Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe
Leitsatz (amtlich)
- Vermietet der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses Wohnungen an einen karitativ tätigen gemeinnützigen Verein zur Unterbringung vom Verein auszuwählender Personen und vermietet der Verein eine der Wohnungen an einen seiner Mitarbeiter, so tritt der Eigentümer nicht in das Mietverhältnis mit dem Endmieter ein, wenn er das Vertragsverhältnis mit dem Verein durch ordentliche Kündigung beendet; § 549a Abs. 1 Satz 1 BGB ist weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden.
- Der Umstand, daß in einem solchen Fall dem Endmieter die Nutzung der Wohnung durch Einschaltung des gemeinnützigen Vereins als Zwischenmieter überlassen worden ist, führt für sich genommen nicht dazu, daß sich der Endmieter gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers auf die Kündigungsvorschriften des Wohnraummietrechts (insbesondere §§ 556a, 564b BGB) berufen kann.
Normenkette
BGB §§ 549a, 556 Abs. 3, §§ 556a, 564b; ZPO § 541
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 14 S 4066/94) |
AG München (Aktenzeichen 413 C 11767/93) |
Tatbestand
I.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses. Der Beklagte zu 1 ist ein gemeinnütziger Verein mit karitativer Zielsetzung. Mit schriftlichem Vertrag vom 24.8.1982 vermietete die Rechtsvorgängerin der Klägerin an ihn vier in dem Haus gelegene Wohnungen, darunter auch die nunmehr von dem Beklagten zu 2 bewohnte Wohnung, zur Unterbringung vom Verein auszuwählender Personen. In § 3 des Vertrages ist darauf hingewiesen, daß sich der Beklagte zu 1 freiwillig zur Zahlung einer höheren als der für Sozialwohnungen zulässigen Miete bereit erklärt hat, um für seinen besonders schwierigen Personenkreis (Patienten aus einem sozialpsychiatrischen Zentrum) Wohnraum zur Bildung von Wohngemeinschaften zu erhalten. Gemäß § 7 des Vertrages ist der Beklagte zu 1 berechtigt, nicht benötigte Wohnungen an einen anderen Verein oder Verband, der “ebenfalls mit der Betreuung schwieriger Personen befaßt ist”, als Untermieter zu überlassen. Das Mietverhältnis wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen und konnte unabhängig von seiner Dauer von jedem Vertragsteil mit einer Frist von 6 Monaten gekündigt werden.
Mit schriftlichem Vertrag vom 30.6.1983 vermietete der Beklagte zu 1 die streitgegenständliche Wohnung an den Beklagten zu 2, einen bei ihm beschäftigten Arbeitstherapeuten. Nach Angaben der Beklagten war die damalige Eigentümerin hiermit einverstanden, u.a. im Hinblick darauf, daß der Beklagte zu 1 in die Wohnung 16.000 DM investieren und der Beklagte zu 2 hiervon 10.000 DM übernehmen wollte.
Die Klägerin hat das Mietverhältnis mit dem Beklagten zu 1 mit Schreiben vom 13.5.1993 gekündigt. Mit Schreiben vom 16.8.1993 hat sie auch den Beklagten zu 2 zur Räumung der Wohnung aufgefordert. Die Beklagten haben die Wohnung nicht geräumt. Das Amtsgericht hat sie auf Antrag der Klägerin zur Räumung und Herausgabe verurteilt. Es hat dem Beklagten zu 2 die Berufung auf den Kündigungsschutz nach den wohnraummietrechtlichen Vorschriften gegenüber der Klägerin versagt, da ein Fall der gewerblichen Zwischenvermietung nicht vorliege. Gegen diese Entscheidung haben die beiden Beklagten Berufung eingelegt. Das Landgericht hat wegen grundsätzlicher Bedeutung folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:
Kann sich der Endmieter, der von dem Hauptmieter Wohnraum angemietet hat, bei beendetem (Nicht-Wohnraum) Hauptmietverhältnis gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers aus § 556 Abs. 3 BGB auf den Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts (hier: §§ 556a, 564b BGB) berufen, wenn das nicht vom Anwendungsbereich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 11.6.1991 (NJW 1991, 2272 f.) und von § 549a BGB umfaßte Hauptmietverhältnis ausschließlich zum Zwecke der Weitervermietung an einen bestimmten Personenkreis (hier: Mitarbeiter des Hauptmieters) begründet worden ist und der Endmieter diesem Personenkreis angehört?
Es ist der Auffassung, daß das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 1 kein Wohnraummietverhältnis darstelle und deshalb durch die Kündigung vom 13.5.1993 zum 30.11.1993 beendet worden sei. Die Frage, ob sich der Beklagte zu 2 gleichwohl gegenüber der Klägerin auf die Kündigungsschutzvorschriften für Wohnraum (insbesondere §§ 556a, 564b BGB) berufen könne, werde weder durch die erwähnte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch durch § 549a BGB beantwortet. Gleichwohl könne es geboten sein, dem Beklagten zu 2 aus verfassungsrechtlichen Gründen diesen Kündigungsschutz zu gewähren. Aus der Sicht des Gerichts sei allerdings eine derartige Ausweitung des Kündigungsschutzes nicht veranlaßt.
Entscheidungsgründe
II.