Leitsatz
Die Mutter eines nichtehelichen Kindes nahm dessen Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt für das gemeinsame Kind sowie auf Zahlung von Unterhalt gem. § 1615l BGB für sich in Anspruch.
Der Beklagte hatte gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung eingelegt. In der Berufungsinstanz stritten sich die Parteien primär um die Höhe des Anspruchs der nichtehelichen Mutter und die Höhe des Kindesunterhalts. Die Berufung des Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil blieb ohne Erfolg, die Anschlussberufungen der Klägerin zu 1) - der nichtehelichen Mutter - und des Klägers zu 2) - des gemeinsamen minderjährigen Sohnes - waren jedenfalls teilweise begründet.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
In dem Hinweisbeschluss zur Terminsvorbereitung der Berufungsverhandlung wies das OLG darauf hin, dass sich der Anspruch der Kindesmutter aus § 1615l Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Halbs. 1 BGB ergebe. Das Maß des Unterhalts richte sich nach ihrer Lebensstellung und bemesse sich anhand des Einkommens, das sie ohne die Geburt des Kindes zur Verfügung hätte. Das OLG wies in dem Hinweisbeschluss darauf hin, dass es sich der Auffassung des BGH, wonach dieser Anspruch durch den Halbteilungsgrundsatz begrenzt werde, nicht vollständig anschließen könne (zum Streitstand auch Schilling, Anm. zu BGH in FamRZ 2005, 445).
Der BGH habe seine Auffassung mit einer weitgehenden Angleichung und einem Vergleich der Unterhaltsansprüche des § 1615l Abs. 2 S. 2 BGB mit denen auf nachehelichen Betreuungsunterhalt gem. § 1570 BGB begründet. Der nichtehelichen Mutter dürfe kein höherer Anspruch zukommen als der geschiedenen. Zweck sei es in beiden Fällen, der Mutter jedenfalls während der ersten drei Lebensjahre zu ermöglich, das Kind zu pflegen und zu erziehen, ohne auf Erwerbstätigkeit angewiesen zu sein.
Es bestehe aber keine unverändert fortbestehende Lebensstandgarantie; das Maß des Unterhalts werde zusätzlich durch die Lebensstellung des unterhaltspflichtigen Vaters begrenzt, der zunächst dem Kind unterhaltspflichtig sei und dem auch aus verfassungsrechtlichen Gründen jedenfalls ein Anteil seines Einkommens verbleiben müsse.
Gemäß § 1578 Abs. 1 S. 1 BGB seien für den Bedarf der geschiedenen Mutter, die ein oder mehrere gemeinsame Kinder betreue, ausdrücklich die ehelichen Lebensverhältnisse maßgeblich. Aus Wortlaut wie auch Gesetzessystematik sei ein Rückgriff auf eine andere Grundlage für die Bedarfsbemessung nicht gedeckt; es könne auch nicht darauf ankommen, ob die nichteheliche Mutter mit dem Vater zusammengelebt habe oder nicht.
Mit der Neuregelung des § 1615l BGB durch das Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz habe die durch Art. 6 Abs. 5 GG geforderte Angleichung der Entwicklungschancen der nichtehelichen Kinder an eheliche Kinder gefördert werden sollen, indem eine Vollbetreuung durch die Mutter bis zum Kindergartenalter ermöglicht worden sei. Daneben habe die Stellung der nichtehelichen Mutter gestärkt werden sollen. Die Angleichung mit dem Wortlaut des § 1570 BGB beziehe sich damit auf die zeitliche Verknüpfung des Anspruchs und auf ein früheres Kausalitätserfordernis (vgl. BGH, Urt. v. 17.11.2004 - XII ZR 183/02 in FamRZ 2005, 347).
Durch das KindRG schließlich sei eine weitere Verlängerungsmöglichkeit geschaffen worden (vgl. BGH a.a.O.).
Auch mit der Neufassung des § 1615l BGB durch das KindUG habe der Gesetzgeber ebenfalls davon abgesehen, eine Angleichung der Ansprüche der nichtehelichen Mutter insoweit vorzunehmen, als eine ausdrückliche eigenständige Regelung für die Bedarfsbemessung in § 1615l Abs. 2 BGB selbst fehle. Vielmehr sei dort weiterhin über § 1615l Abs. 3 S. 1 BGB auf die Vorschriften zum Verwandtenunterhalt Bezug genommen. Trotz einer Angleichungstendenz beständen auch in anderen Regelungsbereichen noch wesentliche Unterschiede zwischen dem nachehelichen Betreuungsunterhalt und dem der nichtehelichen Mutter zustehenden Unterhalt, der nach derzeitiger Rechtslage in der Regel auf drei Jahre begrenzt sei, also deutlich kürzer als derjenige einer geschiedenen betreuenden Mutter.
Altersvorsorgeunterhalt der Mutter werde nicht zum Bedarf gehörend angesehen, für die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung sei dies umstritten, eigene Einkünfte würden bedürftigkeitsmindernd angerechnet.
Dies bedeute, dass sich die Angleichung vor allem auf die Dauer des Unterhaltsanspruchs beziehe, es aber bei den Unterschieden hinsichtlich der Bedarfsberechnung jedenfalls belassen worden sei.
Damit sei - wie beim Kindesunterhalt - der Bedarf der Mutter nach ihrer eigenen Lebensstellung zu bemessen. Die Begrenzung auf eine bestimmte Höhe könne mithin nur auf der Ebene der Leistungsfähigkeit erfolgen.
Nach Erlass des Hinweisbeschlusses wurde die Berufung zurückgenommen.
Link zur Entscheidung
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.04.2007, II-7 UF 317/06