Leitsatz (amtlich)
1. Ob ein Berufsbetreuer für bestimmte Tätigkeiten Aufwendungsersatz und Vergütung verlangen kann, hängt davon ab, ob der Betreuer diese Tätigkeiten, unter Berücksichtigung der von ihm zu erwartenden Fähigkeiten und Kenntnisse, nach Art und Umfang aus seiner Sicht zur pflichtgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich halten durfte. Für pflichtwidriges Handeln kann mangels Erforderlichkeit weder Aufwendungsersatz noch Vergütung verlangt werden.
2. Ein Berufsbetreuer hat effizient und kostengünstig vorzugehen. Bankgeschäfte sind auf das notwendige Maß zu beschränken; zeitgemäße Kommunikationsmittel sind, soweit tunlich, zu benützen.
Verfahrensgang
LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 04.06.2004; Aktenzeichen 2 T 37/04) |
AG Weiden i.d. OPf. (Beschluss vom 25.02.2004; Aktenzeichen XVII 720/00) |
Tenor
I. Der Beschluss des LG Weiden i. d. OPf. vom 4.6.2004 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung an das LG Weiden i. d. OPf. zurückverwiesen.
Gründe
I. Für die Betroffene besteht seit 7.10.1996 eine Betreuung. Deren Aufgabenkreis umfasst derzeit Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Vermögenssorge sowie Regelung von Rechts- und Behördenangelegenheiten. Für den Bereich Vermögenssorge ist ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet.
Mit Schreiben vom 31.12.2003 beantragte die mit Beschluss des AG vom 29.8.2003 bestellte Betreuerin die Festsetzungen von Vergütung und Aufwendungsersatz i.H.v. insgesamt 1.468,70 Euro für den Zeitraum vom 5. 8. bis 30.12.2003. In der beigefügten Tätigkeitsaufstellung finden sich 20 Fahrten zur Bank, wo die Betreuerin im Wesentlichen den Kontostand überprüfte, Auszüge mitnahm, das Taschengeld für die Betroffene abhob und Überweisungen tätigte. Für 15 dieser Fahrten setzte sie zwischen 20 und 70 Minuten (im Schnitt 40 Minuten) und eine Wegstrecke zwischen 5,7 und 6,7 Kilometern, gelegentlich noch eine geringe Parkgebühr, an. Bei fünf Fahrten, die anschließend zur Betroffenen führten, ist der auf den Bankbesuch entfallende Anteil nicht aufgeschlüsselt. Der Bezirksrevisor beanstandete die vor Betreuerbestellung liegenden Positionen. Auch meinte er, die Betreuerin hätte Online-Banking zur Minderung ihrer bankbezogenen Tätigkeit verwenden müssen. Das AG strich 80 Minuten und 2,3 Wegkilometer, die für die Zeit vor der Bestellung angesetzt waren. Im Übrigen gab es aber dem Antrag der Betreuerin statt und setzte durch Beschluss vom 25.2.2004 einen von der Staatskasse zu erstattenden Betrag von 1.441,87 Euro fest. Hiergegen legte die Staatskasse sofortige Beschwerde ein. Das LG hat diese am 4.6.2004 zurückgewiesen, wobei es allerdings unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer, die von der Betreuerin nachträglich beantragt wurde, den festgesetzten Betrag auf 1.667,40 Euro abänderte. Gegen diese Entscheidung des LG richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Staatskasse.
II. Die vom LG zugelassene (§ 56g Abs. 5 S. 2 FGG) sofortige (§ 28 Abs. 2 FGG) weitere Beschwerde führt zur Aufhebung der landgerichtlichen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das LG.
1. Im Ergebnis zutreffend hat das LG die Erstbeschwerde als zulässig angesehen. Da der Bezirksrevisor mit Schreiben vom 7.4.2004 seinen Antrag auf festzusetzende 1.411,77 Euro berichtigte, betrug die Differenz zu dem vom AG festgesetzten Betrag ab da lediglich 30,10 Euro. Es kann jedoch dahingestellt bleiben, ob der Beschwerdewert (§ 56g Abs. 5 S. 1 FGG), wie das LG meint, erreicht ist. Jedenfalls hat das AG die sofortige Beschwerde ausdrücklich und, wenngleich in der unterschriebenen Rechtsmittelbelehrung, in ausreichender Form (BayObLGZ 2003, 221) zugelassen.
2. In der Sache hat das LG ausgeführt, es sei nicht zu erkennen, dass die Betreuerin gegen ihre Pflichten verstoßen habe. Der Umfang der getätigten Bankgeschäfte sei notwendig gewesen. Die Taschengeldabhebungen am 8. 9., 6.10., 19.11. und 12.12. seien erforderlich und zwangsläufig mit einem persönlichen Besuch der Betreuerin bei der Bank verbunden gewesen. Eine Verpflichtung, das Online-Banking zu nutzen, bestehe nicht. Angesichts der Unsicherheiten dieser Anwendung stehe es im Ermessen des Betreuers, von ihr Gebrauch zu machen.
3. Dies hält der rechtlichen Überprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht stand.
a) Aufwendungsersatz setzt voraus, dass der Betreuer seine Aufwendungen den Umständen nach für erforderlich halten durfte (§ 1908i Abs. 1 S. 1, § 1835 Abs. 1 S. 1, § 670 BGB). Auch für die Vergütung des Berufsbetreuers gilt, dass sie nur für solche Tätigkeiten gefordert werden kann, die der Betreuer zur pflichtgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben für erforderlich halten durfte.
aa) Gemäß § 1836 Abs. 2 BGB bestimmt sich die Höhe der Vergütung u.a. nach dem Umfang der Betreuungsgeschäfte. Dem ist dadurch Rechnung zu tragen, dass der erforderliche Zeitaufwand mit den entsprechenden Stundensätzen abgegolten wird (BGH v. 31.8.2000 - XII ZB 217/99, NJW 2000, 3709 [3712]). Für die aus der Staatskasse zu leistende Vergütung ergibt sich die...