Leitsatz
Eine Bindung des Prozessgerichts bei der von Amts wegen vorzunehmenden Prüfung der Prozessführungsbefugnis des Testamentsvollstreckers besteht nur, wenn dieser gem. § 2200 BGB vom Nachlassgericht ernannt wurde. Wird in einem Erbvertrag der vertragsmäßig Bedachte zum Testamentsvollstrecker bestimmt und ernennt der Erblasser in einem späteren Testament eine andere Person zum Testamentsvollstrecker, kann darin eine Beeinträchtigung des vertragsmäßig Bedachten liegen, § 2289 Abs. 1 BGB.
Sachverhalt
Der Erblasser, der ehemalige Kronzprinz Wilhelm von Preußen, änderte seinen 1938 geschlossenen Erbvertrag 1950 testamentarisch u.a. dahingehend ab, dass er familienfremde Testamentsvollstrecker benannte. Ggf. solle "der Präsident des Deutschen Bundesgerichts auf Vorschlag der vorhandenen Testamentsvollstrecker Ersatztestamentsvollstrecker benennen". Auf diese Wiese erfolgte sodann die Ernennung der Kläger zu 1) bis 3). Zuvor sollte sich die Zusammensetzung des Testamentsvollstreckergremiums nach § 5 des Erbvertrages richten. Nach Nr. 1 sollte der jeweilige Vertragserbe mit Vollendung des 28. Lebensjahres werden. Nr. 2 war Prinz E.F.v.P. oder ersatzweise ein anderes Familienmitglied, Nr. 3 der jeweilige Generalmajor in der Verwaltung des vormals regierenden Preußischen Königshauses und zu Nr. 4 ein Rechtsanwalt oder ersatzweise ein von den anderen Testamentsvollstreckern zu Benennender. Gem. § 6 sollte der Ersatzerbe als Chef der Verwaltung bei Stimmmehrheit entscheiden.
Die Kläger verlangten nunmehr die Herausgabe des Wohnsitzes der Beklagten, welcher mit Genehmigung der damaligen Testamentsvollstrecker aus Mitteln des Nachlasses erworben wurde. Das LG entschied antragsgemäß, hiergegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung.
Entscheidung
Die Berufung ist zulässig und begründet, die Klage der Kläger zu 2) und 3) schon mangels Prozessführungsbefugnis unzulässig. Das Prozessgericht hat die Prozessführungsbefugnis gem. § 56 ZPO von Amts wegen zu prüfen. Die auf die Kläger ausgestellten Testamentsvollstreckerzeugnisse stellen gem. §§ 2368 Abs. 3, 2365 BGB die Vermutung auf, dass sie rechtsgültig Testamentsvollstrecker geworden sind, so dass es entsprechend § 292 ZPO zu einer Beweislastumkehr kommt.
Die Frage der richtigen Besetzung des Testamentsvollstreckergremiums ist nur dann nicht durch das Prozessgericht zu überprüfen, wenn die Testamentsvollstrecker durch das Nachlassgericht gem. § 2200 BGB, d.h. durch eine rechtsgestaltende Entscheidung erfolgte. Die Kläger wurden jedoch gem. § 2198 Abs. 1 BGB durch einen Dritten ernannt. Bei der Erteilung von Testamentsvollstreckerzeugnissen und der Ablehnung der Entlassung von Testamentsvollstreckern handelt das Nachlassgericht nicht rechtsgestaltend. Die Bestimmung eines Ersatztestamentsvollstreckers durch einen Unbefugten führt dazu, dass diese Person nicht Testamentsvollstrecker wird. Einer Entlassung durch das Nachlassgericht bedarf es daher nicht.
Die vom Erbvertrag abweichenden Bestimmungen des Testaments hinsichtich der Testamentsvollstreckung sind gem. § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, auch wenn dies in Literatur und Rechtsprechung kontrovers diskutiert wird. So wird einerseits vertreten, dass die Auswechselung der Person des Testamentsvollstreckers keine Beeinträchtigung darstellen würde, während die Gegenmeinung der Ansicht ist, dass der Vertragserbe durch die Auswechselung der benannten Person stets beeinträchtigt wird. Der Senat schließt sich der vermittelnden Ansicht an, wonach es darauf ankommt, ob der Bedachte im Einzelfall ggü. der ursprünglichen Verfügung konkret messbar benachteiligt ist. So ist es vorliegend, da der jeweils Bedachte mit Vollendung des 28. Lebensjahres nicht nur selber Testamentsvollstrecker, sondern sogar Chef der Verwaltung sein und bei Stimmgleichheit entscheiden soll. Ein weiterer Testamentsvollstrecker sollte ebenfalls dem ehemaligen Königshaus entstammen sowie ein weiterer durch sein Amt eine besondere Beziehung zur Familie haben. Es ist davon auszugehen, dass seinem Wort auch bei diesen beiden besonders Gewicht zugemessen worden wäre.
Diese starke Stellung wurde dem Vertragserben durch das Testament genommen. In seinem Testament bezeichnete der Erblasser die neuen Testamentsvollstrecker mit 1. bis 3. Hätte er dem Vertragserben seine Stellung belassen und nur die weiteren Testamentsvollstrecker auswechseln wollen, ist davon auszugehen, dass er diese entsprechend dem Erbvertrag mit Nr. 2 bis Nr. 4 bezeichnet hätte, oder dies auf andere Weise deutlich gemacht hätte.
Die Einsetzung familienfremder Testamentsvollstrecker mit der Befugnis, nach eigenem Gutdünken weitere Ersatztestamentsvollstrecker vorzuschlagen, birgt für den Vertragserben die Gefahr, dass die Testamentsvollstreckung eine Eigendynamik entwickelt, die sich nicht mehr an den Interessen des Hauses oder des Erben orientiert. Hierin liegt die konkret messbare Beeinträchtigung des Vertragserben.
Auch hatte sich er Erblasser in dem Erbvertrag nicht die Abänderbarkeit der entsprec...