BMF, Schreiben v. 28.09.1993, IV A 2 - S 7102 - 11/93, BStBl I 1993, 912
Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat mit Urteil vom 25.5.1993 (Rs C - 193/91) auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs über die Auslegung vonArt. 6 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie zur Harmonisierung der Umsatzsteuern vom 17.5.1977 (ABl. EG Nr. L 145 S. 1) für Recht anerkannt:
1. Artikel 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. Richtlinie schließt die Besteuerung der privaten Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, bei dessen Lieferung der Steuerpflichtige die Mehrwertsteuer abziehen konnte, aus, soweit diese Verwendung Dienstleistungen umfaßt, die der Steuerpflichtige von Dritten zur Erhaltung oder zum Gebrauch des Gegenstands ohne die Möglichkeit zum Vorsteuerabzug in Anspruch genommen hat.
2. Ein Steuerpflichtiger kann sich vor den nationalen Gerichten insoweit auf Art. 6 Abs. 2 Buchst. a der 6. Richtlinie berufen, als diese Bestimmung die Besteuerung der privaten Verwendung eines Betriebsgegenstands ausschließt, der bereits zum Abzug der Vorsteuer berechtigt hat, soweit diese Verwendung Dienstleistungen umfaßt, die der Steuerpflichtige von Dritten zur Erhaltung oder zum Gebrauch des Gegenstands ohne Möglichkeit zum Abzug der Vorsteuer in Anspruch genommen hat.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterung mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt zur Anwendung des EuGH-Urteils folgendes:
1. Aus der Bemessungsgrundlage für den Verwendungseigenverbrauch im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 Buchst. b UStG und für die entsprechenden sonstigen Leistungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b und Nr. 3 UStG § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG) sind solche Kosten auszuscheiden, bei denen kein Vorsteuerabzug möglich ist. Dabei ist es unerheblich, ob das Fehlen der Abzugsmöglichkeit darauf zurückzuführen ist, daß
- für die Leistungen an den Unternehmer keine Umsatzsteuer geschuldet wird oder
- die Umsatzsteuer für die empfangene Leistung beim Unternehmer nach § 15 Abs. 2 UStG vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist oder
- die Aufwendungen in öffentlichen Abgaben (Steuern, Gebühren oder Beiträgen) bestehen.
2. Das EuGH-Urteil hat Bedeutung insbesondere für die Besteuerung der privaten Benutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Kraftfahrzeugs. Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage des Verwendungseigenverbrauchs bleiben in diesem Falle z.B. die Kraftfahrzeugsteuer, die Kraftfahrzeugversicherungen (Haftpflicht-, Kasko-, Insassenunfallversicherung), die Garagenmiete, soweit im Ausnahmefall für die Vermietung die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Satz 1 UStG in Betracht kommt, und die Rundfunkgebühren für das Autoradio außer Ansatz. Dies gilt ohne Rücksicht darauf, ob für das verwendete Kraftfahrzeug selbst ein Vorsteuerabzug möglich war.
3. Die Grundsätze des EuGH-Urteils sind auch in den Fällen der Mindestbemessungsgrundlage § 10 Abs. 5 UStG) zu beachten. Daher bleiben z.B. die Kreditzinsen bei den Kosten, die bei der Vermietung eines Gebäudes an eine nahestehende Person nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 i.V.m. § 10 Abs. 4 Nr. 2 UStG zu ermitteln sind, außer Betracht.
4. Nach den vorstehenden Grundsätzen ist bei allen nicht bestandskräftigen Steuerfestsetzungen zu verfahren. Die entgegenstehenden Regelungen in Abschn. 155 Abs. 2 Satz 6 und 7 undAbschn. 158 Abs. 1 Beispiel 1 UStR sowie in Abschn. II Nr. 2 des BMF-Schreibens vom 29.12.1989 (BStBl 1990 I S. 35) sind nicht mehr anzuwenden. Die private Nutzung der dem Unternehmen dienenden Fernsprechanschlüsse ist weiterhin nach den Grundsätzen des Abschnitts II Nr. 3 des BMF-Schreibens vom 29.12.1989 (a.a.O.) der Besteuerung zu unterwerfen.
Normenkette
UStG § 10 Abs. 4
Fundstellen
BStBl I, 1993, 912