Leitsatz
Verliert ein gegenüber einem minderjährigen Kind Unterhaltspflichtiger unverschuldet seinen Arbeitsplatz, ist ihm das früher erzielte Einkommen nur weiter zuzurechnen, wenn er sich nicht ausreichend um eine neue Arbeitsstelle bemüht. Findet er eine neue Stelle, verdient er an dieser Arbeitsstelle aber weniger, ist zu prüfen, ob er eine besser bezahlte Stelle hätte bekommen können.
Sachverhalt
Ein Vater, der sich gegenüber seinen minderjährigen Kindern in Jugendamtsurkunden zur Zahlung von Unterhalt verpflichtet hatte, begehrte Herabsetzung des titulierten Unterhalts, weil er seinen Arbeitsplatz verloren hatte, lange arbeitslos war und nun weniger verdient. Der von ihm in diesem Zusammenhang gestellte Prozesskostenhilfeantrag wurde zurück gewiesen. Sein früheres Erwerbseinkommen sei ihm weiterhin fiktiv zuzurechnen.
Gegen diesen Beschluss legte er erfolgreich Beschwerde ein. Das OLG vertrat die Auffassung, einem Unterhaltsschuldner könne nach unverschuldetem Verlust seines Arbeitsplatzes das früher erzielte Einkommen fiktiv weiterhin zugerechnet werden, wenn er sich nicht ausreichend um eine neue Arbeitsstelle bemüht habe. Auch wenn er eine neue, aber schlechter bezahlt Stelle angenommen habe, sei stets zu prüfen, ob aufgrund der tatsächlichen Umstände weiterhin davon ausgegangen werden kann, dass der Unterhaltsschuldner in einem neuen Arbeitsverhältnis ein ebenso hohes Einkommen wie zuvor hätte erzielen können. Mit Rücksicht auf das Alter des inzwischen 50-Jährigen und seine zwischenzeitlich zwei Jahre andauernde Arbeitslosigkeit könne hier angenommen werden, dass er auch unter Berücksichtigung seines bisherigen beruflichen Werdegangs ein höheres bereinigtes Nettoeinkommen als 1 162,00 EUR, wie er es derzeit bezog, nicht erzielen könne.
Auch die Abfindung, die der Mann anlässlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit seinem vorherigen Arbeitgeber erhalten hatte, war nicht als zusätzliches Einkommen heranzuziehen. Eine Abfindung wegen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben sei auf eine längere Zeit zu verteilen. Der Unterhaltsschuldner habe die Abfindung zur Aufstockung der Leistungen der Arbeitsverwaltung auf die Höhe des bisherigen Nettogehalts einzusetzen. Damit wäre die Abfindung nach rund 15 Monaten verbraucht gewesen.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Beschluss v. 15.12.2005, 10 WF 287/05.