Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der (vorläufigen) Zulassung eines Bewerbers zur Steuerberaterprüfung im Wege der einstweiligen Anordnung.
Orientierungssatz
1. Ein Bewerber ist zur Steuerberaterprüfung im Wege der Regelungsanordnung nach § 114 Abs. 1 Satz 2 FGO nur unter den erschwerten Voraussetzungen zuzulassen, unter denen nach der Rechtsprechung auch im Falle der Vorwegnahme des Ergebnisses der Hauptsache die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als unumgänglich angesehen wird. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn dem Bewerber aus besonderen persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen die Teilnahme an der Prüfung nur zu dem beantragten Termin möglich ist oder wenn die spätere Teilnahme an einer erst nach Erledigung des Hauptsacheverfahrens durchzuführenden Prüfung für ihn deshalb ihren Sinn verliert, weil dann die angestrebte freie Berufstätigkeit als Steuerberater nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll ausgeübt werden kann.
2. NV: Im Beschwerdeverfahren kann der Beschwerdeführer seinen Antrag gegenüber der Vorinstanz zwar ändern oder erweitern. Unzulässig ist aber die Änderung des Streitgegenstandes, weil der Gegenstand der Beschwerde derjenige der Vorinstanz ist (Literatur).
Normenkette
FGO § 114 Abs. 1 S. 2; StBerG § 36 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1975-11-04; FGO § 132
Tatbestand
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) die in § 36 Abs.1 Nr.1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) für die Zulassung zur Prüfung als Steuerberater u.a. genannte Vorbildungsvoraussetzung einer dreijährigen hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens erfüllt. Gestritten wird insbesondere darum, ob eine Tätigkeit von 11 Monaten, die der Antragsteller als Justitiar und Referent bei der Oberfinanzdirektion (OFD) ausgeübt hat, zum "Steuerwesen" in diesem Sinne gehört.
Der Zulassungsausschuß beim Antragsgegner und Beschwerdegegner (Antragsgegner), dem Ministerium der Finanzen, erteilte dem Antragsteller auf seinen Antrag gemäß § 7 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften (DVStB) die Auskunft, daß er die in § 36 Abs.1 Nr.1 StBerG geforderten Vorbildungsvoraussetzungen für eine Zulassung zur Steuerberaterprüfung 1988 nicht erfülle, weil eine hauptberufliche praktische Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens während der Zeit seiner Tätigkeit bei der OFD (1.Februar bis 31.Dezember 1987) nicht angenommen werden könne. Er sei während dieser Zeit nicht überwiegend mit steuerlichen Angelegenheiten beschäftigt gewesen.
Der Antragsteller erhob gegen diese Entscheidung Klage. Gleichzeitig beantragte er beim Finanzgericht (FG) mit gleichlautendem Antrag, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, durch eine neue verbindliche Auskunft nach § 7 DVStB festzustellen, daß er bei Fortdauer der bisherigen Tätigkeit mit Ablauf des 31.Juli 1988 i.S. des § 36 Abs.1 Nr.1 StBerG nach Abschluß des Studiums drei Jahre auf dem Gebiet des Steuerwesens hauptberuflich praktisch tätig gewesen sei.
Das FG lehnte den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung ab. Es führte aus, der Antrag sei unter der Auslegung, daß der Antragsteller nur eine vorläufige Anordnung begehre, die ihm die Zulassung zur Steuerberaterprüfung 1988 eröffne, zulässig. Mit der begehrten Anordnung werde nach Auffassung des Senats die Entscheidung zur Hauptsache nicht vorweggenommen. Denn wenn sich im Hauptsacheverfahren ergebe, daß die streitige Vorbildungsvoraussetzung für die Zulassung nicht gegeben sei, könne der Bewerber aus einer bestandenen Prüfung nicht den Anspruch auf Bestellung zum Steuerberater herleiten (Hinweis auf Tiedtke, Die einstweilige Anordnung nach § 114 FGO -BFH, BStBl II 1970, 222-, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1970, 653).
Der Antrag sei aber nicht begründet, weil der Anordnungsanspruch nicht dargetan sei. Die nach § 36 Abs.1 Nr.1 StBerG vorausgesetzte praktische Berufstätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens erfordere zumindest ein Tätigwerden des Bewerbers auf diesem Gebiet, das mehr als die Hälfte seiner Arbeitszeit beanspruche. Der Antragsteller habe aber für die Dauer seiner Beschäftigung als Justitiar und Referent bei der OFD nicht nachgewiesen, daß das Schwergewicht seiner Tätigkeit auf den Arbeitsgebieten gelegen habe, die § 12 DVStB als Prüfungsgebiete der Steuerberaterprüfung aufzähle.
