Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Besitzschutzansprüche des Teilbesitzers eines Wohnungseigentums gegenüber anderen Wohnungseigentümern
Zurückbehaltungsrecht gegenüber Anspruch eines Eigentümers auf Nutzung seines Sondereigentums (hier: einer Doppelgaragenstellplatzfläche) eingeschränkt
Verfahrensaussetzung (hier verneint)
Normenkette
§ 14 Nr. 1 und 2 WEG, § 273 BGB, § 861 BGB, § 862 BGB, § 865 BGB, § 1004 BGB, § 148 ZPO
Kommentar
1. Ein Wohnungseigentümer kann als Teilbesitzer ( § 865 BGB) gegenüber anderen Eigentümern hinsichtlich seines Sondereigentums und des Teils des Gemeinschaftseigentums, an dem ihm ein Sondernutzungsrecht eingeräumt ist, Besitzansprüche nach den §§ 861 Abs. 1, 862 Abs. 1 und 858 BGB geltend machen.
Vorliegend ging es um den Anspruch der Antragstellerin, die Antragsgegner zu verpflichten, die in ihrem Sondereigentum stehende Fläche einer Doppelgarage zu räumen, diese an sie herauszugeben sowie den Antragsgegnern unter Androhung von Ordnungsgeld aufzugeben, diese Fläche zu ihrer ausschließlichen Nutzung frei und jederzeit zugänglich zu halten. Die besagte Stellplatzfläche in der Doppelgarage gehörte auch nach Aufteilungsplan zur Wohnung der Antragstellerin und war in der Abgeschlossenheitsbescheinigung als in sich abgeschlossen bezeichnet (mit farblicher Umrandung und Ordnungszahl versehen). Selbst das Fehlen der im Plan vorgesehenen dauerhaft markierten Trennlinie stand der Entstehung von Sondereigentum an den Stellplätzen nicht entgegen (vgl. BayObLGZ 81, 332/336; OLG Köln, NJW-RR 94, 717).
Vorliegend konnte zu Recht das Landgericht von hälftiger Aufteilung der Gesamtfläche der Doppelgarage ausgehen (mangels einer abweichenden Vereinbarung). Damit waren die Antragsgegner gem. § 862 Abs. 1 S. 2, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB verpflichtet, auch künftige Beeinträchtigungen der Antragstellerin bei der Nutzung ihres Stellplatzes zu unterlassen. Unter Zugrundelegung einer Wiederholungsgefahr war damit auch die schon vom Amtsgericht ausgesprochene Androhung von Ordnungsmitteln zu Recht ergangen ( § 45 Abs. 3 WEG, § 890 Abs. 2 ZPO).
2. Gegenüber dem Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Nutzung seines Wohnungseigentums bzw. den dazugehörenden Kfz-Stellplatz in einer Doppelgarage kann ein anderer Wohnungseigentümer ein auf die Beseitigung einer anderen baulichen Veränderung gestütztes Zurückbehaltungsrecht nach § 273 Abs. 1 und 2 BGB grundsätzlich nicht geltend machen, auch wenn dieses Recht gegenüber Besitzschutz- und Unterlassungsansprüchen nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Das Nutzrecht der Antragstellerin steht im vorliegenden Fall in enger Beziehung zur Nutzung ihrer Wohnung. Auch wenn der Senat und mehrere Oberlandesgerichte die Ausübung eines Zurückbehaltungsrechts, insbesondere in Richtung einer Absperrung von Versorgungsanschlüssen, bejaht haben, so dort bisher nur als Notmaßnahme zur Durchsetzung erheblicher Wohngeldforderungen, die ansonsten nicht beizutreiben gewesen wären (vgl. BayObLG, WE 92, 347 m.w.N.).
Diese Fälle sind nicht vergleichbar mit dem vorliegenden, in dem es um die Beseitigungsverpflichtung der Antragstellerin ging, eine im Garten der Wohnanlage befindliche Brunnenanlage wieder in den früheren Zustand zu versetzen. Hier hätte ein Antragsgegner die Möglichkeit, seine Ansprüche ggf. im Wege der Ersatzvornahme ( §§ 45 Abs. 3 WEG, 887 ZPO) durchzusetzen.
3. Parallel führte ein Antragsgegner auch Klage gegen die Antragstellerin auf Rückübertragung des Wohnungseigentums gemäß kaufvertraglicher Regelung und § 18 WEG. Zu Recht wurde allerdings vom Landgericht die beantragte Aussetzung des WEG-Verfahrens abgelehnt; § 148 ZPO ist grds. auch in Wohnungseigentumssachen entsprechend anwendbar; die Aussetzung ist im Wesentlichen eine Ermessensentscheidung, bei der zu prüfen ist, ob nicht die besondere Art des Verfahrens der Aussetzung entgegensteht und ob den Beteiligten die dadurch entstehende Verfahrensverzögerung zugemutet werden kann (vgl. BayObLG, WE 96, 239/240 und 91, 80, jeweils m.w.N.). Vorliegend war die Entscheidung des Landgerichts nicht zu beanstanden, dass über die Räumung des Garagenstellplatzes umgehend entschieden werden müsste, da auch die Wohnung, zu der der Stellplatz gehörte, derzeit auf Dauer bewohnt werde.
4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von DM 5.000,-.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 05.02.1998, 2Z BR 140/97)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer