Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Zustellung an einen Rechtsanwalt sowie Einreichung einer Rechtsmittelschrift sowie Verschulden eines juristischen Mitarbeiters eines Verfahrensbevollmächtigten
Verfahrensgang
AG Traunstein (Entscheidung vom 20.09.1997; Aktenzeichen 8 UR II 13/96) |
LG Traunstein (Entscheidung vom 14.01.1997; Aktenzeichen 4 T 4226/96) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zu 1 bis 5 wird der Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 14. Januar 1997 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
II. Den Antragstellern zu 1 bis 5 wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts Traunstein vom 20. September 1996 gewährt.
III. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
IV. Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 21 875 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer vom weiteren Beteiligten verwalteten Anlage, die aus 28 Wohnungen und einer Tiefgarage mit 64 Stellplätzen besteht. Die Antragsteller haben beim Amtsgericht beantragt, den Eigentümerbeschluß vom 13.3.1996, mit dem der Wirtschaftsplan für das Jahr 1996 genehmigt wurde, insoweit für ungültig zu erklären, als darin eine Sonderumlage für die Sanierung der Tiefgarage enthalten war, die nur von den Eigentümern der Tiefgarage gezahlt werden und 4 375 DM pro Stellplatz betragen sollte. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 20.9.1996 den Eigentümerbeschluß für ungültig erklärt und den Verwalter verpflichtet, einen neuen Wirtschaftsplan zu erstellen, in dem diejenigen Wohnungseigentümer, denen kein Stellplatz gehört, mit einer Kostenquote von 10 % ihrer Miteigentumsanteile an den Sanierungskosten beteiligt werden sollten.
Das diesen Beschluß betreffende Empfangsbekenntnis wurde vom erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller unterzeichnet, aber undatiert zurückgesandt; es ging am 30.9.1996 beim Amtsgericht ein. Am 7.10.1996 wurden die Verfahrensakten an Rechtsanwalt A, den nunmehrigen Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 1 bis 5, hinausgegeben. Als die Akten am 5.11.1996 zum Amtsgericht zurückgebracht wurden, befand sich darin ein auf den 7.10.1996 datierter Schriftsatz, mit dem Rechtsanwalt A für die Antragsteller zu 1 bis 5 sofortige Beschwerde gegen den Beschluß des Amtsgerichts einlegte. Dieser Schriftsatz trägt weder einen gerichtlichen Eingangsstempel noch einen Eingangsvermerk.
Mit einem am 4.11.1996 durch Telefax übermittelten Schriftsatz beantragte Rechtsanwalt A „vorsorglich” Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist und wiederholte die Beschwerdeeinlegung. Er trug vor, der in seiner Kanzlei tätige Rechtsanwalt B habe am 7.10.1996 die Verfahrensakten bei der Geschäftsstelle des Amtsgerichts abgeholt und die Beschwerdeschrift hineingelegt. Die Akten seien von Rechtsanwalt A überprüft und zur Rückgabe an das Gericht vorbereitet worden. Am 18.10.1996 habe der Verfahrensbevollmächtigte des Verwalters fernmündlich angefragt, ob gegen den Beschluß des Amtsgerichts ein Rechtsmittel eingelegt worden sei. Daraufhin habe Rechtsanwalt A in der noch in seinem Besitz befindlichen Gerichtsakte festgestellt, daß der Schriftsatz vom 7.10.1996 keinen Eingangsstempel aufwies.
Das Amtsgericht hat das Rechtsmittel mit dem Vermerk vorgelegt, die Verfahrensakten seien am 7.10.1996 von einer Justizanwärterin an Rechtsanwalt B ausgehändigt worden, nachdem der Vertreter des zuständigen Richters die Akteneinsicht genehmigt hatte. Sowohl der mit der Akteneinsicht befaßte Richter als auch die auf der Geschäftsstelle tätige Justizanwärterin hätten erklärt, ihnen sei keine Beschwerdeschrift übergeben worden.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 14.1.1997 das Wiedereinsetzungsgesuch abgelehnt und die sofortige Beschwerde verworfen. Hiergegen haben die Antragsteller sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Zur Begründung tragen sie vor, Rechtsanwalt A habe darauf vertrauen dürfen, daß der bei ihm als juristischer Mitarbeiter beschäftigte Rechtsanwalt B wisse, wie ein Schriftsatz bei Gericht einzureichen sei. Erst nach dem Telefonanruf vom 18.10.1996 habe er festgestellt, daß der Schriftsatz lediglich in die zur Einsichtnahme abgeholten Gerichtsakten eingelegt worden sei. Normalerweise würden die vom Gericht überlassenen Akten nach Fertigung der erforderlichen Kopien unverzüglich weitergeleitet. Hier seien sie von Rechtsanwalt A zunächst nicht weiter bearbeitet worden, weil anfangs Oktober 1996 eine schwerwiegende Erkrankung bei ihm festgestellt worden sei, aufgrund deren er sich mehreren fachärztlichen Untersuchungen habe unterziehen müssen. Die Antragsgegner sind dem Rechtsmittel entgegengetreten. Der erstinstanzliche Verfahrensbevollmächtigt...