Der Antragsteller hat gegen den Beschluß des FG, mit dem sein Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist, Beschwerde eingelegt. Mit der Beschwerde beantragt er, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Antragsgegner zu verpflichten, ihn zu der Steuerberaterprüfung 1988 zuzulassen, hilfsweise mit der Maßgabe, daß ihm das Ergebnis der Prüfung erst nach dem Obsiegen im Hauptverfahren bekanntgegeben werde. ++/ Nachdem das FG im Hauptsacheverfahren durch Urteil vom 12. Juli 1988 die Klage auf Erteilung der begehrten Auskunft i.S. des § 7 DVStB abgewiesen hat --der Antragsteller hat dagegen die vom FG zugelassene Revision eingelegt--, beantragt der Antragsteller nunmehr, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Antragsgegner zu verpflichten, ihn zu der Steuerberaterprüfung 1988 zuzulassen. Die vorausgegangene Beschränkung des Antrags hält er unter Hinweis auf die mit der Nichtbekanntgabe des Ergebnisses des schriftlichen Teils der beabsichtigten Steuerberaterprüfung für die mündliche Prüfung verbundene nervliche Belastung nur noch hilfsweise aufrecht. /++
Zur Begründung der Beschwerde macht der Antragsteller im wesentlichen geltend, er sei mit Ablauf des 31.Juli 1988 drei Jahre hauptberuflich auf dem Gebiet des Steuerwesens praktisch tätig, so daß er die Vorbildungsvoraussetzungen des § 36 Abs.1 Nr.1 StBerG erfülle und somit antragsgemäß zur Steuerberaterprüfung zuzulassen sei. Die Tätigkeit als Justitiar in der Besitz- und Verkehrssteuerabteilung einer OFD müsse bereits eo ipso als hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens angesehen werden und nicht --wie das FG meine-- als eine "gemischte Tätigkeit". Die ablehnende Entscheidung des FG stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und zur Rechtsauffassung des Schrifttums, in denen unter Hinweis auf das Grundrecht aus Art.12 Abs.1 des Grundgesetzes (GG) die hier maßgebliche Vorbildungsvoraussetzung --hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens-- großzügig ausgelegt werde.
Zum Anordnungsgrund trägt der Antragsteller vor, er bereite sich seit Frühjahr 1988 auf die Steuerberaterprüfung vor und beabsichtige, sich nach deren Bestehen selbständig zu machen. Um sich in den Monaten August und September 1988 ganztägig auf die Vorbereitung der im Oktober 1988 stattfindenden Prüfung konzentrieren zu können, habe er sein Arbeitsverhältnis zum 31.Juli 1988 gekündigt. Seine Familie (Ehefrau und ein Kind) lebe während dieser Zeit von zuvor gebildeten Rücklagen. Er sei das berufliche und finanzielle Risiko, möglicherweise doch nicht zur nächsten Steuerberaterprüfung zugelassen zu werden, bewußt eingegangen. Die Zulassung zur Prüfung und der damit gewählte Zugang zu einem freien Beruf sei aber nun für ihn zu einer Existenzfrage geworden.
Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben.
