Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Zwischen den Beschlussfassungen der Eigentümergemeinschaft über die Abberufung eines Verwalters aus wichtigem Grund einschließlich ("beabsichtigter") fristloser Vertragskündigung und der Frage der Berechtigung einer solchen fristlosen Vertragskündigung ist zu unterscheiden (Trennungstheorie)
Zerwürfnisse zwischen Verwalter und Verwaltungsbeirat können ebenfalls einen wichtigen Grund für eine fristlose Verwaltervertragskündigung darstellen
Die Zumutbarkeitsprüfung erfordert eine Interessenabwägung
Hat ein Beirat Zerwürfnisse in vorwerfbarer Weise selbst provoziert, liegt grundsätzlich kein wichtiger Grund für eine fristlose Verwaltervertragskündigung vor
Normenkette
§ 26 WEG, § 626 BGB, § 675 BGB
Kommentar
1. Abberufungs- und fristlose Vertragskündigungs-Beschlüsse der Eigentümer wurden im vorliegenden Fall bestandskräftig. Ob dadurch auch von berechtigter fristloser Vertragskündigung auszugehen war, muss das LG nach Zurückweisung der Sache neuerlich klären.
2. Ein wichtiger Grund für eine vorzeitige Abberufung des Verwalters liegt vor, wenn den Wohnungseigentümern unter Berücksichtigung aller, nicht notwendig vom Verwalter verschuldeter Umstände nach Treu und Glauben eine Fortsetzung der Zusammenarbeit mit dem Verwalter nicht mehr zugemutet werden kann, insbesondere weil das erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört ist (h.R.M.).
Vom wohnungseigentumsrechtlichen Akt der vorzeitigen Abberufung des Verwalters ist grundsätzlich die außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrages gem. § 675 BGB, § 626 BGB zu unterscheiden; liegt ein wichtiger Grund für die Abberufung vor, berechtigt dieser allerdings grundsätzlich auch zur außerordentlichen Kündigung des Verwaltervertrages.
Von solchen berechtigten wichtigen Gründen kann auch dann auszugehen sein, wenn eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Verwalter und Beirat nicht mehr möglich ist. Voraussetzungen eines wichtigen Grundes können im Einzelfall also auch in der nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses nicht nur zur Gesamtheit der Eigentümer, sondern auch zu einzelnen Eigentümern oder einer Gruppe von ihnen gegeben sein (also insbesondere gegenüber einem Beirat).
3. Bei weitergehenden Verwalter-Vergütungsansprüchen für die Zeit nach Abberufungs- und Vertragskündigungsbeschlussfassung hängt die Begründetheit solcher Ansprüche davon ab, ob der Verwaltervertrag wirksam zu einem solchen Beschlusszeitpunkt gekündigt wurde. Aus der Tatsache, dass diese Beschlüsse bestandskräftig wurden, lässt sich für das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages nichts herleiten. Der Senat folgt hier nicht der Meinung von Staudinger/Bub (§ 26 Rn. 408), die Bestandskraft eines Abberufungsbeschlusses aus wichtigem Grund schließe Einwendungen des Verwalters gegen das Vorliegen eines wichtigen Grundes aus, der zur Kündigung des Verwaltervertrages berechtigt. Vielmehr ist auch gemäß der schon früheren Entscheidung des Senats vom 29. 8. 1958 (BayObLGZ 1958, 234) ausdrücklich zwischen dem wohnungseigentumsrechtlichen Akt der Abberufung des Verwalters und der Beendigung des Verwaltervertrages zu unterscheiden (Trennungstheorie). Grundsätzlich wird von der Abberufungsbeschlussfassung nicht der Bestand des Verwaltervertrages berührt. Auch im vorliegenden Fall haben die ebenfalls bestandskräftig gewordenen Eigentümerbeschlüsse über die fristlose Kündigung des Verwaltervertrages nicht ohne weiteres zu dessen Beendigung geführt; diese Beschlüsse besagten nur, dass nach Ansicht der Eigentümermehrheit ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt und deshalb der Verwaltervertrag fristlos gekündigt werden soll. Über die Berechtigung der Kündigung (der vorliegend die Antragstellerseite i.Ü. auch sogleich ausdrücklich widersprochen hatte), sagen die Beschlüsse jedoch nichts aus (ebenso Müller, Praktische Fragen des Wohnungseigentums, 2. Aufl., Rn. 178).
Nicht entschieden zu werden braucht hier, ob das Vorliegen eines wichtigen Grundes dann bindend auch für den materiell beteiligten Verwalter festgestellt wäre, wenn er den Eigentümerbeschluss über seine Abberufung aus wichtigem Grund angefochten hätte und sein Antrag auf Ungültigerklärung erfolglos geblieben wäre (so Weitnauer/Hauger, § 26 Rn. 40).
4. Ob tatsächlich ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung des Verwaltervertrages vorlag, erfordert eine umfassende Abwägung aller Umstände; dazu gehört auch eine Abwägung der beiderseitigen Interessen (vgl. § 626 Abs. 1 BGB, OLG Frankfurt, NJW-RR 88, 1169; Staudinger/Bub, § 26 Rn. 392). Die Zumutbarkeitsfrage muss neuerlich vom LG geklärt werden. In diesem Zusammenhang ist auch zu ermitteln, wer die Zerstörung der Vertrauensbasis verursacht und verschuldet hat. Hat nämlich ein Kündigender den Kündigungsgrund selbst in vorwerfbarer Weise herbeigeführt, ist ihm in der Regel die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zu einer ordentlichen Beendigung nicht unzumutbar (BGH, NJW 84, 2091, 2092). Das LG wird sich also auch mit der Beh...