Leitsatz (amtlich)
Erledigt sich die Hauptsache einer mit Selbsttötungsgefahr begründeten öffentlich-rechtlichen Unterbringung durch Entlassung des Betroffenen, kann grundsätzlich die Erstattung seiner notwendigen Auslagen durch die zuständige Verwaltungsbehörde als Beteiligter aus Billigkeitsgründen angeordnet werden. Hat der Betroffene wiederholt Suizidankündigungen von Gewicht geäußert, wird die hierfür erforderliche Feststellung, ein begründeter Anlass zur Stellung eines Unterbringungsantrags habe nicht vorgelegen, im Regelfall ausscheiden. Das gilt auch dann, wenn im Verfahren ungeklärt blieb, ob der Betroffene die Äußerungen letztlich ernst gemeint hatte.
Verfahrensgang
LG Ingolstadt (Beschluss vom 24.11.2003; Aktenzeichen 1 T 701/03) |
AG Ingolstadt (Aktenzeichen XIV 90/03) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Ingolstadt vom 24.11.2003 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Mit Bescheid vom 31.3.2003 ordnete die zuständige Behörde die sofortige vorläufige Unterbringung der Betroffenen in der geschlossenen Abteilung der D.-Klinik an, weil die Betroffene nach Angaben ihres Ehemannes ihre acht Kinder "öfters mit Suiziddrohungen konfrontiert" und in der vorangegangenen Nacht "innerhalb der Familie erneut im Rahmen eines eskalierenden Familienstreits massive Suizidankündigungen ausgesprochen" habe.
In einer richterlichen Anhörung am 24.3.2003 erklärte der behandelnde Arzt als Sachverständiger, die Suizidgefahr bei der Betroffenen sei nicht sicher zu verifizieren. Ihr Verhalten sei aber nicht berechenbar. Sie habe eine Impulskontrollstörung, eine wie auch immer geartete Affekthandlung sei nicht auszuschließen. Eine Unterbringung nach dem Unterbringungsgesetz könne nicht sicher beurteilt werden. Befürwortet würde aber eine Unterbringung nach Betreuungsrecht, "insbes. § 1906 Abs. 1 Nr. 2 BGB". Die Betroffene sei in jedem Fall untersuchungs- und behandlungsbedürftig. Krankheitseinsicht sei nicht vorhanden.
Der Richter eröffnete der Betroffenen daraufhin, dass voraussichtlich "die Unterbringung angeordnet" werde, vermutlich aber nicht wegen Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, sondern "wegen Untersuchungs- und Behandlungsbedürftigkeit". Zugleich legte er der Betroffenen nahe, zu ihrem eigenen Wohl freiwillig zur weiteren Krankheitsabklärung in der Klinik zu bleiben. Die Betroffene erklärte daraufhin ihre Bereitschaft zu einem weiteren Klinikaufenthalt einschließlich der notwendigen Untersuchungen.
Mit Beschluss vom 27.3.2003 stellte das VormG mit entsprechender Begründung das Unterbringungsverfahren ein.
Nachdem die Betroffene offenbar ihre Freiwilligkeitserklärung widerrufen hatte, wurde sie am 11.4.2003 erneut in Anwesenheit des behandelnden Oberarztes sowie eines Psychologen angehört. Am selben Tag ordnete das VormG die vorläufige öffentlich-rechtliche Unterbringung der Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis höchstens 22.5.2003 und die sofortige Wirksamkeit des Beschlusses an. Zur Begründung wurde eine schwere Persönlichkeitsstörung der Betroffenen mit gestörter Impulskontrolle und Unberechenbarkeit angeführt. Affekthandlungen seien nicht auszuschließen. Es bestehe die "nicht unerhebliche Gefahr suizidaler Handlungen".
Auf die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde übertrug die zuständige Kammer das Beschwerdeverfahren einem Mitglied als Einzelrichter zur Entscheidung.
Dieser hörte am 24.4.2003 in Anwesenheit des Verfahrensbevollmächtigten der Betroffenen zunächst den behandelnden Oberarzt sowie anschließend die Betroffene an. Am 28.4.2003 wurde die sofortige Beschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss des VormG vom 11.4.2003 zurückgewiesen.
Auf die hiergegen eingelegte sofortige weitere Beschwerde der Betroffenen hat der Senat mit Beschluss vom 15.5.2003 - 3Z BR 104/03 den Beschluss des LG vom 28.4.2003 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen.
In einem Telefongespräch vom 21.5.2003 mit einem Richter der Beschwerdekammer erklärte die Betroffene, sie werde jedenfalls bis zum nächsten Tag freiwillig in der Klinik bleiben, weil sie noch einen Termin beim Arzt habe. Anschließend sei eine ambulante Behandlung geplant. In einer ebenfalls am 21.5.2003 verfassten Stellungnahme teilte das Ordnungsamt der Stadt mit, dass nach einer Mitteilung des Gesundheitsamts Maßnahmen nach dem Unterbringungsgesetz nicht mehr für erforderlich gehalten würden.
Nach der Entlassung der Betroffenen beantragte diese mit Schriftsatz vom 27.5.2003, "die Kosten für das gegenständliche Verfahren der Staatskasse aufzuerlegen". Durch ihre Entlassung habe sich die Hauptsache des Beschwerdeverfahrens erledigt. Zu diesem Zeitpunkt seien der angefochtene Beschluss des LG "und damit der ursprüngliche Ausgangsbeschluss" nicht gerechtfertigt gewesen.
Mit Beschluss vom 24.11.2003 hat das LG die "Unterbringungs- und Heilbehandlungskosten" der Betroffenen, soweit nicht ein Träger der Sozialversicherung leistungsverpflichtet ist un...