Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsvollstrecker. Prozessführungsbefugnis. Erbvertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer Klage eines Testamentsvollstreckers hat das Prozessgericht bei der Prüfung der Prozessführungsbefugnis auch von Amts wegen zu prüfen, ob der Kläger wirksam zum Testamentsvollstrecker ernannt worden ist. Eine Bindung des Prozessgerichts besteht dabei nur, wenn der Testamentsvollstrecker gem. § 2200 BGB vom Nachlassgericht ernannt worden ist.
2. Wird in einem Erbvertrag die Person des Testamentsvollstreckers festgelegt und ernennt der Erblasser in einem späteren Testament eine andere Person zum Testamentsvollstrecker, kann darin im Einzelfall eine Beeinträchtigung des vertragsmäßig Bedachten liegen (§ 2289 Abs. 1 BGB). Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn nach dem Erbvertrag der vertragsmäßig Bedachte selbst Testamentsvollstrecker sein sollte."
Normenkette
BGB § 2198 Abs. 1, §§ 2200, 2289 Abs. 1, § 2368 Abs. 3, § 2365; ZPO §§ 56, 292
Verfahrensgang
LG Berlin (Urteil vom 03.06.2009; Aktenzeichen 33 O 295/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3.6.2009 verkündete Urteil des LG Berlin zu 33 O 295/08 abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Beklagte ist die dritte Ehefrau eines Urenkels des letzten Deutschen Kaisers. Sie bewohnt mit ihrem Ehemann ein Hausgrundstück, dessen Herausgabe der Kläger zu 1. verlangt hat und die Kläger zu 2. und 3. noch verlangen.
Das LG hat die Beklagte mit dem am 3.6.2009 verkündeten Urteil, auf das insbesondere wegen der tatsächlichen Feststellungen verwiesen wird, zur Herausgabe des Grundstücks an die Kläger zu 2. und 3. verurteilt und im Übrigen die Erledigung des Rechtsstreits in der Hauptsache ausgesprochen. Das Urteil ist der Beklagten am 9.6.2009 zugestellt worden. Hiergegen hat sie am 7.7.2009 Berufung eingelegt. Sie hat die Berufung am 29.7.2009 begründet.
Die tatsächlichen Feststellungen des LG werden wie folgt ergänzt:
Im Erbvertrag von 1938 heißt es u.a.:
"§ 5. Zu Testamentsvollstreckern werden ernannt:
1. der jeweilige Erbe, sofern er das 28. Lebensjahr vollendet hat,
2. Prinz E.F.v.P.,
3. Generalmajor a. D. W.v.D.,
4. Major a. D. O. v.M.
Falls die zu 2 bis 4 Genannten vor oder nach dem Erbfall wegfallen, treten an die Stelle:
a) des zu 2 Genannten: der Älteste der in § 2 als Nacherben berufenen Familienmitglieder aus dem Mannesstamm des Kronprinzen,
b) des zu 3 Genannten: sein jeweiliger Amtsnachfolger in der Generalverwaltung des vormals regierenden Preußischen Königshauses, und zwar während seiner Amtszeit,
c) des zu 4 Genannten: Rechtsanwalt H. C. v.H.
Wenn für den zu 4 Genannten ein Ersatztestamentsvollstrecker nicht vorhanden ist, haben die jeweils vorhandenen Testamentsvollstrecker durch eine gemeinschaftliche öffentlich-beglaubigte Erklärung, die dem Nachlassgericht einzureichen ist, den fehlenden Ersatztestamentsvollstrecker zu ernennen. Die Erklärung kann in der gleichen Weise widerrufen oder ersetzt werden. Falls eine Lücke entsteht, die nach den vorstehenden Bestimmungen nicht ausgefüllt werden kann, insbesondere wenn die Testamentsvollstrecker sich nicht einigen oder die gemeinschaftliche Erklärung nicht binnen Monatsfrist nach Aufforderung durch einen Testamentsvollstrecker eingereicht wird, wird das Nachlassgericht ersucht, nach Anhörung der Testamentsvollstrecker und des jeweiligen Erben einen Ersatz-Testamentsvollstrecker zu ernennen.
§ 6. Die Testamentsvollstrecker üben ihr Amt gemeinschaftlich aus. Sie fassen ihre Beschlüsse, soweit nichts anderes bestimmt ist, nach Stimmenmehrheit. Ist der Erbe Testamentsvollstrecker, so ist er Chef der Verwaltung, hat den Vorsitz und entscheidet bei Stimmengleichheit. [...]"
Im Testament des ehemaligen Kronprinzen Wilhelm von Preußen (des Erblassers) von 1950 heißt es u.a.:
"6. In Abänderung des Paragraphen 5 des Erbvertrages von 1938 werden als Testamentsvollstrecker für die Ausführung des Erbvertrages von 1938 und dieser letztwilligen Verfügung ernannt:
1. C. H. G.v.H., N.H.,
2. Dr. H. J., Direktor der F.B.in Frankfurt a/Main,
3. Rechtsanwalt F.v.S., W.
Zu Ersatztestamentsvollstreckern ernenne ich:
für den Testamentsvollstrecker zu 1):
K.v.S., J.,
für den Testamentsvollstrecker zu 2.):
Herrn O. M., W.-H.P., H. '
für den Testamentsvollstrecker zu 3.):
Rechtsanwalt R.G.v.d.G.D.
Sind ein oder mehrere Testamentsvollstrecker oder Ersatztestamentsvollstrecker fortgefallen oder erfolgt dies während der Dauer der Testamentsvollstreckerschaft, so soll der Präsident des Deutschen Bundesgerichts auf Vorschlag der noch vorhandenen Testamentsvolls...