++/ Der Antrag des Antragstellers im Beschwerdeverfahren entspricht nicht dem im finanzgerichtlichen Verfahren gestellten Antrag. Vor dem FG hat der Antragsteller beantragt, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, durch eine verbindliche Auskunft nach § 7 DVStB festzustellen, daß er ... mit Ablauf des 31. Juli 1988 i.S. des § 36 Abs. 1 Nr. 1 StBerG ... drei Jahre auf dem Gebiet des Steuerwesens hauptberuflich praktisch tätig gewesen sei. Dagegen beantragt er nunmehr im Beschwerdeverfahren, unter Aufhebung der Vorentscheidung den Antragsgegner zu verpflichten, ihn zu der Steuerberaterprüfung 1988 zuzulassen. Zwar wird für das Beschwerdeverfahren --anders im Revisionsverfahren, in dem eine Klageänderung unzulässig ist (§ 123 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--)-- die Ansicht vertreten, daß der Beschwerdeführer seinen Antrag gegenüber der Vorinstanz ändern oder erweitern kann (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 132 Rdnr. 6 m.w.N.; aber unentschieden gelassen im BFH-Beschluß vom 7. Februar 1980 VI B 97/79, BFHE 129, 310, BStBl II 1980, 210). Unzulässig ist aber auch im Beschwerdeverfahren nach herrschender Auffassung die Änderung des Streitgegenstandes, weil der Gegenstand der Beschwerde derjenige der Vorinstanz ist (Gräber/Ruban, a.a.O., § 132 Rdnr. 6; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozeßordnung, 45. Aufl., § 570 Anm. 1; Zöller/Schneider, Zivilprozeßordnung, 15. Aufl., § 570 Anm. 3). Eine solche unzulässige Änderung des Verfahrensgegenstandes könnte auch im vorliegenden Verfahren gegeben sein, weil Gegenstand der in beiden Instanzen begehrten einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners zum Erlaß unterschiedlicher Verwaltungsakte ist. Die mit der Beschwerde begehrte Zulassung zur Prüfung geht über die verbindliche Auskunft gemäß § 7 DVStB hinaus. Denn für die Zulassung zur Prüfung hat der Zulassungsausschuß nicht nur --wie bei der Auskunft-- die Vorbildungsvoraussetzungen des § 36 StBerG zu prüfen, sondern er muß auch darüber entscheiden, ob die in § 37 StBerG genannten weiteren Voraussetzungen für die Prüfung gegeben sind. /++
Der Senat braucht im Streitfall nicht zu entscheiden, ob die Beschwerde deshalb unzulässig ist, weil der Antragsteller mit seinem Antrag auf Prüfungszulassung einen anderen Streitgegenstand in das Beschwerdeverfahren eingeführt hat. Denn die Beschwerde ist, auch wenn man von der Zulässigkeit der Antragsänderung ausgeht, jedenfalls unbegründet, weil die Voraussetzungen für eine auf die Zulassung zur Steuerberaterprüfung gerichtete einstweilige Anordnung nicht vorliegen.
1. a) Einstweilige Anordnungen sind nur zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint (§ 114 Abs.1 Satz 2 FGO). In Rechtsprechung und Literatur werden unterschiedliche Auffassungen vertreten, ob durch eine solche Regelungsanordnung die Steuergerichte die Verwaltung verpflichten dürfen, einen Bewerber zur Steuerberaterprüfung vorläufig zuzulassen (vgl. hierzu die Zusammenstellung der Nachweise im Beschluß des Senats vom 21.Februar 1984 VII B 78/83, BFHE 140, 163, BStBl II 1984, 449). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH darf eine Regelungsanordnung i.S. des § 114 Abs.1 Satz 2 FGO nur eine einstweilige Regelung enthalten und das Ergebnis des Hauptprozesses nicht vorwegnehmen oder diesem endgültig vorgreifen (Beschluß des Senats vom 9.Dezember 1969 VII B 127/69, BFHE 97, 575, BStBl II 1970, 222; Beschluß vom 10.April 1975 I B 7/75, BFHE 116, 83, BStBl II 1975, 778). Eine solche Vorwegnahme des Ergebnisses des Hauptprozesses liegt nicht schon ohne weiteres vor, wenn dem Antragsteller die beantragte Rechtsposition vorläufig eingeräumt wird, falls diese Rechtsposition bei Verlust des Hauptprozesses wieder rückgängig zu machen ist. Der Erlaß einer einstweiligen Anordnung ist vielmehr, wie der Senat in BFHE 140, 163, BStBl II 1984, 449 entschieden hat, nur dann ausgeschlossen, wenn diese Anordnung "endgültig vorgreiflich" ist, also irreparable Zustände schafft, d.h. den Hauptprozeß nicht mehr entscheidungsfähig hält.
