1 Leitsatz
Wird eine Wohnungseingangstür bei einem Notarzt- oder Feuerwehreinsatz beschädigt oder zerstört, damit sich das Rettungspersonal Zutritt zu der Wohnung verschaffen konnte, hat grundsätzlich der Vermieter für eine Instandsetzung oder einen Austausch der Tür zu sorgen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schaden Folge einer Pflichtverletzung des Mieters war.
2 Normenkette
BGB § 535
3 Das Problem
Der Vermieter ist verpflichtet, die Mietsache während der Dauer des Mietverhältnisses in vertragsgemäßem Zustand zu erhalten, d. h. alle dafür notwendigen Reparaturen und Erneuerungen auf seine Kosten vorzunehmen. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Mieter den Schaden an der Mietsache verschuldet hat. Dann ist der Mieter zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
4 Die Entscheidung
In der vorliegenden Streitsache kam es infolge einer Erkrankung der Mieterin zu einem Einsatz von Notarzt und Feuerwehr. Da die Mieterin die Wohnungstür nicht öffnete, wurde diese von der Feuerwehr aufgebrochen und dabei zerstört. Die Mieterin behauptete, sie sei aufgrund einer plötzlichen und schweren Erkrankung nicht mehr in der Lage gewesen, dem Notarzt die Wohnungstür zu öffnen.
Der Vermieter behauptet, eine Zerstörung der Wohnungstür sei zur zwangsweisen Öffnung nicht erforderlich gewesen. Es hätte genügt, den Glaseinsatz einzuschlagen. Ferner sei nicht nachvollziehbar, warum die herbeigerufene Feuerwehr die Wohnungstür nicht mit dem für Notfälle hinterlegten Generalschlüssel geöffnet habe.
Das Gericht betonte, dass eine Leistungsfreiheit des Vermieters allenfalls dann gegeben gewesen wäre, wenn die Tür infolge einer von der Mieterin zu vertretenden Verletzung mietvertraglicher Pflichten beschädigt oder zerstört worden wäre. Hiervon ging das Gericht aber nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht aus. Danach stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass sich die Mieterin zum Zeitpunkt der gewaltsamen Türöffnung in einer Notsituation befand und nicht mehr in der Lage war, die Tür selbst zu öffnen. Der Feuerwehrmann gab bei seiner Vernehmung als Zeuge an, dass die Mieterin beim Eintreffen der Feuerwehr auf Klingeln und Klopfen nicht reagiert habe. Gleichzeitig sei ihm vom Nachbar mitgeteilt worden, dass die Mieterin zuvor um Hilfe gerufen habe. Aus Sicht der Einsatzkräfte sei daher Eile geboten gewesen und die Tür geöffnet worden. Da es sich um eine Sicherheitstür mit diversen Einbruchsicherungen gehandelt habe, sei eine Öffnung letztlich nur mit einer Säbelsäge möglich gewesen. Dies habe zur vollständigen Zerstörung der Tür geführt. Während der Öffnung der Tür sei die Mieterin blutend im Badezimmer liegend gesehen worden. Ein Generalschlüssel sei zu diesem Zeitpunkt nicht vor Ort gewesen.
Damit stand für das Gericht fest, dass die Mieterin nicht mehr in der Lage war, die Tür selbstständig zu öffnen und die gewaltsame Öffnung daher nicht verschuldet hat. Ein plötzlicher gesundheitlicher Notfall stelle keine Verletzung der Obhutspflicht des Mieters dar. Daher war der Vermieter aufgrund seiner gesetzlichen Instandhaltungspflicht zur Erneuerung der Wohnungseingangstür auf seine Kosten verpflichtet.
5 Entscheidung
AG Hildburghausen, Urteil v. 22.5.2024, 21 C 133/23, WuM 2024, 383