Leitsatz (amtlich)
1. Ein Betreuer kann bestellt werden, wenn zwar kein akuter Handlungsbedarf besteht, ein erneutes Auftreten von Verwirrtheitszuständen mit halluzinatorischen Symptomen aber konkret zu erwarten ist, welches ein sofortiges Betreuerhandeln erforderlich macht.
2. Die Bestellung des behandelnden Nervenarztes zum Betreuer ist nicht grundsätzlich ausgeschlossen.
Normenkette
BGB § 1896 Abs. 1, § 1897 Abs. 6
Verfahrensgang
LG München II (Aktenzeichen 2 T 6270/02) |
AG Garmisch-Partenkirchen (Aktenzeichen XVII 52/02) |
Tenor
Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München II vom 7.1.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Für den an Morbus Parkinson leidenden Betroffenen ist seit 16.9.2002 der ihn behandelnde Arzt zum Betreuer bestellt für die Aufgabenkreise Aufenthaltsbestimmung für nervenärztliche Behandlung, Gesundheitsfürsorge für nervenärztliche Behandlung während stationärer Aufenthalte sowie Anträge und Entscheidungen über freiheitsentziehende Maßnahmen.
Die hiergegen durch den Betroffenen eingelegte Beschwerde hat das LG am 7.1.2003 zurückgewiesen.
Mit der weiteren Beschwerde verfolgt der Betroffene sein Ziel weiter, eine Aufhebung der Betreuerbestellung zu erreichen.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§§ 21, 27 FGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG hat seine Entscheidung folgendermaßen begründet:
Die Bestellung eines Betreuers sei zu Recht erfolgt, da der Betroffene seit 14 Jahren an Morbus Parkinson vom Tremor-Dominanztyp mit zunehmenden deliranten und paranoid-halluzinatorischen Symptomen leide. Wegen der eigenmächtig durch den Betroffenen vorgenommenen Erhöhung der Medikation leide dieser an wiederholten L-Dopa-induzierten Verwirrtheitszuständen und damit an einer psychischen Erkrankung. Aufgrund des weit fortgeschrittenen Parkinson-Syndroms und der im Längsschnitt an Häufigkeit und Dauer zugenommenen Verwirrtheitszuständen sei der Betroffene krankheitsbedingt nicht mehr dazu in der Lage, freien Willens über seinen Aufenthalt und seine Behandlung zu bestimmen. Die Kammer folge insoweit den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen. Die Betreuung sei auch erforderlich. Allein die Möglichkeit, den ihn behandelnden Nervenarzt aufzusuchen, stelle für den Betroffenen keinen ausreichenden Schutz dar, da der Betroffene die Medikamente nicht regelmäßig in der richtigen Dosierung einnehme. Eine Verschreibung anderer Medikamente ändere an den Nebenwirkungen in der Form von Verwirrtheitszuständen bei Überdosierung nichts, wie die Sachverständige dargestellt habe. Gegen die Auswahl des Betreuers bestünden gleichfalls keine Bedenken; ein Verstoß gegen ärztliches Standesrecht lasse die Rechtmäßigkeit der gerichtlichen Anordnung unberührt, weil es sich lediglich um internes Recht einer Standesorganisation handele.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 2 FGG, § 546 ZPO) stand.
a) Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das VormG für ihn einen Betreuer (§ 1896 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Bestellung eines Betreuers gegen seinen Willen setzt voraus, dass der Betroffene auf Grund seiner Krankheit oder Behinderung seinen Willen nicht mehr frei bestimmen kann (vgl. BayObLG v. 30.3.1995 – 3Z BR 349/94, BayObLGReport 1995, 62 = BayObLGZ 1995, 146 [148]; FamRZ 1998, 454 [455]; BayObLG v. 20.5.1999 – 3Z BR 150/99, BayObLGReport 1999, 87 = FamRZ 2000, 189; Palandt/Diederichsen, BGB, 62. Aufl., vor § 1896 Rz. 11). Nach § 1896 Abs. 2 BGB darf ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Dies bedarf für jeden einzelnen Aufgabenkreis der Konkretisierung (vgl. BayObLG FamRZ 1998, 454 [455]).
Zum Betreuer des Betroffenen bestellt das VormG eine natürliche Person, die geeignet ist, in dem gerichtlich geregelten Aufgabenkreis die Angelegenheiten des Betroffenen zu besorgen und ihn in dem hierfür erforderlichen Umfang persönlich zu betreuen (§ 1897 Abs. 1 BGB). Einem Vorschlag des Betroffenen ist bei der Auswahl des Betreuers i.d.R. zu entsprechen, wenn dies dem Wohl des Betroffenen nicht zuwiderläuft (§ 1897 Abs. 4 S. 1 BGB).
b) Das LG hat verfahrensfehlerfrei und damit für den Senat bindend (§ 27 Abs. 1 FGG, § 559 Abs. 2 ZPO) festgestellt, dass der Betroffene an einer psychischen Erkrankung leidet, insoweit seinen Willen nicht mehr frei bestimmen kann und deshalb nicht mehr in der Lage ist, seine Angelegenheiten in den hier in Rede stehenden Aufgabenkreisen selbst zu besorgen.
aa) Die Feststellungen des LG beruhen auf der gutachtlichen Äußerung psychiatrischer Sachverständiger. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Würdigung eines solchen Gutachtens durch den Tatrichter nur auf Rechtsfehler überprüfen, also darauf, ob der Tatrichter bei der Erörterung des Beweisstoffes alle wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat, ob seine Beweiswürdigung in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen gesetzliche B...