Sarah Kocks, Diana Rjabynina
Rz. 56
Das Verschwinden des Begriffs "Kapital" innerhalb der GmbH bedeutet, dass dieser Begriff nicht mehr als Schlüssel für die Zuweisung der Rechte der Gesellschafter verwendet werden kann. Vor der Gesetzesreform wurden in der GmbH sowohl der Gewinn als auch die Stimmrechte der Gesellschafter im Verhältnis zu ihrer Beteiligung am Kapital der Gesellschaft verteilt. Zudem besaßen sämtliche Anteile notwendigerweise die gleichen Rechte, so dass die oben dargelegte Spezifizierung von Anteilen nicht möglich war.
Das neue flexible und vereinfachte System für die kapitallose GmbH trägt dazu bei, dass die Anteile keinen kapitalrepräsentativen Wert mehr haben. So kann die Satzung vorsehen, dass an eine bestimmte Art von ausgegebenen Geschäftsanteilen ein Mehrfachstimmrecht bzw. alle denkbaren Varianten an Gewinn- und sonstigen Rechten geknüpft sind.
Rz. 57
Da, wie bereits erwähnt, der Begriff des "Kapitals" abgeschafft wurde, ist eine Kapitalerhöhung nicht mehr möglich. Stattdessen gibt es die Möglichkeit der Ausgabe neuer Anteile sowie der Vornahme zusätzlicher Einlagen gem. Art. 5:120 ff. GGV.
Rz. 58
Die Ausgabe neuer Anteile erfordert grundsätzlich eine Änderung der Satzung und somit auch eine Beurkundung durch den Notar. Dementsprechend hat die Gesellschafterversammlung über die Ausgabe neuer Anteile mit einer Dreiviertel-Mehrheit zu beschließen, wobei mindestens die Hälfte der Gesamtzahl der ausgegebenen Anteile vertreten sein muss. Jeder neu auszugebende Anteil muss vollständig gezeichnet werden. Insoweit die Satzung nichts anderes vorsieht, muss jeder Anteil zum Zeitpunkt seiner Ausgabe vollständig eingezahlt sein (Art. 5:125 GGV).
Des Weiteren ist die Geschäftsführung verpflichtet, einen Bericht zu erstellen, in dem der Ausgabepreis der neuen Anteile begründet und die Auswirkungen der Ausgabe auf die wirtschaftlichen und sozialen Rechte der Gesellschafter beschrieben werden. Wurde ein Rechnungsprüfer bestellt, so ist dieser verpflichtet, einen Bericht zu erstellen, in dem beurteilt wird, ob die im Bericht der Geschäftsführung enthaltenen Finanz- und Rechnungslegungsdaten in allen wesentlichen Belangen korrekt und ausreichend sind. Die Berichte der Geschäftsführung bzw. des Rechnungsprüfers werden den Gesellschaftern gem. Art. 2:8 und 2:14 GGV zur Verfügung gestellt und in der Tagesordnung bekannt gegeben.
Das GGV sieht bei Bareinlagen vor, dass das Vorzugsrecht ("droit de souscription préférentielle/voorkeurrecht") der Altgesellschafter je Wertpapiergattung und je Anteilsart ausgeübt werden muss. Demnach haben die Gesellschafter bei der Emission neuer Anteile nach Art. 5:120 ff. GGV oder bei der Ausgabe von Wandelschuldverschreibungen bzw. Schuldverschreibungen/Optionsscheinen gem. Art. 5:128 GGV ein originäres Recht darauf, dass ihnen die Anteile bzw. Schuldverschreibungen entsprechend ihrer Beteiligung vorzugsweise angeboten werden. Die Frist für die Ausübung des Bezugsrechts beträgt mindestens 15 Tage ab Beginn des Bezugsrechts und wird gem. Art. 5:134 und 5:129 GGV von der Gesellschafterversammlung bzw. der Geschäftsführung festgelegt. Zu beachten ist, dass das Bezugsrecht nach Art. 5:130 ff. GGV nur durch einen Beschluss der Gesellschafterversammlung ausgeschlossen werden kann, wenn dieser Ausschluss im Interesse der GmbH ist.
Rz. 59
Der Gesellschafterversammlung ist es seit der Gesetzesreform ausdrücklich gestattet, zusätzliche Einlagen ohne Ausgabe neuer Anteile anzunehmen (Art. 5:120 § 2 GGV). Der Beschluss wird mit einfacher Mehrheit gefasst. Insofern die Höhe des Gesellschaftsvermögens der GmbH nicht in der Satzung vermerkt ist und die Anzahl der ausgegebenen Anteile unverändert bleibt, ist – im Gegensatz zu der Ausgabe neuer Anteile – keine Änderung der Gesellschaftssatzung erforderlich. Zum Schutz der bestehenden Gesellschafter ist der entsprechende Beschluss jedoch notariell zu beurkunden. Weitere Maßnahmen zur Veröffentlichung enthält das Gesetz nicht. Die zusätzlichen Einlagen sind jedoch in der Jahresbilanz zu berücksichtigen.