Leitsatz

Mit Urteil vom 17.01.2007 hat das OLG Hamburg einen Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einer Rechtsanwaltssozietät, bei der ein Partner zugleich Aufsichtsratsmitglied der AG war, wegen Verstoßes gegen §§ 113, 114 AktG für den Zeitraum der Zugehörigkeit des Partners zum Aufsichtsrat der AG für unwirksam erklärt.

In dem Beratungsvertrag hatte sich die Sozietät verpflichtet, die AG "in allen Rechtsangelegenheiten zu beraten und zu vertreten". Als der Beratungsvertrag mit Zustimmung des damaligen Aufsichtsrates geschlossen wurde, war der Partner der Sozietät nur Ersatzmitglied im Aufsichtsrat der AG und Aufsichtsratsmitglied in einer Tochtergesellschaft der AG. Eine Mitgliedschaft des Partners im Aufsichtsrat der AG erfolgte erst später.

In dem Urteil wird festgestellt, dass der Vertrag mit Übernahme des Aufsichtsratsmandats durch den Partner der Sozietät in den Anwendungsbereich der §§ 113, 114 AktG fiel und damit der Zustimmung des Aufsichtsrates bedurfte. Der Senat verneinte jedoch bereits die Zustimmungsfähigkeit des Vertrages mangels Abgrenzung der vertraglich geschuldeten Tätigkeit zu der vom Partner geschuldeten Aufsichtsratstätigkeit. Für den Zeitraum der Zugehörigkeit des Partners zum Aufsichtsrat war der Beratervertrag daher nach Auffassung des Senats suspendiert.

Dementsprechend wird in dem Urteil nur für den Zeitraum vor und nach der Mitgliedschaft des Partners im Aufsichtsrat der AG ein Vergütungsanspruch der Sozietät bejaht. Die Honorare, die von der AG während der Zugehörigkeit des Partners zum Aufsichtsrat der AG gezahlt wurden, sind gem. § 114 Abs. 2 AktG zurückzuzahlen.

 

Hinweis

Das Urteil des OLG Hamburg steht im Einklang mit der aktuellen Rechtsprechung des BGH und der ganz überwiegenden Literaturansicht. Es führt noch einmal die Brisanz von Beraterverträgen mit Mitgliedern des Aufsichtsrates vor Augen und stellt eine gute Zusammenfassung der aktuellen Rechtslage dar.

1.

Nach §§ 113, 114 AktG sind Dienstverträge mit Aufsichtsratsmitgliedern nur wirksam, wenn sie sich auf eine Leistung außerhalb der Tätigkeit des Aufsichtsrates beziehen und eine Zustimmung des Aufsichtsrats vorliegt.

Verträge, die Beratungsgegenstände umfassen, die auch zur Aufsichtsratstätigkeit gehören oder gehören können, sind daher ungeachtet einer etwaigen Zustimmung des Aufsichtsrates unwirksam, und zwar insgesamt - eine Teilwirksamkeit kommt regelmäßig nicht in Betracht, wie sich dem Urteil des OLG Hamburg entnehmen lässt (vgl. auch BGH, NJW 2006, 3211 = DStR 2006, 1610, 1614). Gleiches gilt für Verträge, die keine eindeutigen Feststellungen in dieser Richtung ermöglichen. Solche Verträge werden als (unzulässige) Vergütungsvereinbarungen gem. § 113 AktG qualifiziert, für die allein die Hauptversammlung der AG zuständig ist (BGH, NJW 2007, 298, 299).

Für die Praxis folgt daraus, dass Verträge mit Aufsichtsratsmitgliedern über eine allgemeine rechtliche oder steuerliche Beratung mangels Zustimmungsfähigkeit stets insgesamt unwirksam sein dürften (vgl. bereits BGH, NJW 2006, 3211 = DStR 2006, 1610 zur Steuerberatergesellschaft). Und selbst bei einem Beratervertrag, dem ein konkretes Projekt zugrunde liegt, muss genau geprüft werden, ob nicht doch eine Überschneidung mit der geschuldeten Aufsichtsratstätigkeit gegeben ist. Der Senat weist in seinem Urteil ausdrücklich darauf hin, dass die besondere Qualifikation des Aufsichtsratsmitgliedes Einfluss auf den Inhalt der bereits als Aufsichtsrat geschuldeten Leistung hat (vgl. BGH, NJW 2006, 3211). Daraus wird in dem Urteil - nur konsequent - die Schlussfolgerung gezogen, dass "von einem Steuerberater als Aufsichtsratsmitglied (...) die steuerrechtliche Beratung der Gesellschaft in unternehmenspolitischen Fragen geschuldet (ist), so dass eine solche Vereinbarung ebenfalls nicht den Anforderungen der §§ 113, 114 AktG entsprechen dürfte."

2.

Im Einklang mit der jüngsten Rechtsprechung des BGH wird weiter ausgeführt, dass § 114 AktG auch dann (analog) Anwendung findet, wenn der Beratervertrag nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied selbst, sondern mit einem Unternehmen geschlossen wurde, an dem ein Aufsichtsratsmitglied - nicht notwendig beherrschend - beteiligt ist. Hinzukommen muss allerdings, dass das Aufsichtsratsmitglied auf diesem Wege mittelbar Leistungen der AG erhält, die nicht ganz geringfügig sind oder nur einen im Vergleich zur Aufsichtsratsvergütung vernachlässigbaren Umfang haben (vgl. BGH, NJW 2007, 298 f.; BGH, NJW 2006, 3211 = DStR 2006, 1610 zur Steuerberatergesellschaft). Damit dürften nahezu alle Beraterverträge zwischen einer AG und einer Anwalts- oder Steuerberatersozietät, bei der ein gewinnbeteiligter Partner im Aufsichtsrat der AG sitzt, von §§ 113, 114 AktG erfasst werden. Zu Recht hat es das OLG Hamburg daher ausreichen lassen, dass das Aufsichtsratsmitglied gleichzeitig Rechtsanwalt und Partner der Sozietät war, mit der der Beratungsvertrag geschlossen wurde.

3.

Bestätigt wird in dem Urteil die herrschende Literaturansicht, dass die Ersatzm...

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