1 Allgemeines
Rz. 1
Das Ausbildungsverhältnis endet gem. § 14 BBiG grundsätzlich mit dem Ablauf der Ausbildungszeit, ohne dass es einer Kündigung bedarf. Die Begründung eines anschließenden Arbeitsverhältnisses ist in das Belieben des Ausbilders gestellt. Von diesem Grundsatz macht § 78a BetrVG eine Ausnahme, damit Mitglieder betriebsverfassungsrechtlicher Gremien davor geschützt sind, wegen dieser Tätigkeit nicht übernommen zu werden.
2 Geschützter Personenkreis
Rz. 2
Die Vorschrift schützt Auszubildende, nicht hingegen Umschüler und ist auch nicht auf Praxisphasen anwendbar, die Studenten als Teil eines dualen Studiengangs an einer staatlichen Hochschule in einem Partnerunternehmen absolvieren (BAG, Beschluss v. 17.6.2020, 7 ABR 46/18). Sie gilt grundsätzlich auch nicht für sonstige Berufsbildungsverhältnisse. In Ausnahmefällen kann jedoch auch z. B. ein Volontär unter den Schutzbereich fallen. Dies setzt jedoch ein Vertragsverhältnis voraus, das einem Berufsbildungsverhältnis ähnlich ist, z. B. wenn die Ausbildung zwei Jahre dauert und tariflichen Regelungen entspricht. Eine Vertragsdauer von nur 18 Monaten ist nicht ausreichend, insbesondere wenn die weiteren Umstände mehr auf einen Arbeitsvertrag hinweisen (LAG Köln, Urteil v. 12.8.1999, 2 AZR 55/99). Auszubildende, die zur Aus- und Weiterbildung in einem reinen Ausbildungsbetrieb zusammengefasst werden, sind keine Arbeitnehmer im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, sodass § 78a BetrVG keine Anwendung findet (LAG Hamm, Urteil v. 4.5.2007, 13 Sa 38/07). Auch Ersatzmitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung sind geschützt, wenn sie als Vertreter zu Sitzungen der Jugend- und Auszubildendenvertretung herangezogen worden sind. Der Schutz entfällt nur dann, wenn der Vertretungsfall durch kollusive Absprachen zum Schein herbeigeführt wird oder das Ersatzmitglied weiß bzw. sich ihm aufdrängen muss, dass kein Vertretungsfall vorliegt (LAG, Urteil v. 23.3.2007, 10 Sa Ga 11/07).
Rz. 3
Die Auszubildenden müssen Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Betriebsrats, der Bordvertretung oder des Seebetriebsrats sein. Die Mitgliedschaft im Wahlvorstand reicht ebenso wenig aus wie die Wahlbewerbung. Der Schutz beginnt mit dem Abschluss der öffentlichen Stimmenauszählung und der Feststellung des Ergebnisses durch den Wahlvorstand. Auch der Auszubildende, der erst kurz vor dem Ende seiner Ausbildungszeit in das Gremium gewählt wurde, fällt unter den Anwendungsbereich, selbst wenn ihm schon mitgeteilt wurde, dass er nicht übernommen werde.
Rz. 4
Es besteht ein nachwirkender Schutz für ein Jahr nach Ende der persönlichen Amtszeit des Auszubildenden. Dies gilt nicht, wenn das Ausscheiden auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht, wie dem Ausschluss aus dem Gremium oder seiner Auflösung (BAG, Urteil v. 21.8.1979, 6 AZR 789/77). Ersatzmitglieder sind geschützt, wenn sie nachgerückt sind, wobei die vorübergehende Vertretung eines zeitweilig verhinderten ordentlichen Mitglieds ausreicht, es sei denn, es liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Vertretungsfall in Wahrheit nicht vorgelegen hat (ArbG Erfurt, Beschluss v. 25.6.2021, 2 BV 4/21). Auch das Ersatzmitglied hat dann einen Schutz, der ein Jahr ab dem Ende der Vertretung nachwirkt (BAG, Urteil v. 21.8.1979, 6 AZR 789/77), auch wenn diese nur kurzzeitig erfolgte und in der Zeit keine relevanten Betriebsverfassungsaufgaben angefallen waren.
3 Mitteilungspflicht des Arbeitgebers
Rz. 5
Beabsichtigt der Arbeitgeber nicht, den Auszubildenden in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, muss er dies dem Auszubildenden spätestens drei Monate vor dem regulären Ende der Ausbildungszeit schriftlich mitteilen. Auch eine frühere Mitteilung ist möglich. Ist ein vorzeitiges Ablegen der Prüfung absehbar, verschiebt sich dieser Zeitpunkt entsprechend nach vorne. Der Betriebsrat ist dabei nicht zu beteiligen. Die Verletzung dieser Pflicht führt nicht zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses, jedoch kann sich der Arbeitgeber schadensersatzpflichtig machen, wenn der Auszubildende im Vertrauen auf seine Übernahme ein anderes Arbeitsverhältnis ablehnt.
4 Weiterbeschäftigungsanspruch des Auszubildenden
Rz. 6
Wenn der so geschützte Auszubildende innerhalb der letzten 3 Monate des Ausbildungsverhältnisses schriftlich seine Weiterbeschäftigung verlangt, kommt grundsätzlich kraft Gesetzes ein unbefristeter Vollzeitarbeitsvertrag zustande. Es ist Schriftform erforderlich (§ 126 BGB), Textform ist nicht ausreichend (§ 126b BGB). Der Arbeitgeber kann nach Treu und Glauben gehindert sein, sich auf eine fehlende Schriftform zu berufen (BAG, Beschluss v. 15.12.2011, 7 ABR 40/10). Dem entsprechenden Schreiben eines Minderjährigen ist die Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters beizulegen. Das unbefristete Anschlussarbeitsverhältnis wird ohne Probezeit begründet, der Arbeitgeber hatte in der Ausbildungszeit ausreichend Gelegenheit zur Erprobung. Hinsichtlich der Betriebszugehörigkeit zählt die Ausbildungszeit mit (BAG, Urteil v. 2.1.1999, 2 AZR 139/99). Mit dem form- und fristgerechten Weiterbe...