Leitsatz
Der Einlieferungsbeleg für ein Einwurfeinschreiben mit einer Leistungsverweigerung des Versicherers gemäß § 12 Abs. 3 VVG beweist nicht, dass das Einwurfeinschreiben, das der Versicherungsnehmer erhalten hat, ihm innerhalb der gewöhnlichen Postlaufzeit zugegangen ist.
Normenkette
§ 12 Abs. 3 VVG
Sachverhalt
Der Kl. beantragte bei der Bekl. Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung, weil er wegen Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule nach Bandscheibenvorfall und nach insgesamt drei Leistenoperationen arbeitsunfähig erkrankt und krankheitsbedingt seinen Beruf als Schreiner zwischenzeitlich aufgegeben und seitdem ohne Beschäftigung ist.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. Z. lehnte die Bekl. mit Schreiben vom 17.12.1999 Leistungen ab, verwies den Kl. auf eine Tätigkeit als Endkontrolleur in der Möbelindustrie und belehrte ihn über die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG sowie die Folgen ihrer Nichtbeachtung. Mit der am 16.6.2000 bei Gericht eingegangenen Klage begehrte der Kl. Rentenzahlung für drei Jahre. Die Klage ist der Bekl. am 6.10.2000 zugestellt worden, nachdem der Kl. den am 4.7.2000 angeforderten Gerichtskostenvorschuss am 15.9.2000 eingezahlt hatte.
Die Berufung des Kl. hatte teilweise Erfolg.
Entscheidung
1. Das OLG führte aus, dass entgegen der Auffassung des LG dem Klageanspruch nicht bereits deshalb Erfolg versagt sei, weil der Kl. die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG nicht gewahrt hätte. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Bekl. habe nicht zu beweisen vermocht, dass dem Kl. das Ablehnungsschreiben vom 17.12.1999 vor Ende März 2000 zugegangen ist, als der Kl. - wie er im Senatstermin vom 13.11.2001 erläutert habe - es erhalten haben will. Aus diesem Grund könne nicht festgestellt werden, die am 6.10.2000 bewirkte Zustellung der Kl. sei nicht rechtzeitig i. S. v. § 12 Abs. 3 VVG erfolgt.
a) Obwohl die Bekl. das Ablehnungsschreiben als sog. Einwurfeinschreiben an den Kl. versandt habe, sei sie nicht in der Lage, einen entsprechenden Auslieferungsbeleg der Deutschen Post AG über den Einwurf des Schriftstücks in den Briefkasten des Kl. vorzulegen. Bei einem Einwurfeinschreiben, das die Deutsche Post AG seit dem 1.9.1997 anbiete, existiere nämlich nicht nur ein Aufgabebeleg; vielmehr werde der Einwurf des Einschreibens in den Briefkasten mit Datumsangabe sowie der Unterschrift des Briefzustellers auf einem Auslieferungsbeleg bestätigt. Der Auslieferungsbeleg werde im Beleglesezentrum in Mannheim zentral für die ganze Bundesrepublik Deutschland eingescannt und für drei Jahre gespeichert, wobei der Auslieferungsbeleg vernichtet werde. Der Absender könne jedoch gegen Zahlung einer Gebühr einen schriftlichen Datenauszug über den eingescannten Auslieferungsbeleg erhalten. Einen solchen Datenauszug habe die Bekl. jedoch - wie ihr Prozessbeauftragter im Senatstermin vom 13.11.2001 zu Protokoll erklärt habe - über die Auslieferung ihres an den Kl. gerichteten Ablehnungsschreibens bei der Deutschen Post AG nicht erlangen können. Aus diesem Grund bedürfe es hier keiner Entscheidung darüber, ob jener Datenauszug den Anscheinsbeweis für die Zustellung des Schriftstückes zu dem darin dokumentierten Zeitpunkt begründen kann (vgl. zum Meinungsstand: Anscheinsbeweis bejahend; Jänich, VersR 99, 535; verneinend: Friedrich, VersR 01, 1090).
Mit dem von der Bekl. in Kopie vorgelegten Einlieferungsbeleg, aus dem sich ergebe, dass das Ablehnungsschreiben am 20.12.1999 zur Post aufgegeben wurde, könne sie den ihr obliegenden Beweis eines Zugangs des Schreibens beim Kl. innerhalb gewöhnlicher Postlaufzeit nicht führen. Denn nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung bestehe weder für normale Postsendungen noch für Einschreiben ein Anscheinsbeweis dafür, dass eine zur Post gegebene Sendung den Empfänger überhaupt oder - wenn der Zugang wie hier unstreitig sei - ihn innerhalb einer bestimmten Zeit erreicht. Die Annahme eines regelmäßigen Postganges sei im vorliegenden Fall auch deshalb zweifelhaft, weil der bei Einwurfeinschreiben üblicherweise datenmäßig erfasste Auslieferungsbeleg nicht beigebracht werden kann. Hinzu komme, dass die Versendung des Schreibens unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen erfolgte, also zu einer Zeit, zu der die Post das jährlich größte Brief- und Paketaufkommen zu bewältigen habe, sodass es nicht ausgeschlossen erscheine, dass Briefe liegen bleiben oder fehlgeleitet werden.
Der Bekl. sei auch nicht darin zu folgen, der Kl. habe durch Einreichen der Klage am 16.6.2000, also exakt einen Tag vor Ablauf einer Frist von sechs Monaten seit Datierung des Ablehnungsschreibens, jedenfalls konkludent zum Ausdruck gebracht, das Ablehnungsschreiben noch im Dezember 1999 erhalten zu haben. Der Prozessbevollmächtigte des Kl., Rechtsanwalt F., habe im Senatstermin erläutert, dass er als Fachanwalt für Sozialrecht generell Klagefristen nach dem jeweiligen Datum des Schreibens berechne, welches eine Klage in Gang setze, weil das Zugangsdatum bei der Manda...