Der Arbeitgeber kann grundsätzlich nach freiem Belieben entscheiden, ob er mit einem Auszubildenden nach dem Ende des Berufsausbildungsverhältnisses ein Arbeitsverhältnis eingehen will. Zum Schutz betriebsverfassungsrechtlicher Amtsträger wird dieser Grundsatz durch die Bestimmung des § 78a BetrVG eingeschränkt.

Unter den persönlichen Geltungsbereich dieser Bestimmung fallen solche Auszubildende, die als Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Betriebsrats, der Bordvertretung oder des Seebetriebsrats betriebsverfassungsrechtliche Funktionen wahrnehmen. Ehemalige Mitglieder der o. g. Betriebsverfassungsorgane sind ebenfalls geschützt, sofern der Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus dem jeweiligen Betriebsverfassungsorgan bei Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht länger als ein Jahr zurückliegt.[1] Auch einem Ersatzmitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, das ein zeitweilig verhindertes Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung vertritt, steht der Anspruch nach § 78a BetrVG auf Weiterbeschäftigung in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zu, sofern das Berufsausbildungsverhältnis innerhalb eines Jahres nach dem Vertretungsfall erfolgreich abgeschlossen wird.[2]

Beabsichtigt der Arbeitgeber, einen unter die Bestimmung des § 78a BetrVG fallenden Auszubildenden nicht als Arbeitnehmer weiterzubeschäftigen, so hat er dies 3 Monate vor dem normalen Ende des Berufsausbildungsverhältnisses dem Auszubildenden schriftlich mitzuteilen. Ist infolge vorzeitiger Ablegung der Prüfung ein früheres Ende vorauszusehen, muss die Mitteilung 3 Monate vor diesem Zeitpunkt erfolgen.[3]

Versäumt der Arbeitgeber diese Frist, so wird hierdurch noch nicht automatisch ein Arbeitsverhältnis mit dem Auszubildenden begründet.[4] Für den Eintritt der in § 78a Abs. 2 BetrVG enthaltenen gesetzlichen Fiktion eines Arbeitsverhältnisses ist es vielmehr erforderlich, dass der Auszubildende innerhalb der letzten 3 Monate vor Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich vom Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung verlangt – und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber seine Mitteilungspflicht aus Abs. 1 versäumt hat.

Ein Weiterbeschäftigungsverlangen, das früher als 3 Monate vor Beendigung des Ausbildungsverhältnisses erklärt wird, ist unwirksam und muss innerhalb der 3-Monatsfrist wiederholt werden[5], damit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis begründet werden kann.

Für die Berechnung der Dreimonatsfrist, in der der Auszubildende seinen Weiterbeschäftigungsanspruch geltend machen muss, ist auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der Abschlussprüfung abzustellen.[6] Für die Wirksamkeit des Übernahmeverlangens reicht es aus, wenn der Auszubildende im Zeitpunkt der Geltendmachung der Weiterbeschäftigung Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Betriebsrats, der Bordvertretung oder des Seebetriebsrats ist.[7] Bei einem rechtzeitigen und formgerechten Weiterbeschäftigungsverlangen wird kraft gesetzlicher Fiktion im Anschluss an das Berufsausbildungsverhältnis ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet. § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG ordnet an, dass das Weiterbeschäftigungsverlangen des Auszubildenden schriftlich zu erfolgen hat. Die Bestimmung verlangt Schriftform i. S. v. § 126 Abs. 1 BGB und lässt Textform i. S. v. § 126b BGB nicht genügen. Das ergibt die Auslegung des Schriftformerfordernisses in § 78a Abs. 2 Satz 1 BetrVG nach dem rechtlichen Charakter des Weiterbeschäftigungsverlangens und der gebotenen funktionalen Betrachtung. Der Auszubildende macht ein Gestaltungsrecht geltend, wenn er verlangt, weiterbeschäftigt zu werden. Warn- und Beweisfunktion verlangen strenge Schriftform. Dem Arbeitgeber kann es aber im Einzelfall nach Treu und Glauben verwehrt sein, sich auf die nicht eingehaltene Schriftform zu berufen.[8]

Der Arbeitgeber hat jedoch nach § 78a Abs. 4 BetrVG die Möglichkeit, beim zuständigen Arbeitsgericht feststellen zu lassen, dass ein Arbeitsverhältnis nach § 78a Abs. 2 oder 3 BetrVG nicht begründet wird. Ist das Arbeitsverhältnis bereits nach den zuletzt erwähnten Vorschriften zustande gekommen, kann der Arbeitgeber dessen Auflösung beantragen. Sowohl den Feststellungs- als auch den Auflösungsantrag muss der Arbeitgeber spätestens bis zum Ablauf von 2 Wochen nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses stellen.

Ein Feststellungs- oder Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach § 78a Abs. 4 BetrVG hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung nicht zugemutet werden kann.

Die Unzumutbarkeit der Beschäftigung kann aus in der Person des Auszubildenden liegenden Gründen folgen; z. B. bei wiederholtem Nichtbestehen der Abschlussprüfung. Allein das schlechtere Abschneiden bei der Abschlussprüfung im Vergleich zu anderen Ausgebildeten reicht hingegen nicht aus. Auch können schwerwiegende Gründe persönlicher Art geeignet sein, die Nichtbegründung eines Arbei...

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