Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterlassung

 

Verfahrensgang

AG Würzburg (Aktenzeichen UR II 99/93)

LG Würzburg (Aktenzeichen 3 T 491/94)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 23. Januar 1996 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.

Den Antragstellern gehört eine Wohnung im Erdgeschoß. Der Antragsgegner ist Eigentümer einer darüber im sechsten Obergeschoß gelegenen Dachterrassenwohnung. Die Dachterrasse wird an ihrer Außenseite von Pflanztrögen umsäumt. Die Pflanzen werden durch eine automatische Bewässerungsanlage befeuchtet. Die Antragsteller beanstanden, daß dadurch Wasser auf ihren Balkon herabtropfe.

Antragsgemäß hat das Amtsgericht durch Beschluß vom 20.1.1994 dem Antragsgegner unter Androhung von Ordnungsmitteln untersagt, die im Bereich seines Sondereigentums installierte Bewässerungsanlage so zu betreiben, daß überschüssiges Wasser auf den im Erdgeschoß an der Südseite gelegenen Balkon der Antragsteller austritt. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 23.1.1996 die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.

II.

Das Rechtsmittel führt wegen eines Verfahrensmangels zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Das Verfahren hat die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten der Wohnungseigentümer untereinander im Sinn des § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG zum Gegenstand. An diesem Verfahren sind gemäß § 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG sämtliche Wohnungseigentümer materiell beteiligt. Wer materiell beteiligt ist, muß auch formell beteiligt, also zum Verfahren zugezogen werden. Die Notwendigkeit der Beteiligung ergibt sich aus § 45 Abs. 2 Satz 2 WEG, wo bestimmt ist, daß die gerichtliche Entscheidung für alle Beteiligten bindend ist. Sie ist außerdem ein Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs gemäß Art. 103 GG und der Sachaufklärung nach § 12 FGG (BayObLG WE 1992, 203 m.w.N.).

Einer der Ausnahmefälle, in denen die Beteiligung aller Wohnungseigentümer nicht erforderlich ist (vgl. BayObLG DWE 1990, 66 m.w.N.), liegt hier nicht vor, da auch andere Wohnungseigentümer von dem Vorgang betroffen sind.

Wer formell zu beteiligen ist, dem sind Anträge, Termine, Beteiligtenvorbringen, Ermittlungsergebnisse und Entscheidungen mitzuteilen (Palandt/Bassenge BGB 55. Aufl. § 43 WEG Rn. 14). Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann durch Einschaltung des Verwalters als Zustellungsvertreter nach § 27 Abs. 2 Nr. 3 WEG beteiligt werden. Dabei wirkt die Zustellung an den Vertreter für und gegen die Wohnungseigentümer; unerheblich ist, ob die Wohnungseigentümer durch den Verwalter informiert werden (Palandt/Bassenge § 27 WEG Rn. 12). Allerdings tritt diese Wirkung nur ein, wenn für den Verwalter eindeutig erkennbar ist, daß an ihn als Zustellungsvertreter der Wohnungseigentümer zugestellt oder mitgeteilt worden ist (BGHZ 78, 166/170; BayObLG WE 1989, 55 f.; 1995, 251).

Die unterlassene Beteiligung der übrigen Wohnungseigentümer hat nach § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO zwingend die Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und die Zurückverweisung zur neuen Verhandlung und Entscheidung zur Folge (BayObLG NJW-RR 1991, 849 f.). Allerdings ist dieser absolute Aufhebungsgrund nur dann gegeben, wenn ein Beteiligter überhaupt nicht zum Verfahren hinzugezogen wurde, d.h. bei völliger Versagung des rechtlichen Gehörs (BayObLG WE 1992, 203 m.w.N.).

Hier hat das Landgericht die übrigen Wohnungseigentümer zwar im Rubrum seines Beschlusses vom 23.1.1996 aufgeführt, am Verfahren aber nicht beteiligt. Das Landgericht hat der Verwalterin weder die ergangene Entscheidung zugestellt noch sie zu den Terminen geladen. Das Landgericht hat der Verwalterin allerdings das Schreiben vom 22.10.1994, in dem der Sachverständige den Gutachtensauftrag bestätigt, mitgeteilt. Auch hat es ihr am 23.1.1995 das Sachverständigengutachten zur Stellungnahme zugeleitet. Ferner teilte das Landgericht der Verwalterin mit Schreiben vom 28.11.1995 mit, daß ein Rechtsstreit zwischen den Antragstellern und dem Antragsgegner anhängig sei und bat sie um die Beantwortung mehrerer Fragen. Zumindest aus diesem Schreiben ergibt sich, daß das Landgericht im gesamten Beschwerdeverfahren die Verwalterin nur als solche im Rahmen der Sachaufklärung nach § 12 FGG anhören, ihr aber keine der genannten Unterlagen als Zustellungsvertreterin der übrigen Wohnungseigentümer zuleiten wollte. Abgesehen davon war jedenfalls für die Verwalterin nicht eindeutig erkennbar, daß das Gericht ihr die genannten Aktenteile in ihrer Eigenschaft als Zustellungsvertreterin der übrigen Wohnungseige...

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