1 Leitsatz

Seit dem 1.12.2020 trifft die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Pflicht zur Durchführung von Beschlüssen.

2 Normenkette

§ 18 Abs. 1 WEG

3 Das Problem

Die Wohnungseigentümer beschließen im Jahr 2017, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer 3 Angebote für die Erneuerung einer Terrassentür einholen soll. Der optische Eindruck soll erhalten bleiben. Der Vertrag soll "in Abstimmung mit dem Beirat" mit dem "auskömmlichsten Anbieter" abgeschlossen werden. Der Verwalter V führt den Beschluss in einer Weise durch, die Wohnungseigentümer K missfällt (die Tür hat eine Schwelle und ist nicht abschließbar).

K stellt daher im Jahr 2018 gegen die anderen Wohnungseigentümer den Antrag, einen Beschluss zu fassen, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aus neuen Vergleichsangeboten über eine abschließbare Außentür/Terrassentür ein Angebot auszuwählen hat und V mit der Umsetzung beauftragt wird. Mit dem Hilfsantrag erstrebt K eine in das Ermessen des Gerichts gestellte Entscheidung, nach welcher die notwendigen und gebotenen Schritte unternommen werden, um die im Jahr 2017 eingebaute Tür durch eine Terrassentür zu ersetzen, die "von ihren Maßen und Sicherheitsstandards mindestens der ursprünglich vorhandenen Tür" entspricht. Das Landgericht weist die Klage ab. Dagegen wendet sich die Revision.

4 Die Entscheidung

Teilweise mit Erfolg! Die Klage sei im Hauptantrag gegen die anderen Wohnungseigentümer zulässig, aber unbegründet. Sie wäre begründet, wenn K einen Anspruch auf den seinem Rechtsschutzziel entsprechenden Beschluss hätte, weil nur eine Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Eine gerichtliche Beschlussersetzung sei hingegen grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die verlangte Maßnahme bereits Gegenstand einer positiven Beschlussfassung gewesen sei, die nicht angefochten worden sei. In einem solchen Fall sei eine gerichtliche Entscheidung nicht notwendig i. S. d. § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG. So liege es aber, da die Wohnungseigentümer das Notwendige bereits im Jahr 2017 beschlossen hätten. Um eine Durchführung des Beschlusses aus dem Jahr 2017, die jetzt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer schulde, gehe es mithin nicht.

Der zulässige Hilfsantrag sei hingegen begründet. Die Wohnungseigentümer stritten über den Inhalt des Beschlusses aus dem Jahr 2017. K meine hier zu Recht, danach müsse die erneuerte Tür ebenerdig und von außen abschließbar sein. Seine Sichtweise könne klarstellend durch Beschluss festgestellt werden.

5 Hinweis

Problemüberblick

Im Fall geht es aus der Sicht der Verwaltungen zum einen um die Frage, wer seit dem 1.12.2020 das gemeinschaftliche Eigentum verwaltet. Ferner stellen sich die prozessualen, hier nicht näher behandelten Fragen, ob eine Beschlussersetzungsklage i. S. d. Gesetzes "notwendig" ist, wenn die Wohnungseigentümer eine Frage bereits selbst geregelt haben, und ob die Wohnungseigentümer eine Frage durch Beschluss regeln können, die bereits geregelt ist ("deklaratorischer Beschluss").

Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums

Der BGH klärt, dass die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer das gemeinschaftliche Eigentum verwaltet. Er streicht das für die Durchführung von Beschlüssen heraus. Diese Weichenstellung gilt aber an allen Stellen. Beispiele für die Aufgaben der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sind u. a.:

  • Die Verkehrssicherung für das gemeinschaftliche Eigentum.
  • Die Verwaltung der Verwaltungsunterlagen.
  • Die Schaffung der Rahmenvoraussetzungen, dass ein Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen nehmen kann. Ferner die Durchführung der Einsichtnahme. Vor diesem Hintergrund ist derzeit streitig, ob ein Wohnungseigentümer die Einsichtnahme am "Sitz" der Gemeinschaft – der Wohnungseigentumsanlage – verlangen kann. Ich selbst meine, dies könne er nicht. Die Einsichtnahme sei weiterhin am Sitz der Verwaltung zu gewährleisten.
  • Die Vorbereitung, Durchführung und Nachbereitung der Versammlung. Zu diesem "Paket" gehören auch die Niederschrift sowie die Führung der Beschluss-Sammlung.
  • Die Durchführung von Beschlüssen.
  • Die Information der Wohnungseigentümer, beispielsweise über Gesetzesänderungen.
  • Die Aufstellung des Wirtschaftsplans und die Vorbereitung der Vorschüsse.
  • Die Jahresabrechnung und Vorbereitung der Nachschüsse bzw. der Vorschussanpassungen.
  • Die Erstellung des Vermögensberichtes.

Die Verlagerung dieser Aufgaben vom Verwalter auf die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer hat nach außen und innen die Verantwortlichkeit geändert. Nach außen und innen muss aber weiterhin die Verwaltung die Aufgaben tatsächlich leisten.

6 Entscheidung

BGH, Urteil v. 16.12.2022, V ZR 263/21

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