Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung und Herausgabe
Leitsatz (amtlich)
- Hat ein Arbeitgeber eine Wohnung vom Eigentümer angemietet, um sie bestimmungsgemäß an betriebsangehörige Personen weiterzuvermieten, so handelt es sich auch dann nicht um ein Mietverhältnis über Wohnraum im Sinn der Kündigungsschutzvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs, wenn der Arbeitgeber bei der Weitervermietung keinen Gewinn erzielen will und sich der vermietende Eigentümer ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Endmieters vorbehalten hat.
- Beendet in einem solchen Fall der vermietende Eigentümer das Hauptmietverhältnis durch ordentliche Kündigung, so kann sich der Endmieter gegenüber dem Herausgabeanspruch des Eigentümers auf die Kündigungsschutzvorschriften des Wohnraummietrechts (insbesondere §§ 556a, 564b BGB) berufen, wenn der Arbeitgeber als Zwischenmieter bei der Weitervermietung keine in wesentlichen Punkten von den Interessen seines Vermieters abweichenden Interessen verfolgen und dieser nach dem Hauptmietvertrag wesentlichen Einfluß auf die Gestaltung des Endmietverhältnisses und die Auswahl des Endmieters nehmen kann.
Normenkette
BGB §§ 549a, 556 Abs. 3, §§ 556a, 564b, 565b; ZPO § 541
Verfahrensgang
Tatbestand
I.
Mit Vertrag vom 28.7.1960 mietete die Beklagte zu 1, ein metallverarbeitendes Unternehmen, in einem Mehrfamilienhaus von dem damaligen Eigentümer zur Unter- bzw. Weitervermietung an Betriebsangehörige eine Wohnung an. In diesem Zusammenhang gewährte sie dem Eigentümer ein Mieterdarlehen. In dem Vertrag ist auf die Bestimmungen des § 24 des Ersten Wohnungsbaugesetzes und des § 53 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes hingewiesen. Die Beklagte zu 1 hatte den Vermieter vor der Weitervermietung von der Person des in Aussicht genommenen Endmieters zu verständigen, dieser mußte dem Vermieter zumutbar sein. Sie hatte den Endmietern in einem Mustervertrag festgelegte Verpflichtungen aufzuerlegen. Das Mietverhältnis wurde zunächst auf 10 Jahre abgeschlossen und war danach für beide Vertragsteile mit einer Frist von 3 Monaten zum Monatsende kündbar.
Im Jahr 1969 vermietete die Beklagte zu 1 die Wohnung an die bei ihr beschäftigte Beklagte zu 2. Diese bewohnt, inzwischen 74 Jahre alt, die Wohnung auch heute noch. Sie ist jedoch bereits seit Jahren aus den Diensten der Beklagten zu 1 ausgeschieden. Im Jahr 1979 wurde das Anwesen gemäß § 8 WEG in Wohnungseigentum aufgeteilt. Die Kläger erwarben die streitgegenständliche Wohnung und wurden am 21.4.1980 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
Mit Schreiben vom 11.1.1993 kündigten die Kläger das Mietverhältnis mit der Beklagten zu 1 zum 30.4.1993. Die Beklagte zu 2 wurde von der Kündigung unterrichtet. Da die Beklagten die Wohnung nicht räumten, erhoben die Kläger Räumungsklage. Gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts haben sie Berufung eingelegt. Das Landgericht hat folgende Fragen zum Rechtsentscheid vorgelegt:
Ein Arbeitgeber mietet vom Vermieter/Eigentümer eine Wohnung; bestimmungsgemäß vermietet er diese Wohnung an Betriebsangehörige weiter, wobei er dabei keinen Gewinn erzielt; abredegemäß muß der Endmieter dem Vermieter zumutbar sein und bei Wechsel des Endmieters muß der Zwischenmieter (Arbeitgeber) dem Vermieter Auskunft über die Person des Endmieters geben.
Handelt es sich bei einem solchen Mietvertrag zwischen Vermieter/Eigentümer und Zwischenmieter (Arbeitgeber) um einen Vertrag im Sinne des Zweiten Kündigungs-Schutz-Gesetzes, muß also der Vermieter beim Kündigen die Vorschriften des § 564b BGB beachten?
Für den Fall daß die Frage I verneint wird:
Ein Arbeitgeber vermietet seinem Arbeitnehmer eine Wohnung, die er seinerseits vom Eigentümer gemietet hat. In dem Mietvertrag des Arbeitgebers mit dem Vermieter/Eigentümer ist festgelegt, daß die Wohnräume zur Unter- bzw. Weitervermietung an Betriebsangehörige gemietet werden; der Endmieter muß dem Vermieter zumutbar sein; bei Mieterwechsel muß der Zwischenmieter den Vermieter über die Person des in Aussicht genommenen Mietnachfolgers verständigen. Mit der Weitervermietung an den Arbeitnehmer erzielt der Zwischenmieter keinen Gewinn.
Kann sich in diesem Fall der Untermieter (Endmieter) gegenüber dem Herausgabeanspruch des Hauptvermieters (Eigentümer) nach Beendigung des Hauptmietverhältnisses auf den Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts – §§ 564b, 556a BGB – berufen, den er gegenüber seinem Zwischenvermieter hätte?
Nach Ansicht des Landgerichts sind die beiden Fragen entscheidungserheblich, da je nach ihrer Beantwortung die Beklagten die Wohnung räumen und an die Klägerin herausgeben müßten. Bei der ersten Frage möchte das Landgericht von der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abweichen und sie dahin beantworten, daß das Mietverhältnis zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1 als Wohnraummietverhältnis anzusehen ist. Der zweiten Frage kommt nach Auffassung des Landgerichts grundsätzliche Bedeutung zu. Durch die Ents...