Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 1004 BGB, Art. 5 GG
Kommentar
Die bereits in diesen zitierten vorinstanzlichen Entscheidungen des AG München, vom 15.08.1990, UR II 683/89und des LG München I, vom 14.05.1991, 1 T 17465/90wurden auch vom BayObLG bestätigt: Eine Parabolantenne darf ein Wohnungseigentümer auch unter Berücksichtigung des Grundrechts der Informationsfreiheit auf dem Dach einer Eigentumswohnanlage grundsätzlich nur anbringen, wenn alle Wohnungseigentümer damit einverstanden sind. Der Antragsgegner wurde zu Recht zur Beseitigung der auf dem Flachdach seiner Penthousewohnung angebrachten Parabolantenne mit einem Spiegeldurchmesser von 1,8 m und zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes verpflichtet ( § 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG i. V. m. § 823 Abs. 1, § 249 BGB).
Auf § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG könne sich der Antragsgegner nicht berufen, weil diese Vorschrift zwar auch einen Anschluss für den Fernsehempfang umfasse, aber hier nur den Anschluss an die in der Wohnanlage bereits vorhandene Hauptleitung betreffen könnte. Eine Duldungspflicht des angebrachten Parabolspiegels beurteile sich nach § 22 WEG und § 14 WEG. Vorliegend sei von den Tatsacheninstanzen festgestellt worden, dass der optische Gesamteindruck der Wohnanlage in ästhetischer Hinsicht beeinträchtigt sei. Würde man i. Ü. dem Antragsgegner die Erlaubnis erteilen, könnte dies schwerlich anderen Eigentümern versagt werden; bei Anbringung mehrerer Parabolantennen auf dem Flachdach würde aber der Gesamteindruck erheblich nachteilig verändert werden. Auch die erforderliche sichere Verankerung eines solchen Spiegels, der einer großen Windlast ausgesetzt sei, mache einen erheblichen Eingriff in die Substanz des Flachdaches notwendig, bei dem dann auch nachteilige Auswirkungen auf das gemeinschaftliche Eigentum nicht von vornherein ausgeschlossen werden könnten, selbst wenn die Maßnahmen technisch einwandfrei geplant und durchgeführt würden (vgl. BayObLGZ 1990, 120). Die Anbringung des Spiegels gehöre auch nicht zum heute allgemein üblichen Wohnkomfort (vgl. OLG Hamburg, WM 1991, 312).
Auch das Grundrecht der Informationsfreiheit ändere nichts an den Beeinträchtigungen (vgl. hierzu auch Rick, NJW 91, 602/606), da dieses Grundrecht nach Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranken u. a. in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze finde. Gerade § 1004 BGB stelle eine solche gesetzliche Schranke dar und gewährleiste ein Abwehrrecht gegen Beeinträchtigungen des Miteigentums der übrigen Wohnungseigentümer (BVerfGE 7, 230/234). Bei Abwägung gegenüberstehender Interessen sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Anbringung der Parabolantenne um einen nicht nur geringfügigen Eingriff in das Gemeinschaftseigentum handle. Zudem sei zu berücksichtigen, dass dem Antragsgegner bisher eine herkömmliche Gemeinschaftsantenne zum Empfang von Rundfunk- und Fernsehprogrammen zur Verfügung gestanden habe und während des gerichtlichen Verfahrens die Wohnanlage an das Breitbandkabel angeschlossen worden sei (mit Empfang einer Vielzahl weiterer Programme). Der Abwehranspruch des § 1004 BGB müsse deshalb nicht hinter das Informationsrecht des Antragsgegners zurücktreten. Die Einschränkungen stünden im vorliegenden Fall auch in einem angemessenen Verhältnis zu den geringfügigen Einbußen für die Freiheit des Art. 5 GG (vgl. BVerfGE 71, 206/214).
Ein anderes Ergebnis lasse sich auch nicht aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 22. 5. 1990 (NJW 91, 620; vgl. hierzu Rick, NJW 91, 602) ableiten, was in der Entscheidung näher erläutert wird. Auch die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom 27. 9. 1985 (NJW 86, 833) verhelfe dem Antragsgegner nicht zum Erfolg (was ebenfalls in der Entscheidung näher begründet wird). Hervorgehoben werde in diesen Entscheidungen zwar die besondere Bedeutung des Grundrechts der Informationsfreiheit, allerdings mit dem Ergebnis, dass ein allgemeines Antennenverbot in einer Gemeindeordnung keine zulässige Einschränkung dieses Rechts darstellen könne.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 12.08.1991, BReg 2 Z 86/91= BayObOGZ 1991 Nr. 53)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Vgl. jedoch die Folgerechtsprechung des BVerfG und nachfolgend der Fachgerichte insbesondere zu Ausländerberechtigungen.