Der Senat hat im Beschluß in BFHE 97, 575, BStBl II 1970, 222 unter Hinweis auf die Vorgreiflichkeit der Entscheidung die Möglichkeit, die Verwaltung durch einstweilige Anordnung zur (vorläufigen) Zulassung eines Bewerbers zur Steuerbevollmächtigten- (Steuerberater-) prüfung zu verpflichten, allgemein verneint. In seiner späteren Entscheidung in BFHE 140, 163, BStBl II 1984, 449 hat er die Frage offen gelassen und den begehrten Erlaß einer einstweiligen Anordnung wegen der besonderen Gestaltung des Falles abgelehnt. Soweit in Schrifttum und Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, ein Bewerber könne durch einstweilige Anordnung nach § 114 FGO vorläufig zur Steuerberaterprüfung zugelassen werden, wird dies zum Teil damit begründet, der Eintritt eines irreparablen Zustandes (Vorwegnahme der Hauptsache) könne dadurch vermieden werden, daß dem Prüfungsbescheid die Bedingung beigefügt werde, der Bewerber dürfe den Antrag auf Bestellung zum Steuerberater (Steuerbevollmächtigten) erst stellen, wenn im Hauptprozeß festgestellt sei, daß er berechtigt war, an der Prüfung teilzunehmen (so Tiedtke, DStR 1970, 653; ähnlich FG München, Urteil vom 20.September 1973 IV 214/73 eA, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1973, 619; Hessisches FG, Beschluß vom 24.März 1981 III B 120/81, DStR 1981, 352; FG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 20.September 1983 2 V 13/83, EFG 1984, 203). Zum Teil wird auch --wie mit dem ursprünglich vom Antragsteller gestellten Beschwerdeantrag-- zur Vermeidung der Vorgreiflichkeit die vorläufige Zulassung zur Prüfung mit der Maßgabe gefordert, daß dem Bewerber das Ergebnis seiner Prüfung nicht mitgeteilt werden dürfe, bevor er im Hauptprozeß obsiegt habe (so Rössler, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1985, 208; FG Münster, Beschluß vom 21.September 1964 IV h 79/64, EFG 1964, 611; FG Rheinland-Pfalz, Beschluß vom 19.September 1969 II 24a/69, EFG 1969, 622).
b) Der Senat hält die vorgenannten Lösungsvorschläge nicht für geeignet, die endgültige Vorwegnahme des Ergebnisses des Hauptprozesses auszuschließen, wenn in der Hauptsache --wie nunmehr nach Umstellung des Antrags im Streitfall-- auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung geklagt wird. Mit den vorgeschlagenen Bedingungen und Maßgaben, mit denen die vorläufige Zulassung zur Prüfung im Wege der einstweiligen Anordnung verbunden werden soll, kann zwar die Bestellung des auf diese Weise (vorläufig) geprüften Bewerbers zum Steuerberater vor einer für ihn positiven Entscheidung zur Hauptsache verhindert werden. Der hoheitliche Akt der Bestellung stellt aber einen zusätzlichen Verwaltungsakt dar (§§ 40, 41 StBerG), für den es seit dem Inkrafttreten der DVStB vom 12.November 1979 eines weiteren Antrags bedarf (§§ 34 Abs.1, 53 DVStB) und der nunmehr von dem Ergebnis weiterer Ermittlungsmaßnahmen der Behörde abhängig gemacht werden kann (§ 34 Abs.2 bis 5 DVStB), während nach der früheren Rechtslage die Bestellung ... unmittelbar nach bestandener Prüfung von Amts wegen vorzunehmen" war (§ 27 Abs.1 der Verordnung zur Durchführung des Steuerberatungsgesetzes vom 1.August 1962). Die zur gerichtlichen Entscheidung anstehende Hauptsache, nämlich die Verpflichtung der Behörde zur Zulassung des Antragstellers zur Steuerberaterprüfung 1988, kann aber nicht mehr entscheidungsfähig gehalten werden, wenn der Antragsteller bereits im Wege der einstweiligen Anordnung zur Prüfung zugelassen wird und an dieser teilnimmt. Auch die als vorläufige Maßnahme vorgeschlagene Nichtbekanntgabe des Prüfungsergebnisses bis zur Entscheidung der Hauptsache ändert nichts daran, daß der Bewerber mit der auf diese Weise "vorläufigen" Prüfungszulassung sein mit dem Hauptprozeß verfolgtes Rechtsschutzbegehren, die Zulassung zur Prüfung, endgültig und irreparabel erlangt hat. Sein Interesse an der Fortführung des Verfahrens zur Hauptsache könnte sich dann nur noch auf die der Prüfung nachfolgenden Maßnahmen (Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses, Bestellung) beziehen, was aber zur Änderung des Klageantrags führen müßte.
