Leitsatz

  1. Beschlussfassung auf (rückwirkende) Fortgeltung des Wirtschaftsplans für ein bereits abgelaufenes Geschäftsjahr ist jedenfalls nicht nichtig
  2. Nichtigkeit des Beschlusses ergibt sich auch nicht aus der Verpflichtung des Verwalters, nach Ablauf des Geschäftsjahres eine Jahresabrechnung zu erstellen (a.A. OLG Schleswig-Holstein, ZMR 2001 S. 855)
 

Normenkette

§§ 23 Abs. 4 Satz 1, 28 Abs. 3 WEG

 

Kommentar

  1. Von einer Beschlussnichtigkeit ist auszugehen, wenn ein Beschluss gegen Rechtsvorschriften verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Nichtigkeit kann sich auch daraus ergeben, dass ein Beschluss seinem Inhalt nach gegen zwingende Vorschriften oder gegen die guten Sitten verstößt, dass er im Kernbereich des Wohnungseigentums eingreift oder dass den Eigentümern keine Beschlusskompetenz eingeräumt ist (h.M.).
  2. Wohnungseigentümern ist die Beschlusskompetenz sowohl für die Billigung des Wirtschaftsplans als auch für die Verlängerung ursprünglicher Geltungsdauer grundsätzlich zugewiesen (OLG Hamm, Beschluss v. 22.6.1989, 15 W 209/89; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2003 S. 1595; KG, ZMR 2002 S. 460; BayObLG, ZMR 2003 S. 280; KG, ZMR 2005 S. 221). Eine Beschlusskompetenz der Eigentümer soll nur dann fehlen, wenn eine generelle Fortgeltung aller künftigen Wirtschaftspläne mehrheitlich beschlossen werden soll (OLG Düsseldorf, ZMR 2003 S. 862).
  3. Nichtigkeit des Fortgeltungsbeschlusses ergibt sich auch nicht daraus, dass ein Verwalter gemäß § 28 Abs. 3 WEG nach Ablauf des Kalenderjahres eine Jahresabrechnung aufzustellen hat (a.A. OLG Schleswig-Holstein, ZMR 2001 S. 855). Das Ziel des vorliegend rückwirkenden Fortgeltungsbeschlusses besteht darin, der Wohnungseigentümergemeinschaft die erforderliche wirtschaftliche Liquidität zu verschaffen, ähnlich wie im Fall einer Sonderumlagebeschlussfassung. Dabei kann es vorliegend offenbleiben, ob ein solcher Fortgeltungsbeschluss u.U. wegen des Vorrangs der Erstellung einer Jahresabrechnung anfechtbar ist; nichtig ist er jedenfalls nicht.
  4. Der Fortgeltungsbeschluss beeinträchtigt vorliegend auch nicht ein rechtlich geschütztes Vertrauen der Beklagten und stellt für diesen auch keine unzumutbare Härte dar. Der darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat auch nicht dargetan, dass seine wirtschaftliche Belastung im Fall der Erstellung bisher noch nicht beschlossener Jahresabrechnungen wesentlich geringer gewesen wäre, als dies bei Fortgeltung des Wirtschaftsplans für vorausgehende Jahre der Fall war. Insoweit geht auch der geltend gemachte Einwand unzulässiger Rechtsausübung ins Leere. Die Geltendmachung von Zurückbehaltungsrechten der Eigentümer gegenüber laufenden Wohngeldbelastungen ist überdies ausgeschlossen (h.M.).
 

Link zur Entscheidung

LG Saarbrücken, Urteil vom 21.06.2013, 5 S 141/12

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