Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache
Leitsatz (amtlich)
Ein eheähnliches Verhältnis von Mann und Frau, dem ein auf die Begründung einer dauernden ehelichen Lebensgemeinschaft gerichtetes ernstliches Eheversprechen nicht zugrunde liegt, ist auch dann kein Verlöbnis im Sinne des § 2077 Abs. 2 BGB, wenn sich die Partner als „Verlobte” bezeichnet haben.
Normenkette
BGB § 2077
Verfahrensgang
LG Kempten (Aktenzeichen 4 T 753/00) |
AG Lindau (Bodensee) (Aktenzeichen VI 124/97) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluß des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 7. Dezember 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben die der Beteiligten zu 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 136.000,– festgesetzt.
Gründe
I.
Der Erblasser ist im Alter von 86 Jahren verstorben. Er war verheiratet mit der 1977 vorverstorbenen H. Aus dieser Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, der nachverstorbene Beteiligte zu 1, an dessen Stelle dessen Erben getreten sind, und die Beteiligte zu 2.
Ein handschriftliches Testament des Erblassers vom 26.7.1981 hat folgenden Wortlaut:
Mein letzter Wille!
Nach meinem Tode sollen meine Tochter … (Beteiligte zu 2) und meine Lebensgefährtin … (Beteiligte zu 3) meinen Nachlaß erben. Mein Sohn … (Beteiligter zu 1) enterbe ich, weil er mich geschlagen hat.
Berlin, d. 26. Juli 1981
Ein weiteres handschriftliches Testament hat der Erblasser im Juni 1988 verfaßt. Es lautet wie folgt:
Testament
Ich setze nach dem Tode meine Verlobte … (Beteiligte zu 3) zu meiner allein Erbin ein. Sie soll über das gesamte Erbe frei verfügen. Ich besitze kein Haus, bewegliche und unbewegliches Mobiliar. Aber wenn etwas von meinem Geld übrich bleibt, soll es meine seit November 79 Verlobte alles behalten, so auch wie meine persöhnlichen Sachen.
Durch meine Unterschrift bekunde ich zugleich, daß im umstehenden Testament keine Verbesserungen kommen sollen.
Kempten, Juni 1988
Die in beiden Testamenten bedachte verwitwete Beteiligte zu 3 hatte der Erblasser im Jahre 1979 kennengelernt. Im Spätherbst dieses Jahres hatte der Erblasser Ringe für sich und die Beteiligte zu 3 gekauft und sich mit der Beteiligten zu 3 in einem Lokal in Berlin verlobt. In der Folgezeit bis zum Jahre 1984 hatten der Erblasser und die Beteiligte zu 3 zunächst in Berlin, dann in Kempten in einem gemeinsamen Haushalt gelebt. Der Erblasser hatte mehrfach geäußert, die Beteiligte zu 3 sobald wie möglich heiraten zu wollen. Da die Beteiligte zu 3 eine Witwenrente bezog, die im Falle einer Eheschließung entfallen wäre, hatten der Erblasser und die Beteiligte zu 3 sich geeinigt, mit der Eheschließung noch abzuwarten.
Ab dem Jahre 1992 litt der Erblasser an der Alzheimer Krankheit. Dies führte dazu, daß für den Erblasser Betreuung angeordnet wurde und der Erblasser ab August 1994 in einem Heim versorgt werden mußte, zuletzt im Wege der geschlossenen Unterbringung. Der Heimaufenthalt und der Zustand des Erblassers führten schließlich dazu, daß sich die Beziehungen mit der Beteiligten zu 3 bis zum Tod des Erblassers auf gelegentliche Besuche der Beteiligten zu 3 im Pflegeheim beschränkten. Zu einer Eheschließung zwischen dem Erblasser und der Beteiligten zu 3 kam es nicht mehr.
Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragten die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Miterben je zur Hälfte ausweisen sollte. Sie trugen vor, es sei zweifelhaft, ob das Testament vom Juni 1988 vom Erblasser stamme und ob es vom Erblasser im Zustand der Testierfähigkeit geschrieben worden sei. Jedenfalls sei das Testament vom Juni 1988 gemäß § 2077 Abs. 2 BGB unwirksam, weil die Beteiligte zu 3 das Verlöbnis vor dem Tod des Erblassers aufgelöst habe. Entsprechendes gelte für das Testament vom 26.7.1981. Somit sei gesetzliche Erbfolge eingetreten.
Die Beteiligte zu 3 beantragte, gestützt auf das Testament vom Juni 1988, die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin ausweisen sollte.
Nachdem ein vom Nachlaßgericht erholtes Schriftgutachten die von den Beteiligten zu 1 und 2 geäußerten Zweifel an der Echtheit des Testaments vom Juni 1988 nicht bestätigt hatte, kündigte das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 8.3.2000 die Erteilung eines Erbscheins an, wonach der Erblasser von der Beteiligten zu 3 allein beerbt worden ist. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wies das Landgericht mit Beschluß vom 7.12.2000 zurück. Das Nachlaßgericht erteilte daraufhin einen Alleinerbschein zugunsten der Beteiligten zu 3. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben gegen den Beschluß des Landgerichts vom 7.12.2000 weitere Beschwerde eingelegt.
II.
Die mit dem Ziel der Einziehung des nach Erlaß der Beschwerdeentscheidung erteilten Erbscheins zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat im wesentlichen ausgeführt, die Erbfolge bestimme sich nach dem Testament vom Juni 1988. Aufgrund des Schriftgutachtens bestünden keine Zweifel daran, daß ...