Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftliches Testament
Leitsatz (redaktionell)
Zur Feststellung, ob ein Schriftstück als Entwurf eines gemeinschaftlichen Testaments oder als Einzeltestament der Erblasserin zu werten ist.
Normenkette
BGB §§ 2247, 2267
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 20.11.1990; Aktenzeichen 4 T 1625/90) |
AG Rosenheim (Aktenzeichen VI 780/89) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 20. November 1990 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 2 hat der Beteiligten zu 1 die im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 150.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die im Jahr 1989 im Alter von 78 Jahren verstorbene Erblasserin hatte keine Kinder. Ihr Ehemann ist am 25.10.1988 vorverstorben. Die Beteiligte zu 1 ist die Tochter einer Schwester der Erblasserin und die Mutter der Beteiligten zu 2 sowie dreier weiterer Töchter.
Die Erblasserin hat am 28.1.1961 gemeinsam mit ihrem Ehemann vor einem Notar ein Testament errichtet. Darin setzten sich die Ehegatten gegenseitig zu Erben ein (Nr. I) und verfügten anschließend (Nr. II):
„Der Überlebende von uns kann über das Ererbte und sein eigenes Vermögen frei testieren. Wenn er keine Verfügungen von Todes wegen trifft, soll Erbe des Überlebenden sein: … (Beteiligte zu 1).”
Nach dem Tod der Erblasserin wurden dem Nachlaßgericht zwei Schriftstücke übergeben, welche die Erblasserin jeweils handgeschrieben und mit der Überschrift „Testament” sowie dem Datum des 20.7.1987 versehen hatte. Das eine, ein kariertes DIN A4 Blatt, dessen Vorderseite vollständig beschrieben ist, trägt folgenden Text:
„Herr …, und Ehefrau … (Erblasserin) … Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein. Der Überlebende von uns kann über das Ererbte und ein eigenes Vermögen frei testieren. Erben des Überlebenden sollen sein:
Die Großnichte … (Beteiligte zu 2); meine Großnichte … ist Krankenschwester von Beruf. Meine Nichte … (Beteiligte zu 1) …, besitzt selbst ein Haus und deshalb möchten wir, daß Großnichte … (Beteiligte zu 2) als Erbin eingesetzt wird. Ihre drei Schwestern … werden jede von ihnen auch eine Wohnung erben, wie mir der Vater der Mädchen mitgeteilt hat. Somit hätte dann jedes der Vier Großnichten eine Wohnung als ererbtes Eigentum. Sollte nach unserem Ableben von jetzigem Barvermögen DM: zirka DM: 140.000 noch Geld vorhanden sein, … an Nichte Frau … (Beteiligte zu 1) und soll dasselbe unter den vier Großnichten aufgeteilt werden; (zu gleichen Teilen.) … (umseitig get's weiter).”
Auf der Rückseite des Blattes stehen die Worte:
„Unterschrift: Unterschrift:
… (Erblasserin)”
Das zweite Schriftstück, ein karierter DIN A4-Doppelbogen, ist auf zwei Seiten von der Erblasserin beschrieben und trägt keine Unterschrift. Der Text lautet:
„Herr … und Ehefrau … (Erblasserin) … Wir setzen uns gegenseitig zu Erben ein. Der Überlebende von uns kann über das Ererbte und sein eigenes Vermögen frei testieren. Erben des Überlebenden sollen sein:
Die Vier Großnichten … und zwar:
… (Beteiligte zu 2),
…,
…,
…
Den Wert unseres Vermögens geben wir an:
…
Bitte umseitig:
Die Großnichten … sollen zu gleichen Teilen erben. … am 20.7.1987.
/: Da unsere Nichte, Frau … (Beteiligte zu 1), geschieden, selbst Hausbesitzerin ist, soll sie hier nicht erben und alles soll den angeführten vier Nichten gehören.”
Beim Nachlaßgericht hat die Beteiligte zu 1 einen Erbschein beantragt, wonach sie die Erblasserin auf Grund des notariellen Testaments vom 28.1.1961 allein beerbt habe. Die Beteiligte zu 2 ist diesem Antrag entgegengetreten und hat ihrerseits einen Erbschein als Alleinerbin auf Grund des von der Erblasserin unterzeichneten Testaments vom 20.7.1987 beantragt. Das Nachlaßgericht hat durch Beschluß vom 30.3.1990 die Erteilung eines Erbscheins gemäß dem Antrag der Beteiligten zu 2 angekündigt und ausgeführt, für die Erbfolge sei die allein von der Erblasserin unterzeichnete letztwillige Verfügung vom 20.7.1987 maßgebend, die in ein Einzeltestament umzudeuten sei. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 hat das Landgericht durch Beschluß vom 20.11.1990 die Entscheidung des Nachlaßgerichts aufgehoben und dieses angewiesen, einen Erbschein gemäß dem Antrag der Beteiligten zu 1 zu erteilen. Hiergegen hat die Beteiligte zu 2 weitere Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die landgerichtliche Entscheidung aufzuheben und das Nachlaßgericht zur Erteilung des von ihr begehrten Erbscheins anzuweisen. Die Beteiligte zu 1 tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die weitere Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die von der Erblasserin unterzeichnete Urkunde vom 20.7.1987 sei nicht deswegen als letztwillige Verfügung unwirksam, weil die Erblasserin an die im notariellen Testament der Ehegatten vom 28.1.1961 enthaltene Schlußerbeneinsetzung gebunden gewesen wäre. Wechselbezüglich sei dort nur die gegenseitige Erbeinsetzung der Ehel...