Zusammenfassung
Auch die Bewertung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden erfolgt bewertungsrechtlich als eigenständige wirtschaftliche Einheit. Daneben bildet das mit dem fremdem Gebäude bebaute Grundstück eine weitere wirtschaftliche Einheit. Der Beitrag klärt die Frage, wann überhaupt ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden bewertungsrechtlich vorliegt. Sodann setzt er sich mit der Bewertung der betreffenden wirtschaftlichen Einheiten auseinander und weist auch darauf hin, wem im Einzelfall der Grundbesitzwert zuzurechnen ist. Im Prinzip erfolgt die Bewertung wie bei den Erbbaurechten. Indessen gibt es einige Besonderheiten zu berücksichtigen, die in diesem Beitrag dargestellt sind. Beispiele runden das Thema ab.
1 Allgemeines
Von einem Gebäude auf fremdem Grund und Boden spricht man, wenn der Eigentümer des Grundstücks einem Dritten erlaubt hat, auf diesem Grundstück ein Gebäude zu errichten, das dem Dritten steuerlich zuzurechnen ist (§ 39 AO). Also es geht hier um Fälle, in denen das Eigentum am Grundstück (Grund und Boden) und das Eigentum am Gebäude zivilrechtlich oder wirtschaftlich betrachtet auseinanderfallen.
Nähere Erläuterungen hierzu ergeben sich aus Abschn. 38 BewErlGV 2009. Hiernach liegt in folgenden Fällen ein Gebäude auf fremdem Grund und Boden vor, mit der Folge, dass das Eigentum am Gebäude dem Nutzungsberechtigten zuzurechnen ist:
Das Gebäude ist Scheinbestandteil (§ 95 BGB) des Grundstücks. Ein solcher Fall liegt z. B. vor, wenn der Nutzungsberechtigte nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Nutzungsdauer das Gebäude wieder abreißen muss. Der Nutzungsberechtigte ist in diesem Fall zivilrechtlicher Eigentümer des Gebäudes.
Dem Nutzungsberechtigten steht gegenüber dem Eigentümer des Grundstücks (also des Grund und Bodens) bei Nutzungsbeendigung ein Anspruch auf Ersatz des Verkehrswerts des Gebäudes zu. Ein solcher Anspruch kann im Einzelfall vertraglich vereinbart werden oder sich aus dem Gesetz ergeben. Der Nutzungsberechtigte ist in diesem Fall wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 AO).
2 Zwei wirtschaftliche Einheiten
Die Bewertung von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden ist für Bewertungsfälle ab 1.1.2009 in § 195 BewG geregelt. In den Fällen von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden liegen bewertungsrechtlich 2 wirtschaftliche Einheiten vor, die gesondert zu bewerten sind:
Die eine wirtschaftliche Einheit ist das Gebäude auf fremdem Grund und Boden. Diese ist dem Eigentümer des Gebäudes (also dem Nutzungsberechtigten) zuzurechnen.
Die andere wirtschaftliche Einheit ist das belastete Grundstück (also der "nackte" Grund und Boden). Diese ist dem Eigentümer des Grundstücks zuzurechnen.
3 Wirtschaftliche Einheit "Gebäude auf fremdem Grund und Boden"
Die Wertermittlung der wirtschaftlichen Einheit "Gebäude auf fremdem Grund und Boden" ist in § 195 Abs. 2 BewG geregelt. Der Grundbesitzwert kann nach folgendem Berechnungsschema ermittelt werden:
Gebäudeertragswert oder Gebäudesachwert |
–> Ggf. niedriger Verkehrswert § 198 BewG |
= Grundbesitzwert |
Bodenwertanteil
Ein Bodenwertanteil ist bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden nicht zu berücksichtigen.
Die wirtschaftliche Einheit "Gebäude auf fremdem Grund und Boden" umfasst die Gebäude, die vom Nutzungsberechtigten errichten Außenanlagen, die sonstigen wesentlichen Bestandteile sowie das Zubehör (Abschn. 38 Abs. 2 BewErlGV 2009). Werden auf einem Grundstück nur Betriebsvorrichtungen oder Außenanlagen errichtet, liegt kein Gebäude auf fremdem Grund und Boden vor.
Die Bewertung des Gebäudewerts erfolgt – je nachdem, welcher Grundstücksart das Gebäude zuzurechnen ist – entweder nach dem Ertragswertverfahren oder nach dem Sachwertverfahren. Die übrigen Teile der wirtschaftlichen Einheit sind damit abgegolten. Das Vergleichswertverfahren (§ 183 BewG) findet keine Anwendung, weil es lediglich einen Wert für das gesamte (bebaute) Grundstück liefert und das Auseinanderfallen des Eigentums am Grund und Boden einerseits und das Eigentum am Gebäude andererseits nicht berücksichtigen kann.
Bodenwert
Ein Bodenwert ist bei der wirtschaftlichen Einheit "Gebäude auf fremdem Grund und Boden" nicht zu berücksichtigen (Abschn. 39 Abs. 1 letzter Satz BewErlGV 2009).
3.1 Bewertung nach dem Ertragswertverfahren
Das Ertragswertverfahren kommt zur Anwendung (§ 182 Abs. 3 BewG) bei Mietwohngrundstücken (§ 181 Abs. 3 BewG) sowie bei Geschäftsgrundstücken (§ 181 Abs. 6 BewG) und gemischtgenutzten Grundstücken (§ 181 Abs. 7 BewG), wenn eine übliche Miete ermittelbar ist.
Bei der Bewertung nach dem Ertragswertverfahren ist das Gebäude auf fremdem Grund und Boden mit dem Gebäudeertragswert anzusetzen (§ 195 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 i. V. m. § 185 BewG). Der Gebäudeertragswert kann nach folgendem Schema ermittelt werden (Abschn. 13 BewErlGV 2009):
Rohertrag (Jahresmiete oder übliche Miete) |
- Bewirtschaftungskosten |
= Reinertrag des Grundstücks |
- Bodenwertverzinsung |
= Gebäudereinertrag |
x Vervielfältiger (Anlage 21 zum BewG) |
= Gebäudeertragswert |
Ausgangsgröße bildet der Rohertrag (§ 186 BewG): Anzusetzen ist die tatsächliche Miete oder die ortsübliche Miete bezogen auf ein Jahr (sog. Jahres-Kaltmiete).
Als Bewi...