Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahme als Kind
Leitsatz (amtlich)
Ein Beschluß, der die Annahme als Kind ausspricht, ist vom Zeitpunkt seines Erlasses ab für das Gericht unabänderbar. Die Unabänderbarkeit tritt dadurch ein, daß die Entscheidung nach der Unterzeichnung durch den Richter mit dessen Willen aus der Verfügungsgewalt des Gerichts gelangt und zur Zustellung hinausgegeben wird.
1. Eine Ersatzzustellung gemäß § 182 ZPO ist mit Abgabe der schriftlichen Benachrichtigung und Ablieferung des zuzustellenden Schriftstücks bei dem zuständigen Postamt wirksam vollzogen. Dies gilt auch dann, wenn der Postbote das Schriftstück erst nach dem Schluß der Dienst- oder Schalterstunden abliefert; interne Vorschriften der Post über die weitere Bearbeitung haben insoweit keine Bedeutung.
2. Zur Verletzung des rechtlichen Gehörs gegenüber dem Kind des unverheirateten Annehmenden im Adoptionsverfahren.
Normenkette
BGB §§ 1767, 1769, 1760, 2312; FGG §§ 56e, 56f; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 31.10.1997; Aktenzeichen 4 T 4432/96) |
AG Mühldorf a. Inn (Beschluss vom 30.10.1996; Aktenzeichen XVI 12/92) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2 werden die Beschlüsse des Landgerichts Traunstein vom 31. Oktober 1997 und des Amtsgerichts Mühldorf a. Inn vom 30. Oktober 1996 aufgehoben.
II. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der 1944 geborene St. (Annehmender) und sein Neffe, der Beteiligte zu 2, beantragten mit notariell beurkundeten Erklärungen vom 3.8.1992 beim Vormundschaftsgericht, die Annahme des 1972 geborenen Beteiligten zu 2 als Kind des Annehmenden auszusprechen. In der Urkunde erklärte der unverheiratete Annehmende, er sei der Vater eines 1984 geborenen Mädchens (Beteiligte zu 3). Deren Mutter sowie der Amtspfleger wandten sich gegen die beabsichtigte Adoption, da hierdurch die Beteiligte zu 3 als Erbin ausgeschaltet werden solle. Demgegenüber führte der Annehmende aus, wesentlicher Grund für die Annahme sei das schon seit der Kindheit des Beteiligten zu 2 zwischen ihnen bestehende besonders enge Verhältnis. Er sehe in dem Beteiligten zu 2 die Garantie dafür, daß sein landwirtschaftlicher Betrieb auch in Zukunft weiterbestehe und in der Familie bleibe. Unabhängig von der Adoption habe er ihn als seinen Alleinerben eingesetzt.
Das Vormundschaftsgericht sprach mit Beschluß vom 16.11.1992 die Annahme des Beteiligten zu 2 als Kind des Annehmenden aus. Die Zustellung an den Annehmenden erfolgte am 20.11.1992 durch Niederlegung bei der Poststelle unter Hinterlassung einer Benachrichtigung an den Zustellungsempfänger. Am gleichen Tage, um 14.45 Uhr, verstarb der Annehmende.
Nach seinem Tod stellte sich heraus, daß er in seinem notariellen Testament vom 3.8.1992, in dem er den Angenommenen als seinen Alleinerben eingesetzt hatte, außerdem angeordnet hatte, daß für die Berechnung von Pflichtteilsansprüchen seine beiden landwirtschaftlichen Grundstücke mit dem Ertragswert anzusetzen seien.
Im September 1995 legte die Mutter der Beteiligten zu 3 als deren gesetzliche Vertreterin gegen den Annahmebeschluß „Widerspruch” ein, dem das Amtsgericht nicht abhalf. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 10.11.1995 die Beschwerde als unzulässig verworfen. Es wies darauf hin, daß die Zustellung des Adoptionsbeschlusses möglicherweise erst nach dem Todeszeitpunkt des Annehmenden erfolgt sei.
Daraufhin hat das Amtsgericht über den Zeitpunkt der Zustellung Ermittlungen durchgeführt. Mit Beschluß vom 30.10.1996 hat es den Adoptionsbeschluß vom 16.11.1992 aufgehoben und die Anträge auf Ausspruch der Annahme als Kind zurückgewiesen. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hat das Landgericht mit Beschluß vom 31.10.1997 zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die weitere Beschwerde ist zulässig; insbesondere ist sie nicht wegen Fristversäumung unzulässig.
a) Zwar sieht das Gesetz im Antragsverfahren über die Aufhebung der Adoption die sofortige (weitere) Beschwerde vor (§ 56f Abs. 3 i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 6, § 22 Abs. 1 FGG). Das Vormundschaftsgericht hat aber nicht im Aufhebungsverfahren entschieden, da kein Aufhebungsantrag gestellt wurde. Hat das Gericht wie hier die Adoption eines Volljährigen (§ 1767 ff. BGB) ausgesprochen, so sind nur der Annehmende und der Angenommene berechtigt, die Aufhebung aus wichtigem Grund oder gemäß § 1760 Abs. 1 bis 5 BGB zu beantragen (§ 1771 BGB). Diese haben jedoch keinen Aufhebungsantrag gestellt. Auf den „Antrag” der Beteiligten zu 3 konnte kein Aufhebungsverfahren eingeleitet werden, da einem Kind des Annehmenden kein Antragsrecht (§§ 1769, 1771 BGB) und keine Einwilligungsbefugnis zusteht (vgl. BayObLG Rpfleger 1986, 259/260 m.w.N.).
b) Die Frage, ob im vorliegenden Fall in sinngemäße Anwendung von § 56f Abs. 3 i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 6, § 22 Abs. 1, § 29 Abs. 2 FGG eine sofortige (weitere) Beschwerde in Betracht kommt, kann dahinst...