Leitsatz
Zwei ehelich geborene minderjährige Kinder nahmen ihren Vater auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Im Berufungsverfahren begehrten die Kinder lediglich eine Änderung der Verurteilung derart, dass der Kindesvater im Hinblick auf den Wohnsitzwechsel der beiden Kinder nicht zu Leistungen nach § 2 der RegelbetragVO, sondern nach § 1 der RegelbetragVO verurteilt wird.
Sachverhalt
Die am 24.2.1994 ehelich geborenen Zwillinge nahmen ihren Vater für die Zeit ab Mai 2001 auf Zahlung von Kindesunterhalt in Anspruch. Der Vater war zunächst zur Zahlung von je 210,14 EUR im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet worden. Sodann hatte das erstinstanzliche Gericht im Hauptverfahren ein Teilurteil mit einer Auskunftsverpflichtung des Kindesvaters erlassen, anschließend erfolgte seine Verurteilung zu monatlichen Unterhaltsleistungen i.H.v. 100 % des Regelbetrages der jeweiligen Altersstufe gem. § 2 der RegelbetragsVO. Hierbei berücksichtigte das erstinstanzliche Gericht, dass die Unterhaltsvorschusskassen - zunächst des Burgenlandkreises und dann ab Juni 2002 Berlin - Unterhaltsvorschussleistungen i.H.v. 141,00 EUR/151,00 EUR je Kind geleistet hatten.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legten die Kläger Berufung ein und begehrte eine Veränderung der Verurteilung lediglich derart, dass der Kindesvater im Hinblick auf den zwischenzeitlichen Wohnsitzwechsel nicht zu Leistungen nach § 2 der RegelbetragVO, sondern nach § 1 der RegelbetragVO verurteilt wird.
Der Kindesvater legte Anschlussberufung mit dem Ziel der Klageabweisung ein und begründete seinen Antrag mit seiner Leistungsunfähigkeit.
Entscheidung
Das OLG hielt die Berufung der Kinder für begründet. Da beide Kinder lediglich die Änderung der Tenorierung von § 2 auf § 1 der RegelbetragVO begehrten, sei ihre Beschwer ausgehend von der Differenz der unterschiedlichen Regelbeträge zu ermitteln. Im Ergebnis ergebe sich hieraus eine Beschwer von über 600,00 EUR, die Berufung sei damit zulässig.
Das OLG bejahte auch die Aktivlegitimation der Kläger. Die Unterhaltsvorschusskassen hätten - ohne Rückabtretung - Unterhaltsvorschussleistungen zwar gezahlt, deren Höhe jedoch nach UVG lediglich 100 % des Regelbetrages minus hälftigem Kindergeld betragen habe. Ein vollständiger Übergangsanspruch nach dem UVG könne daher nicht erfolgt sein. Nach § 1612b Abs. 5 BGB erfolge bei einer Unterhaltsverpflichtung von lediglich 100 % des Regelbetrages noch keine hälftige Kindergeldanrechnung, die Kinder seien mithin hinsichtlich des von ihnen gemachten Teiles des Unterhaltsanspruchs auch berechtigt, diesen gegen ihren Vater gerichtlich geltend zu machen. Insoweit habe das erstinstanzliche Gericht zutreffend die monatlichen Unterhaltsvorschussleistungen im Tenor berücksichtigt.
Erstinstanzlich hatten die Kinder nicht ausdrücklich die Anwendung von § 2 der RegelbetragVO beantragt, sondern lediglich eine Verurteilung auf 100 % des Regelbetrages begehrt. Das AG sei daher nicht nur gehalten gewesen, den gem. § 1612a Abs. 1 BGB zu bestimmenden Regelbetrag der Höhe nach selbst festzulegen, sondern auch zu entscheiden, ob § 1 oder 2 der RegelbetragVO zugrunde zu legen ist. Nach dem Wortlaut von §§ 1, 2 der RegelbetragVO richtet sich die Höhe des jeweils zu leistenden Regelbetrages ausschließlich nach dem Wohnsitz des unterhaltsberechtigten minderjährigen Kindes. Danach ist nur dann, wenn der Haushalt des betreuenden Elternteils sich in dem in Art. 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet befindet, ein geringerer monatlicher Regelbetrag festgesetzt als bei den Kindern, die im Haushalt eines Elternteiles im alten Bundesgebiet leben. Insoweit hätte das erstinstanzliche Gericht hier zwischen den beiden unterschiedlichen Wohnsitzen der Kinder unterscheiden und durch eine unterschiedliche Tenorierung berücksichtigen müssen.
Die Anschlussberufung des Kindesvaters hielt das OLG für unbegründet. Auch in der Berufungsinstanz habe er weder die Höhe seines Einkommens, noch seine Erwerbsbemühungen annähernd ausführlich bzw. schlüssig dargelegt. Nach seinem eigenen Vortrag sei nicht erkennbar, warum er nicht in der Lage sein sollte, den begehrten Unterhalt zu zahlen.
Link zur Entscheidung
OLG Naumburg, Urteil vom 26.01.2006, 8 UF 171/05