen 31 Cs 410 Js 1040/22) |
Tenor
1. Auf die Sprungrevision des Angeklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Regensburg vom 16. Mai 2023 mit Ausnahme der Feststellungen zur Fahrereigenschaft und zur Blutalkoholkonzentration aufgehoben.
2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an einen anderen Strafrichter des Amtsgerichts zurückverwiesen.
3. Die weiter gehende Revision wird verworfen.
Gründe
I.
Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in "Tateinheit" mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort in Tateinheit mit vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu einer Gesamtgeldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 15.- Euro verurteilt sowie die Entziehung der Fahrerlaubnis und eine Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ausgesprochen. Die hiergegen gerichtete, mit Verfahrensrügen und der allgemeinen Sachrüge begründete Revision erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
II.
Die Verfahrensrügen sind nicht zulässig angebracht.
1. Die Verfahrensrüge der Verletzung von § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO erweist sich als unzulässig, weil der Vortrag der Revision den Begründungsanforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO nicht gerecht wird.
a. Ein Zweck des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO ist, das Revisionsgericht in die Lage zu versetzen, allein anhand der Revisionsbegründung über die Schlüssigkeit einer Verfahrensrüge zu befinden (BVerfGE 112, 185, 212). Der Revisionsführer muss daher die den Mangel enthaltenden Tatsachen so vollständig und genau angeben, dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorläge, wenn die behaupteten Tatsachen erwiesen wären (vgl. BVerfG a.a.O. 208 m. N. zur st. Rspr. des BGH; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 13. September 2021 - 202 StRR 105/21 -, juris Rn. 7). Nachteiliges darf der Beschwerdeführer nicht übergehen, er muss auch die Fakten vortragen, die für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes sprechen können, der seiner Rüge den Boden entzieht (BVerfG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 2 BvR 656/99 -, BVerfGE 112, 185-216, juris Rn. 94; BGH, Urteil vom 1. Juli 1998 - 1 StR 182/98 -, juris Rn. 16, 17 zu einer partiellen Wiedergabe eines Gutachtens; Gericke in KK-StPO, 9. Aufl., § 344 Rn. 38 m.w.N.). Für die Begründung der Rüge ist erforderlich, dass die behauptete Rechtsverletzung durch Angabe aller Tatsachen dargetan wird, die den konkreten Fehler lückenlos belegen. Die bloße Behauptung des Verstoßes als solchen genügt nicht. In der Regel ist die vollständige Darlegung des für die Beurteilung der Rüge relevanten Verfahrensverlaufs notwendig.
b. Zu der Beanstandung, eine ohne Belehrung nach § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO gemachte Aussage sei verwertet worden, gehört die Mitteilung der Umstände, aus denen die Belehrungspflicht folgte, demgemäß also auch, dass gegen den Angeklagten im Zeitpunkt des Erscheinens der Polizeibeamten überhaupt ein Anfangsverdacht bestanden hatte (vgl. Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 13. September 2021 - 202 StRR 105/21 -, juris Rn. 9). Die Pflicht zur Belehrung einer Person als Beschuldigten nach § 163a Abs. 4 Satz 2 StPO i.V.m. § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO wird nämlich erst dann ausgelöst, wenn sich der Verdacht gegen sie so verdichtet hat, dass sie ernstlich als Täter einer Straftat in Betracht kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 7. September 2017 - 1 StR 186/17 -, juris).
c. Für die Begründung der Rüge ist damit unerlässlich, den Inhalt der nach Auffassung des Beschwerdeführers zu Unrecht verwerteten Aussage vollständig und genau wiederzugeben (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 1995 - 4 StR 77/95 -, juris Rn. 8; Gericke a.a.O. Rn. 43).
d. Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung hier nicht.
aa. Zu vermissen i...