2. Mit der vom Senat weiterhin vertretenen Auffassung, daß die Verpflichtung der Behörde zur Zulassung eines Bewerbers zur Steuerberaterprüfung im Wege der Regelungsanordnung das Ergebnis des Hauptprozesses vorwegnehmen würde, bleibt der Bewerber nicht ohne einstweiligen Rechtsschutz. Wie der Senat in BFHE 140, 163, BStBl II 1984, 449 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung ausgeführt hat, darf ausnahmsweise auch im Wege einer einstweiligen Anordnung dem Ergebnis des Hauptprozesses vorgegriffen werden, wenn die Anordnung zur Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes unumgänglich wäre, anders also --weil die Hauptentscheidung jedenfalls zu spät käme-- ein wirksamer Rechtsschutz nicht erreichbar wäre und dies für den Antragsteller zu unerträglichen Folgen führen würde. Ein solcher Ausnahmefall, in dem trotz Vorwegnahme der Hauptsache der Erlaß einer einstweiligen Anordnung zwingend geboten ist, kann nur angenommen werden, wenn neben einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg des Antragstellers in der Hauptsache eine besondere Intensität des Anordnungsgrundes gegeben ist (vgl. BFH-Beschluß vom 16.Januar 1974 II B 59/73, BFHE 111, 228, BStBl II 1974, 221; Tiedtke, a.a.O., S.654; Gräber/Koch, a.a.O., § 114 Rz.68, 69).
Wenn der Senat damit im Ergebnis in den Fällen des Antrags auf Zulassung zur Steuerberaterprüfung den einstweiligen Rechtsschutz auf besondere Fälle beschränkt, für die erhöhte Anforderungen an den Anordnungsanspruch und den Anordnungsgrund gestellt werden, die nach den §§ 114 Abs.3 FGO, 920 Abs.2 ZPO darzulegen und glaubhaft zu machen sind, so trägt er damit auch den Bedenken und Problemen der Verwaltung Rechnung, die mit einer vorläufigen Zulassung eines Bewerbers zur Steuerberaterprüfung im Wege der einstweiligen Anordnung verbunden sind. Hier ergeben sich schwierige Rechtsfragen insbesondere dann, wenn der Bewerber aufgrund einer vorläufigen Zulassung an einer Prüfung teilgenommen und diese bestanden hat, er aber eine spätere Wiederholungsprüfung, die nach einem Mißerfolg im Hauptsacheverfahren notwendig wird, nicht besteht. Es erscheint problematisch, ob dem einmal erfolgreich geprüften Kandidaten in diesem und in anderen Fällen des endgültigen Mißerfolgs (z.B. auch dauernde Nichterfüllung der streitigen Vorbildungsvoraussetzungen) die Bekanntgabe des positiven Prüfungsergebnisses auf Dauer verweigert werden kann. Damit bestünde die Möglichkeit, daß zwar die Bestellung zum Steuerberater ausgeschlossen ist, der Kandidat aber im Berufsleben von der Tatsache der erfolgreich abgelegten Prüfung Gebrauch machen könnte. Wenn diese Schwierigkeiten auch behebbar sein sollten, so rechtfertigen sie es doch, die Zulassung zur Steuerberaterprüfung im Wege der Regelungsanordnung nach § 114 Abs.1 Satz 2 FGO nur unter den erschwerten Voraussetzungen zuzulassen, unter denen nach der Rechtsprechung auch im Falle der Vorwegnahme des Ergebnisses der Hauptsache die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes als unumgänglich angesehen wird.
3. Im Streitfall kann die Verwaltung nach den vorstehenden Grundsätzen nicht im Wege der einstweiligen Anordnung zur Zulassung des Antragstellers zur Steuerberaterprüfung 1988 verpflichtet werden, weil die besondere Intensität des Anordnungsgrundes nicht dargetan ist. Der Senat braucht deshalb die Frage des Anordnungsanspruchs, auf dessen Fehlen das FG in seinem ablehnenden Beschluß abgestellt hat, nicht zu entscheiden.
