Leitsatz (amtlich)
1. Der Einlieferungsbeleg für ein Einwurfeinschreiben mit einer Leistungsablehnung des Versicherers gemäß § 12 Abs. 3 VVG beweist nicht, dass das Einwurfeinschreiben, das der Versicherungsnehmer erhalten hat, ihm innerhalb der gewöhnlichen Postlaufzeit zugegangen ist.
2. Ist der Versicherungsnehmer seit mehr als sechs Monaten wegen Erkrankung vollständig außer Stande seinen Beruf auszuüben, und ist deshalb nach § 2 Abs. 3 BUZ von seiner Berufsunfähigkeit auszugehen, ohne dass der Versicherer – wie es geboten wäre – sich zu seiner Leistungspflicht wegen Berufsunfähigkeit erklärt, muss er sich so behandeln lassen, als habe er den Anspruch umfassend mit der Folge anerkannt, dass der Versicherer sich davon nur im Wege des Nachprüfungsverfahrens nach § 7 BUZ lösen kann.
Normenkette
VVG § 12 Abs. 3; BUZ § 2 Abs. 1 und 3, § 7
Verfahrensgang
LG Düsseldorf (Aktenzeichen 11 O 375/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das am 7.2.2001 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des LG Düsseldorf – Einzelrichter – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 38.485,53 DM nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz – max. i.H.v. 12 % – seit dem 6.10.2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 33 % und die Beklagte zu 67 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger, gelernter Schreinergeselle, unterhält bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, der die Allgemeinen Versicherungsbedingungen der Beklagten für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, Beilage B 32 (im Folgenden: AVB, vgl. GA 10 ff.), zugrunde liegen. Aus dieser Versicherung erwächst ihm im Falle mindestens 50%iger Berufsunfähigkeit eine jährliche Rente von 19.060 DM.
Am 20.7.1998 beantragte der Kläger bei der Beklagten Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung, weil er seit dem 6.1.1997 wegen Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule nach Bandscheibenvorfall L 4/L 5 und starken Schmerzen in der Leiste nach insgesamt drei Leistenoperationen arbeitsunfähig erkrankt war. Krankheitsbedingt hat der Kläger seinen Beruf als Schreiner zwischenzeitlich aufgegeben und ist seitdem ohne Beschäftigung.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Facharztes für Orthopädie Dr. Z. (GA 30) lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 17.12.1999 (GA 15) Leistungen aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung ab, verwies den Kläger auf eine Tätigkeit als Endkontrolleur in der Möbelindustrie und belehrte ihn über die Klagefrist des § 12 Abs. 3 VVG sowie die Folgen ihrer Nichteinhaltung.
Mit der vorliegenden, am 16.6.2000 bei Gericht eingegangenen Klage, begehrt der Kläger Rentenleistungen für drei Jahre, d.h. für die Zeit vom 7.7.1997 bis 7.7.2000. Die Klage ist der Beklagten am 6.10.2000 zugestellt worden (GA 20), nachdem der Kläger den am 4.7.2000 (GA 1 R) angeforderten Gerichtskostenvorschuss am 15.9.2000 (GA I) eingezahlt hatte.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, nach § 2 Abs. 3 der AVB der Beklagten gelte er seit dem 7.7.1997 als dauerhaft berufsunfähig. Die Beklagte könne ihn nicht auf die Tätigkeit als Endkontrolleur in der Möbelindustrie verweisen, weil es sich hierbei um einen sog. Nischenarbeitsplatz handele, für den ein Arbeitsmarkt praktisch nicht existiere.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 57.198 DM nebst 12 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Versäumung der Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG gerügt und i.Ü. geltend gemacht: Aus den Gründen der von ihr vorgelegten ärztlichen Stellungnahme stehe noch nicht fest, dass der Kläger dauerhaft seinen Beruf als Schreiner oder eine vergleichbare Tätigkeit nicht ausüben könne. Jedenfalls stünden dem Kläger nach § 1 Abs. 3 ihrer AVB Leistungen frühestens seit dem 1.7.1998 zu, nachdem er ihr die Berufsunfähigkeit unstreitig erstmals am 20.7.1998 gemeldet habe.
Das LG hat die Klage wegen Versäumung der Klagefrist nach § 12 Abs. 3 VVG abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, unter Zugrundelegung der gewöhnlichen Laufzeit für Einschreibesendungen sei dem Kläger das Schreiben vom 17.12.1999, einem Freitag, jedenfalls bis Freitag, den 24.12.1999, zugegangen, zumal der Zugang des Schreibens als solcher unstreitig sei. Die danach am 24.6.2000 endende Klagefrist habe der Kläger mit der am 16.6.2000, also noch vor Fristablauf, eingereichten Klage nicht gewahrt, weil diese nicht „demnächst” i.S.v. § 270 Abs. 3 ZPO, sondern erst am 6.10.2000 der Beklagten zugestellt worden sei. Die Verzögerung zwischen Klageeinreichung und Zustellung sei vom Kläger zu verantworten, weil er sich mehr als zwei Monate Zeit gelassen habe, den am 4.7.2000 angeforderten Kostenvorschuss einzuzahlen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers. Er macht geltend, das LG habe verkannt, dass die Beklagte den ihr obliegenden Beweis, wann ihm...