Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe
Leitsatz (amtlich)
- Vermietet der Eigentümer eine Wohnung an einen karitativ tätigen gemeinnützigen Verein zur Unterbringung vom Verein auszuwählender Personen und vermietet der Verein die Wohnung an Personen weiter, die von ihm betreut und unterstützt werden, so tritt der Eigentümer nicht in das Mietverhältnis mit dem Endmieter ein, wenn er das Vertragsverhältnis mit dem Zwischenmieter durch ordentliche Kündigung beendet. § 549a Abs. 1 Satz 1 BGB ist weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.
- Allein der Umstand, daß den Endmietern die Nutzung der Wohnung durch Einschaltung des gemeinnützigen Vereins als Zwischenmieter überlassen worden ist, führt nicht dazu, daß sich die Endmieter gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers auf die Kündigungsschutzvorschriften des Wohnraummietrechts (insbesondere §§ 556a, 564b BGB) berufen können.
Normenkette
BGB §§ 549a, 556 Abs. 3, §§ 556a, 564b; ZPO § 541
Verfahrensgang
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses in München. Der Beklagte zu 1 ist ein gemeinnütziger Verein mit karitativer Zielsetzung. Mit schriftlichem Vertrag vom 7.4.1983 vermietete die Rechtsvorgängerin der Klägerin an ihn die streitgegenständliche Wohnung zur Unterbringung vom Verein auszuwählender Personen. Nach § 7 des Vertrages ist der Beklagte zu 1 berechtigt, nicht benötigte Räume oder die ganze Wohnung an einen anderen Verein oder Verband, der “ebenfalls mit der Betreuung schwieriger Personen befaßt ist”, als Untermieter zu überlassen. Nach den vertraglichen Vereinbarungen ist das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit geschlossen und kann unabhängig von seiner Dauer von jedem Vertragsteil mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden. Der Beklagte zu 1 vermietete die Wohnung ab 1.5.1983 an die Beklagten zu 2 und 3, die sie auch heute noch bewohnen.
Die Klägerin hat das Mietverhältnis mit dem Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 13.5.1993 gekündigt. Mit Schreiben an die Betreuerin der Beklagten zu 3 hat sie unter Hinweis auf die Kündigung die Räumung der Wohnung verlangt. Da die Beklagten die Wohnung nicht geräumt haben, hat die Klägerin Räumungsklage erhoben. Das Amtsgericht hat den Beklagten zu 1 verurteilt, die Wohnung zu räumen und an die Klägerin herauszugeben. Gegen die Beklagten zu 2 und 3 hat es die Klage abgewiesen, weil die Vorschrift des § 549a BGB entsprechend anzuwenden und die Klägerin somit in das Mietverhältnis zwischen dem Beklagten zu 1 und den Beklagten zu 2 und 3 eingetreten sei. Gegen diese Entscheidung haben sowohl die Klägerin wie auch der Beklagte zu 1 Berufung eingelegt. Das Landgericht hat wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:
Kann sich der Endmieter, der von dem Hauptmieter Wohnraum angemietet hat, bei beendetem (Nicht-Wohnraum-) Hauptmietverhältnis gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers aus § 556 Abs. 3 BGB auf den Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts (hier: § 556a, 564b BGB) berufen, wenn das nicht vom Anwendungsbereich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.6.1991 (NJW 1991, 2272 f.) und von § 549a BGB umfaßte Hauptmietverhältnis ausschließlich zum Zweck der Weitervermietung an einen bestimmten Personenkreis (hier: in Erfüllung einer satzungsgemäßen, sozialen Aufgabe) begründet worden ist und der Endmieter diesem Personenkreis angehört?
Es ist der Auffassung, daß das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1 durch die Kündigung vom 13.5.1993 zum 30.11.1993 beendet worden sei. Die Frage, ob sich die Beklagten zu 2 und 3 gleichwohl auf den Kündigungsschutz des sozialen Wohnraummietrechts berufen könnten, werde weder durch die zitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch durch § 549a BGB beantwortet, da es sich bei dem Beklagten zu 1 nicht um ein gewerbliches Vermietungsunternehmen handle. Es könne geboten sein, den Beklagten zu 2 und 3 aus verfassungsrechtlichen Gründen gleichwohl diesen Kündigungsschutz zu gewähren. Aus der Sicht des Gerichts sei allerdings eine derartige Ausweitung des Kündigungsschutzes nicht veranlaßt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Vorlage, über die das Bayerische Oberste Landesgericht entscheidet (vgl. BayObLGZ 1991, 348/350 und ständige Rechtsprechung), ist statthaft (vgl. BayObLGZ 1989, 319/321) und auch im übrigen zulässig (§ 541 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
- Die vorgelegte Rechtsfrage ergibt sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum (vgl. BGH in Landfermann/Heerde Sammlung der Rechtsentscheide in Wohnraummietsachen – RES – II § 556 BGB Nr. 2, insoweit in BGHZ 84, 90 ff. nicht abgedruckt). Sie ist entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht nimmt an, daß das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 durch die Kündigung der Klägerin wirksam beendet worden ist. Dabei geht es davon aus, daß es sich bei diesem Mietverhältnis nicht um ein solches über Wohnraum handelt und daher in d...