Leitsatz
Getrennt lebende Eheleute stritten sich über die Höhe des von dem Ehemann zu zahlenden Trennungsunterhalts. Der Anspruch dem Grunde nach war zwischen den Parteien unstreitig. Kernpunkte der Auseinandersetzung zwischen ihnen waren die bei dem Ehemann nach der Trennung zu berücksichtigende Steuerklasse sowie die von seinem Arbeitgeber übernommenen Beiträge für eine Direktversicherung und die Höhe des aufseiten der Ehefrau anzusetzenden Wohnvorteils.
Erstinstanzlich war die Ehefrau mit ihrem Klagebegehren nur teilweise erfolgreich. In der Berufungsinstanz verfolgte sie ihre erstinstanzlich gestellten Anträge weiter und verlangte Trennungsunterhalt ab 01.02.2003 i.H.v. 495,67 EUR und ab 05.03.2003 i.H.v. 645,93 EUR.
Ihr Rechtsmittel hatte nur teilweise Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Die Klägerin hatte die Auffassung vertreten, der Beklagte müsse sich im Hinblick auf die erst im Januar 2003 erfolgte Trennung im Rahmen der Leistungsfähigkeit fiktiv nach der Steuerklasse III veranlagen lassen. Ferner hätte es ihm oblegen, aufgrund der erfolgten Zahlungen einen Freibetrag auf seiner Lohnsteuerkarte eintragen zu lassen.
Das OLG teilte die hierzu von der Klägerin vertretene Auffassung nicht. Grundsätzlich bestehe zwar bei Eheleuten eine gegenseitige familienrechtliche Verpflichtung darauf hinzuwirken, dass das Bruttoeinkommen nicht durch unnötig hohe Steuerabzüge geschmälert werde, sondern durch die Geltendmachung von Realsplitting und Eintragung von Freibeträgen auf der Lohnsteuerkarte die möglichst niedrigere Steuer gezahlt werden müsse.
Dem Beklagten könne jedoch unterhaltsrechtlich kein Vorwurf daraus gemacht werden, bereits im Jahre 2003 die Steuerklasse I gewählt zu haben. Er habe anlässlich seiner Anhörung substantiiert dargelegt, dass und warum er der Meinung war, bereits seit Herbst 2003 von seiner Ehefrau getrennt zu leben. Er habe daraufhin nach Rücksprache mit seiner Steuerberaterin auf deren Rat ab Januar 2003 die Steuerklasse I eintragen lassen, um hohe Steuernachzahlungen zu verhindern.
Ebenso wenig sei ihm unterhaltsrechtlich die fehlende Eintragung eines Freibetrages im Jahre 2003 vorzuwerfen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats sei ein Freibetrag wegen des begrenzten Realsplittings dann nicht einzutragen, wenn nach getrennter Veranlagung der Eheleute über die Höhe des Ehegattenunterhalts gestritten werde (vgl. Wendl/Staudigl, Das Unterhaltsrecht in der familienrechtlichen Praxis, 6. Auflage, § 1 Rz. 593 m.w.N.).
Die von dem Arbeitgeber des Unterhaltspflichtigen als Gehaltsbestandteil übernommenen Beiträge für eine Direktversicherung stellten nach Auffassung des OLG keine Vermögensbildung dar, sondern dienten der Sicherung einer weiteren Altersvorsorge. Der Beklagte habe hierzu substantiiert dargelegt, dass es sich bei der Direktversicherung um eine betriebliche Alterssicherung in Form einer Gehaltsumwandlung durch Verzicht auf Weihnachtsgeld handele. Die diesbezüglich von seinem Arbeitgeber geleisteten Zahlungen erhöhten sein Einkommen damit nicht.
Hinsichtlich des aufseiten der Ehefrau zu berücksichtigenden Wohnwertvorteils vertrat das OLG unter Hinweis auf die Entscheidung des BGH in FamRZ 2003, 1179 ff. die Auffassung, während der Trennungszeit sei der angemessene Wohnwert als eingeschränkter Wohnwertvorteil unter Berücksichtigung des durch den Auszug des Ehepartners entstandenen toten Kapitals nur in einer Höhe in Rechnung zu stellen, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den zurückbleibenden Ehepartner allein darstelle.
Die ehelichen Lebensverhältnisse verwirkten sich damit nach der Trennung in Form eines entsprechend geringer anzusetzenden Gebrauchsvorteils als bedarfsprägendem Wohnwert. Der verbleibende Gebrauchswert sei dabei in der Regel danach zu bestimmen, welchen Betrag der Ehegatte auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung bezahlen müsste. Eine Begrenzung nach oben finde durch die objektive Marktmiete statt.
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Urteil vom 16.07.2004, 10 UF 31/04