Aus den in § 114 Abs.1 Satz 2 FGO für die Regelungsanordnung ausdrücklich genannten Gründen ("wesentliche Nachteile", "drohende Gewalt") ergibt sich, daß auch die "anderen (Anordnungs-) Gründe" von ähnlicher Bedeutung und Gewichtung sein müssen. Deshalb wird im allgemeinen ein Anordnungsgrund, der den Erlaß der begehrten einstweiligen Anordnung unumgänglich macht, nur angenommen, wenn die wirtschaftliche oder persönliche Existenz des Antragstellers unmittelbar bedroht ist (vgl. Tipke/Kruse, a.a.O., § 114 FGO Tz.17 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung). Für die im Streitfall erforderliche besondere Intensität des Anordnungsgrundes gilt dies in erhöhtem Maße. Im Fall der begehrten Zulassung zu einer kurzfristig bevorstehenden Steuerberaterprüfung kommen deshalb als Gründe, die den Erlaß einer einstweiligen Anordnung trotz Vorwegnahme der Hauptsache unabweisbar machen, neben der genannten Existenzgefährdung solche in Betracht, die den Antragsteller ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes auf Dauer oder jedenfalls für längere Zeit von der Teilnahme an der Steuerberaterprüfung und den mit einem Prüfungserfolg verbundenen Vorteilen ausschließen würden. Das kann etwa dann der Fall sein, wenn dem Antragsteller aus besonderen persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen die Teilnahme an der Prüfung nur zu dem beantragten Termin möglich ist oder wenn die spätere Teilnahme an einer erst nach Erledigung des Hauptsacheverfahrens durchzuführenden Prüfung für ihn deshalb ihren Sinn verliert, weil dann die angestrebte freie Berufstätigkeit als Steuerberater nicht mehr wirtschaftlich sinnvoll ausgeübt werden kann. Derartige Anordnungsgründe von besonderer Intensität hat der Antragsteller im Streitfall nicht vorgetragen.
Der Nachteil, den er erleidet, wenn er auf das Ergebnis des Hauptprozesses verwiesen wird, steht in erster Linie in der Verzögerung des Überwechselns in den angestrebten Beruf des Steuerberaters. Diese Verzögerung ist aber, wie der Senat schon in BFHE 140, 163, BStBl II 1984, 449 entschieden hat, nicht existenzgefährdend. Denn der Antragsteller kann, wie seine Beschäftigung bis zum 31.Juli 1988 gezeigt hat, seinen Lebensunterhalt auch als Arbeitnehmer verdienen; außerdem erfüllt er bereits jetzt die Voraussetzungen für die Zulassung als Rechtsanwalt. Die durch Zeitablauf eintretende Verringerung seiner Chancen, im neuen Beruf des Steuerberaters Fuß zu fassen, ist für den Antragsteller, wenn sie überhaupt besteht, nicht besonders schwerwiegend. Den Antragsteller treffen allerdings, falls er sich der Steuerberaterprüfung erst nach einem Erfolg im Hauptprozeß unterziehen kann, voraussichtlich zusätzliche Kosten für die erneute Prüfungsvorbereitung. Möglicherweise wird er auch erneut --wie im Jahre 1988 für die Monate August und September-- seine bezahlte Arbeitnehmertätigkeit unterbrechen müssen, um sich ungestört den Prüfungsvorbereitungen widmen zu können. So belastend alle diese Nachteile für den Antragsteller auch sein mögen, sind sie doch nicht unzumutbar, insbesondere wenn man die rechtlichen und tatsächlichen Probleme berücksichtigt, die mit dem Erlaß der einstweiligen Anordnung zwangsläufig für die Verwaltung und die Allgemeinheit verbunden sind (vgl. BFHE 140, 163, BStBl II 1984, 449). Dabei ist auch zu berücksichtigen, daß der Antragsteller bewußt das Risiko eingegangen ist, daß sich seine im Hinblick auf die Steuerberaterprüfung 1988 getätigten finanziellen Aufwendungen und die in Kauf genommenen Einkommensverluste bei Erfolglosigkeit des Antrags- und Beschwerdeverfahrens z.T. als vergeblich erweisen würden. Dem Antragsteller kommen indes die bisher getätigten Prüfungsvorbereitungen auch für eine spätere Steuerberaterprüfung zugute. Da der Antragsgegner lediglich einen Zeitraum von 11 Monaten (1.Februar bis 31.Dezember 1987) nicht in die vorgeschriebene Dauer der praktischen hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens einbeziehen will, kann davon ausgegangen werden, daß der Antragsteller bei Fortsetzung einer entsprechenden Berufstätigkeit, wie er sie bis zum 31.Juli 1988 ausgeübt hat, unabhängig vom Ausgang des Hauptprozesses und dem Zeitpunkt der Revisionsentscheidung zur Steuerberaterprüfung 1989 zugelassen wird. Nach alledem fehlt es also an der erforderlichen Intensität des Anordnungsgrundes.
Fundstellen
Haufe-Index 62393 |
BStBl II 1988, 956 |
BFHE 154, 31 |
BFHE 1989, 31 |
BB 1988, 2169-2169 (L1) |
HFR 1989, 23 (LT) |