Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
- Einberufungsfehler führen grundsätzlich nur zur Anfechtbarkeit in der Versammlung gefasster Beschlüsse
- Bei erheblichem Stimmenübergewicht einer Eigentümerseite in einer sog. Zweiergemeinschaft kann sich der eine Eigentümer nicht majorisierend selbst zum Verwalter bestellen
- Mit einem Zweitbeschluss kann grundsätzlich auch ein Erstbeschluss aufgehoben und ersetzt werden
- Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan erst zum Ende des betreffenden Wirtschaftsjahrs widerspricht dem Zweck dieses Zahlenwerks als "Haushaltsplan" der Gemeinschaft
- Nach Ausführung eines angefochtenen Beschlusses über Fassadenmalerarbeiten ist von Hauptsacheerledigung auszugehen
Normenkette
§ 24 Abs. 2 und 3 WEG, § 26 Abs. 1 WEG, § 28 Abs. 1 und Abs. 5 WEG; § 242 BGB, § 626 BGB
Kommentar
1. In sog. Zweiergemeinschaft besaß ein Ehepaar Wohnungs- und Teileigentum mit insgesamt 95/1.000 Miteigentumsanteilen, das andere Ehepaar mit 905/1.000; das Stimmrecht war gemäß Gemeinschaftsordnung ebenfalls nach Miteigentumsanteilen vereinbart.
2. Wird eine Eigentümerversammlung durch einen Eigentümer einberufen, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen des § 24 Abs. 3 WEG vorliegen, führt dies im Allgemeinen nicht zur Nichtigkeit, sondern nur zur Anfechtbarkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse (wohl nunmehr h. M., vgl. zuletzt auch BayObLG vom 17.1.2000, 2Z BR 120/99, NJW-RR 2000 S. 676).
3. Bestellt sich in dieser Zweiergemeinschaft ein Eigentümer (mitberechtigter Eigentümer) zum Verwalter, kann von rechtsmissbräuchlichem Einsatz seines Stimmenübergewichts gesprochen werden und damit von einem wichtigen Grund gegen die Bestellung bzw. einem Verstoß gegen Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung. Bereits im Zeitpunkt der Bestellung sind hier Interessengegensätze offenkundig, so dass nicht mit einem unbelasteten, für die Tätigkeit des Verwalters jedoch erforderlichen Vertrauensverhältnis zu den anderen Eigentümern zu rechnen ist (vgl. auch OLG Düsseldorf v. 28.7.1995, 3 Wx 210/95, WM 1995 S. 610/611). Auch nach bisheriger Rechtsprechung des Senats (vgl. BayObLG v. 27.7.2000, 2Z BR 112/99 ZMR 2000 S. 846 und ZMR 2001, 721) entspricht es bereits dann i. d. R. nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn ein Mehrheitseigentümer mit seinem Stimmengewicht gegen den Willen der übrigen Eigentümer eine ihm nahestehende Person zur Verwaltung bestellt. Vorliegend gab es überdies bereits in der Vergangenheit zwischen beiden Eigentümerseiten diverse Rechtsstreitigkeiten, so dass bei einer solchen Verwalterbestellung nicht die notwendige Distanz erwartet werden konnte, um als unabhängiger Sachwalter der gesamten Gemeinschaft fungieren zu können.
4. Eigentümer sind grundsätzlich auch nicht gehindert, einen bereits vorliegenden und bestandskräftigen Beschluss durch einen anderen, neuerlichen Beschluss zu ersetzen; allerdings darf insoweit nicht in die Rechte einzelner Eigentümer eingegriffen werden, die von diesen erworben wurden. Da jedoch Eigentümer im Rahmen ihrer Privatautonomie berechtigt sind, ihr Verhältnis untereinander frei zu regeln und zu gestalten, bedarf es für einen Zweitbeschluss keines sachlichen Grundes (BGHZ 113, 197); ein solcher Zweitbeschluss muss allerdings Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen und im Übrigen auch formell ordnungsgemäß zustande gekommen sein.
5. Ein erst im Dezember, also kurz vor Ablauf des Wirtschaftsjahrs, gefasster Beschluss über den Wirtschaftsplan entspricht grundsätzlich nicht ordnungsgemäßer Verwaltung; dies ergibt sich aus dem Zweck eines solchen Zahlenwerks. Ein Wirtschaftsplan bildet gewissermaßen den Haushaltsplan einer Eigentümergemeinschaft. Er ist deshalb vor oder jedenfalls zu Beginn des Wirtschaftsjahrs aufzustellen; andernfalls besteht die Gefahr, dass er nur noch für wenige Monate Geltung hat und ggf. schon von der Jahresabrechnung überholt wird (vgl. BayObLG v. 15.3.1990, BReg 2 Z 18/90, NJW-RR 1990 S. 659/660). Wird ein erst im Dezember für das laufende Jahr aufgestellter Wirtschaftsplan ersatzlos aufgehoben, führt dies auch nicht zur finanziellen Handlungsunfähigkeit einer Gemeinschaft. Insoweit bildet für Wohngeldvorschussanforderungen im laufenden Jahr der frühere Wirtschaftsplan die Anspruchsgrundlage, soweit eine Fortgeltungsklausel mitbeschlossen wurde.
6. Allerdings verstößt ein Wirtschaftsplan nur für einen Teilzeitraum eines Jahres gegen die gesetzliche Verpflichtung gem. § 28 Abs. 1 S. 1 WEG, dass ein Wirtschaftsplan nur für ein gesamtes Kalenderjahr aufzustellen ist; eine abweichende Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung war vorliegend nicht ersichtlich.
7. Wurde ein Eigentümerbeschluss, der Malerarbeiten an der Fassade zum Gegenstand hat, von einem Eigentümer angefochten, tritt Hauptsacheerledigung ein, wenn die Maßnahme durchgeführt, eine Rückgängigmachung ausgeschlossen ist und auch eine Ungültigerklärung des Beschlusses sonst keine Auswirkungen mehr haben könnte.
8. Keine Erstattung außergerichtlicher Kosten in allen Rechtszügen bei Geschäftswert III. Instanz von zuletz...