Entscheidungsstichwort (Thema)

Personenstandssache. Namensänderung der Kinder nach Scheidung und Wiederannahme des Geburtsnamens durch den sorgeberechtigten Elternteil

 

Leitsatz (amtlich)

Zur analogen Anwendung des § 1618 BGB, wenn der allein sorgeberechtigte Elternteil nach Scheidung seinen Geburtsnamen wieder angenommen hat.

 

Normenkette

BGB § 1618; PStG §§ 30, 45

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Zwischenurteil vom 26.11.1999; Aktenzeichen 4 T 370/99)

AG Augsburg (Zwischenurteil vom 20.11.1998; Aktenzeichen 6 UR III 106/98)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 26. November 1999 wird zurückgewiesen.

II. Der Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 5.000,– festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die im Geburtenbuch des Standesamts eingetragenen beiden Kinder, geboren 1989 und 1992, sind die ehelichen Kinder der Beteiligten zu 1 und 4. Die Eheleute hatten nach Eheschließung am 20.2.1989 den Familiennamen des Ehemanns F. zum Ehenamen bestimmt. Die Ehe wurde 1994 geschieden; der Beteiligten zu 1 wurde das alleinige Sorgerecht übertragen. Sie nahm wieder ihren Geburtsnamen S. an; die beiden Kinder führen weiterhin den Familiennamen F.

Am 1.3.1998 beantragte die Beteiligte zu 1 erneut beim Standesamt, den Familiennamen ihrer Kinder auf den von ihr geführten Familiennamen S. „abzuändern”. Der Beteiligte zu 4 hat sich hiermit am 31.7.1998 einverstanden erklärt. Der Standesbeamte lehnte mit Schreiben vom 23.9.1998 ab, die Erklärung über die Namensänderung entgegenzunehmen und zu beurkunden. Die Beteiligte zu 1 beantragte,

das Personenstandsgericht beim Amtsgericht möge das Standesamt anweisen, die Erklärung über die Namensänderung ihrer Kinder in künftig S. entgegenzunehmen und zu beurkunden.

Das Amtsgericht entschied mit Beschluß vom 20.11.1998, daß die Namensänderung der Kinder von F. in künftig S. durch das Standesamt nicht erfolgen dürfe. Dagegen legte die Beteiligte zu 1 Beschwerde ein, die das Landgericht mit Beschluß vom 26.11.1999 zurückwies. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der weiteren Beschwerde.

II.

Die weitere Beschwerde der Beteiligte zu 1 ist zulässig (§ 49 Abs. 1 Satz 2, § 48 Abs. 1 PStG, § 27 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1 Satz 2 FGG), hat aber in der Sache keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die beantragte Namensänderung könne nicht mit der analogen Anwendung des § 1618 BGB gerechtfertigt werden, weil eine Gesetzeslücke nicht vorliege. Im Gesetzgebungsverfahren des seit 1.7.1998 geltenden Kindschaftsrechtsreformgesetzes sei bewußt davon abgesehen worden, daß ein Elternteil, der nach der Scheidung die elterliche Sorge innehabe, nicht wieder heirate und den vor der Ehe geführten Namen wiederangenommen habe, den Namen der Kinder entsprechend ändern könne. Diese Einschränkung gegenüber der Einbenennungsmöglichkeit eines geschiedenen Elternteils, der wieder heirate, verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.

2. Die Entscheidung des Landgerichts ist frei von Rechtsfehlern (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG i.V.m. § 550 ZPO).

a) Gegenstand des nach § 45 Abs. 1 PStG zulässigen Antragsverfahrens ist die Frage, ob der Standesbeamte die Erklärung der Beteiligten zu 1 über Erteilung ihres Geburtsnamens als Geburtsname ihrer Kinder entgegenzunehmen und zu beurkunden hat.

b) Die Vorinstanzen haben zu Recht die Entgegennahme und Beurkundung der Erklärung der Beteiligten zu 1 über die Änderung des Geburtsnamens ihrer Kinder abgelehnt.

aa) Gemäß Art. 224 § 3 Abs. 1 Satz 1 EGBGB behält ein vor dem 1.7.1998 geborenes Kind seinen Geburtsnamen, den es zu diesem Zeitpunkt geführt hat. Gemäß Art. 224 § 3 Abs. 1 Satz 2 EGBGB kann jedoch eine nachträgliche Namensänderung im Rahmen der §§ 1617a Abs. 2, 1617b, 1617c und 1618 BGB erfolgen. Diese Vorschriften sehen jedoch eine Namensänderung für den Fall, daß der allein sorgeberechtigte Elternteil, ohne wieder zu heiraten, den Familiennamen der Kinder entsprechend seinem nach der Scheidung wieder angenommenen Geburtsnamen bestimmen will, nicht vor. Die Vorschriften zur Namensgestaltung enthalten zwingendes Recht; das Namensbestimmungsrecht der Eltern ist durch die gesetzlich vorgegebenen Wahlmöglichkeiten eingeschränkt (vgl. Palandt/Diederichsen BGB 59. Aufl. Einführung vor § 1616 Rn. 4).

Eine gesetzliche Regelungslücke, die im Wege der Rechtsfortbildung unter analoger Anwendung im Gesetz vorgesehener rechtsähnlicher Tatbestände geschlossen werden könnte, liegt jedoch nicht vor; es fehlt an einer „planwidrigen Unvollständigkeit” (vgl. BGHZ 65, 300/302; NJW 1981, 1726/1727; 88, 2109/2110; vgl. Palandt/Heinrichs Einl. Rn. 47). Von diesen Grundsätzen ist das Landgericht ausgegangen.

bb) Das Landgericht hat die Regelung des § 1618 BGB in der Fassung des seit 1.7.1998 geltenden Kindschaftsrechtsreformgesetzes (Art. 1 Nr. 7) in seine Überlegungen einbezogen, der ebenso wie § 1617b BGB eine nachträgliche Namensänderung bei einem Wechsel in der Sorgeberechtigung ermöglicht, wenn der...

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