Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 18.05.1992; Aktenzeichen 8 T 1078/91) |
AG Fürstenfeldbruck (Aktenzeichen XVI 32/89) |
Tenor
I. Auf die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 18. Mai 1992 aufgehoben.
II. Die Sache wird zu neuer Behandlung und Entscheidung an das Landgericht München II zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der am 3.1.1925 geborene in zweiter Ehe verheiratete Beteiligte zu 1 sowie der am 24.11.1953 geborene ledige Beteiligte zu 2 haben mit notariell beurkundeten Erklärungen vom 14.12.1989 beim Vormundschaftsgericht beantragt, die Annahme des Beteiligten zu 2 als Kind des Beteiligten zu 1 auszusprechen. Hierzu hat die Ehefrau des Beteiligten zu 1 ihre Einwilligung zu notarieller Urkunde erteilt.
Der Beteiligte zu 1, der den Adelstitel der Freiherren von … führt, hat eine Tochter aus erster Ehe. Außerdem hat er die nichteheliche Tochter seiner zweiten Ehefrau adoptiert. Beide Töchter sind verheiratet.
Der kinderlose Beteiligte zu 2, dessen Eltern noch leben, hat keine Geschwister. Seit 9.1.1990 befindet er sich wegen Betruges in Strafhaft.
Das Vormundschaftsgericht hat den Beteiligten zu 1 am 14.2.1990 persönlich angehört und mit Beschluß vom 15.3.1991 die Adoptionsanträge zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß haben die Beteiligten Beschwerden eingelegt.
Das Landgericht hat nach persönlicher Anhörung des Beteiligten zu 2 sowie Einholung von Stellungnahmen der Töchter des Beteiligten zu 1 mit Beschluß vom 18.5.1992 die Beschwerden zurückgewiesen. Gegen diese Entscheidung richten sich die weiteren Beschwerden der Beteiligten. Sie beantragen, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Annahme des Beteiligten zu 2 als Kind des Beteiligten zu 1 auszusprechen, hilfsweise, die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die weiteren Beschwerden sind zulässig. Sie führen zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Die Voraussetzungen für den Ausspruch der Annahme des Beteiligten zu 2 als Kind des Beteiligten zu 1 seien nach seiner Überzeugung nicht gegeben, weil begründete Zweifel an der sittlichen Rechtfertigung der Annahme bestünden. Ein Vater-Sohn-Verhältnis sei zwischen den Beteiligten nicht entstanden und auch nicht zu erwarten.
Dies ergebe sich zum einen daraus, daß der Beteiligte zu 1 bei seiner Anhörung vor dem Amtsgericht keine Kenntnis von der seit 10.12.1987 rechtskräftigen Verurteilung des Beteiligten zu 2 wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 5 Monaten gehabt habe und daß er zunächst unsicher geworden sei, ob er den Adoptionsantrag aufrechterhalten solle. Zum anderen sei das Interesse des Beteiligten zu 2 an der Adoption nicht sehr groß. Dieser habe eingeräumt, daß sein Adoptionsantrag ursprünglich einen geschäftlichen Hintergrund gehabt habe; denn mit dem Führen des Namens Freiherr von … habe er sich Vorteile und Erfolge bei der Vermittlung von Kapitalanlagen versprochen. Den Antrag wolle er aufrechterhalten, um dem Beteiligten zu 1 einen „Gefallen” zu tun. Im Vordergrund stünden somit wirtschaftliche Interessen, und nicht eine familäre Bindung. Beim Beteiligten zu 1 komme das Interesse hinzu, seinen Namen nicht aussterben zu lassen; auch dies sei keine sittliche Rechtfertigung für eine Adoption. Zudem habe er eine leibliche Tochter. Eine erneute Anhörung des Beteiligten zu 1 im Beschwerdeverfahren sei nicht erforderlich gewesen, da weder der Sachverhalt noch das Vorbringen der Beteiligten hierzu Anlaß gegeben hätten.
2. Die angefochtene Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand (§ 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, § 550 ZPO), weil sie auf einer Verletzung des Verfahrensrechts (§ 12 FGG) beruht.
a) Das Landgericht ist rechtlich zutreffend davon ausgegangen, daß ein Volljähriger gemäß § 1767 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB als Kind angenommen werden kann, wenn die Annahme – die dem Wohl des Anzunehmenden entsprechen muß (§ 1767 Abs. 2, § 1741 Abs. 1 BGB) – sittlich gerechtfertigt ist. Das Landgericht hat auch richtig angenommen, daß der unbestimmte Rechtsbegriff „sittlich gerechtfertigt” bei einer Adoption unter Erwachsenen erfüllt ist, wenn zwischen dem Annehmenden und dem Anzunehmenden eine dem natürlichen Eltern-Kind-Verhältnis entsprechende Beziehung bereits entstanden oder zu erwarten ist (BayObLG NJW 1985, 2094; BayVBl. 1987, 604; OLG Köln FamRZ 1990, 800; Palandt/Diederichsen BGB 51. Aufl. § 1767 Rn. 2 m.w. Nachw.).
b) Ohne Rechtsfehler ist das Landgericht auch zu dem Zwischenergebnis gelangt, daß ursprünglich keine derartige geistig-seelische Beziehung zwischen den Beteiligten entstanden und auch nicht zu erwarten gewesen sei. Hiergegen erheben die Rechtsbeschwerdeführer auch keine Einwendungen mehr. Wie das Landgericht insoweit fehlerfrei festgestellt hat, hatte der Beteiligte zu 1 seinerzeit keine Kenntnis von der Veru...