Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterbringungssache
Leitsatz (amtlich)
Die Anordnung der vorläufigen Unterbringung nach Betreuungsrecht setzt nicht voraus, daß das Vormundschaftsgericht gleichzeitig und sofort wirksam einen vorläufigen Betreuer bestellt (Vorlage an den Bundesgerichtshof wegen Abweichung von OLG Frankfurt FamRZ 1993, 357 = BtPrax 1993, 32).
Normenkette
BGB §§ 1846, 1906; FGG § 70h Abs. 3
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 708 XVII 3359/99) |
LG München I (Aktenzeichen 13 T 9720/99) |
Tenor
Die sofortige weitere Beschwerde gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 24. August 2000 wird dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
Gründe
I.
Der Betroffene hatte sich am 20.5.1999 aus Protest gegen eine gerichtliche Entscheidung vor dem Justizpalast in München mit dem Hals an einen Laternenpfahl gekettet, mit Selbstmord gedroht und sich mit einer Rasierklinge eine Wunde beigebracht. Daraufhin verfügte die zuständige Behörde am selben Tag wegen Gefährdung der öffentlichen Ordnung auf der Grundlage des bayerischen Unterbringungsgesetzes die Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines Bezirkskrankenhauses und beantragte die gerichtliche Anordnung der Unterbringung. Da das Bezirkskrankenhaus davon ausging, daß für den Betroffenen nach wie vor eine Betreuung bestehe, regte es seinerseits die vormundschaftsgerichtliche Genehmigung der Unterbringung an.
Das Amtsgericht ordnete am 21.5.1999 auf betreuungsrechtlicher Grundlage durch einstweilige Anordnung mit sofortiger Wirksamkeit die vorläufige Unterbringung des Betroffenen in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis längstens 2.7.1999 an. Hiergegen legte der Betroffene am 1.6.1999 sofortige Beschwerde ein.
Am 11.6.1999 wurde der Betroffene aus dem Bezirkskrankenhaus entlassen. Daraufhin erklärte das Landgericht die Hauptsache für erledigt und hob die einstweilige Anordnung zur Beseitigung des von ihr noch ausgehenden Rechtsscheins auf. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen, mit der dieser geltend machte, daß die Unterbringungsmaßnahme „ungerechtfertigt” gewesen sei, hob der Senat am 10.8.1999 (FamRZ 2000, 248) diesen Beschluß des Landgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der am 21.5.1999 vom Amtsgericht angeordneten Freiheitsentziehung an das Landgericht zurück.
Mit Beschluß vom 24.8.2000 hat das Landgericht die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Betroffenen.
II.
Der Senat hält die sofortige weitere Beschwerde für unbegründet. Er sieht sich an der Zurückweisung jedoch durch den Beschluß des Oberlandesgerichts Frankfurt vom 13.11.1992 – 20 W 429/92 – (FamRZ 1993, 357 = BtPrax 1993, 32) gehindert. Die weitere Beschwerde wird dabei gemäß § 28 Abs. 2 FGG dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung vorgelegt.
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß gemäß §§ 1846, 1906 BGB, § 70h FGG die Voraussetzungen für die durch das Amtsgericht getroffene Anordnung der vorläufigen Unterbringung vorgelegen hätten. Nach der gutachterlichen Stellungnahme des Oberarztes des Bezirkskrankenhauses habe bei dem Betroffenen eine anhaltende wahnhafte Störung vorgelegen, wobei differenzialdiagnostisch auch eine paranoid halluzinatorische Schizophrenie in Betracht zu ziehen sei. Diese habe zu einer erheblichen selbstgefährdenden Handlung geführt, nämlich das Anketten am Laternenpfahl vor dem Justizpalast und die Zufügung einer 5 cm großen klaffenden Schnittwunde in der linken Ellenbeuge, zu deren Versorgung der Betroffene auch nach Aufklärung über die dringende Notwendigkeit nicht bereit gewesen sei. Aufgrund des dynamischen Beeinträchtigungswahns, der mit einem erheblichen Selbstgefährdungspotential einhergegangen sei, sei eine sofortige Behandlung zwingend geboten gewesen, um bei völliger Krankheitsuneinsichtigkeit des Betroffenen daraus resultierendes erhebliches selbstschädigendes Verhalten zu verhindern. Es hätten schwerwiegende Gründe dafür gesprochen, daß der Betroffene krankheitsbedingt seinen Willen hinsichtlich der Notwendigkeit einer antipsychotischen Medikation nicht frei habe bestimmen können. Die Unterbringungsmaßnahme sei verhältnismäßig und auch geeignet gewesen, dem Hunger- und Durststreik des Betroffenen zu begegnen.
2. Nach Meinung des Senats erweist sich die Entscheidung im Ergebnis als richtig.
a) Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts war, wie der Senat in seinem Beschluß vom 10.8.1999 dargelegt hat, auch nach der Entlassung des Betroffenen die Beschwerde gegeben mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit der angeordneten Unterbringungsmaßnahme festzustellen. Die Beschwerde des Betroffenen war auch im übrigen zulässig.
b) Die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung der vorläufigen Unterbringung durch das Amtsgericht am 21.5.1999 waren gegeben. Insbesondere hatte der Richter den Betroffenen persönlich angehört, ein ärztliches Zeugnis lag vor.
c) Ge...