Leitsatz (amtlich)
Die Zinsen für einen Kredit, den ein Arbeitnehmer zur Anschaffung eines privaten PKW aufnimmt, sind selbst dann keine Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, wenn die Anschaffung im Anschluß an eine auf einer Berufsfahrt herbeigeführte Beschädigung des früheren PKW des Arbeitnehmers erfolgt.
Normenkette
EStG § 9
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute. Der Kläger war im Streitjahr 1975 zu 80 v. H. erwerbsgemindert. Die Kläger machten deshalb gemäß § 9 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes 1975 (EStG) für Fahrten des Klägers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Berufsfahrten) den Abzug der tatsächlichen Fahrtaufwendungen geltend. Aufgrund von im Einspruchsverfahren gegen den Lohnsteuer-Jahresausgleichsbescheid 1975 vorgelegten Unterlagen der Kläger anerkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt -- FA --), daß die tatsächlichen Fahrtkosten des Klägers je Kilometer 0,378 DM betrügen. Das FA berücksichtigte dementsprechend 816,48 DM -- 270 Tage x 4 km (einfache Entfernung) x 0,756 DM -- als Werbungskosten. Soweit die Kläger noch Zinsen für einen Kredit zur Anschaffung des zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzten PKW als Werbungskosten geltend machten, weil der früher benutzte PKW infolge eines im Jahre 1974 auf einer Berufsfahrt erlittenen Unfalls habe ersetzt werden müssen, lehnte das FA dies ab. Das FA hatte die unmittelbaren Unfallkosten in Höhe von 2 800 DM als Werbungskosten (Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung -- AfaA -- nach § 9 Abs. 1 Nr. 7 i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG) für das Vorjahr (Unfalljahr) berücksichtigt.
Die Klage, mit der die Kläger die Schuldzinsen in Höhe von 600 DM als Werbungskosten abzuziehen begehrten, hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte im wesentlichen aus: Zinsen, die ein Arbeitnehmer für einen Kredit zum Erwerb eines Kraftfahrzeugs (Kfz) zahle, gehörten grundsätzlich nicht zu den Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, und zwar auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer das Fahrzeug zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutze. Dabei mache es keinen Unterschied, ob es sich um eine regelmäßige Anschaffung eines PKW handele oder ob die Anschaffung erforderlich geworden sei, weil der frühere PKW bei einer Berufsfahrt beschädigt worden sei. Denn in jedem Fall werde der Kredit nicht aufgenommen, um Schäden in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Unfall zu beseitigen, sondern um einen neuen Wagen anzuschaffen.
Mit der Revision machen die Kläger geltend, der Bundesfinanzhof (BFH) habe im Urteil vom 2. März 1962 VI 79/60 S (BFHE 74, 513, BStBl III 1962, 192) u. a. entschieden, daß alle Kosten, die wirtschaftlich mit einem Unfall zusammenhingen, z. B. auch Zinsen für ein zur Deckung der Reparaturkosten aufgenommenes Darlehen, zu den Unfallkosten rechneten. Deshalb müßten die Zinsen auch im Streitfall als Werbungskosten abziehbar sein. Zwar sei in dem zuvor genannten Urteilsfall der PKW nach dem Unfall repariert worden. Der vorliegende Fall, in dem eine Reparatur wegen Totalschadens nicht sinnvoll gewesen sei, dürfe im Ergebnis nicht anders behandelt werden.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat zum Teil Erfolg.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG gehören zu den Werbungskosten auch Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Diese können nach Satz 2 der vorbezeichneten Vorschrift bei Benutzung eines eigenen PKW für diese Fahrten aber nur mit einem Pauschbetrag von 0,36 DM je Entfernungskilometer berücksichtigt werden. Mit diesem Pauschbetrag sind nach dem Urteil des Senats vom 30. November 1979 VI R 83/77 (BFHE 129, 346, BStBl II 1980, 138) Zinsen für einen Kredit zur Anschaffung eines privaten PKW mitabgegolten, und zwar auch, soweit der PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzt wird.
In dem vorbezeichneten Urteil hat es der Senat allerdings offengelassen, ob Zinsen für einen PKW-Anschaffungskredit überhaupt Werbungskosten sind, weil jedenfalls die vorgenannte Pauschbetragsregelung den Schuldzinsenabzug verbiete. Im Streitfall machen die Kläger hingegen den Abzug der Fahrtaufwendungen nicht mit einem Pauschbetrag geltend; sie verlangen vielmehr die Berücksichtigung der vollen tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gemäß § 9 Abs. 2 EStG. Auch in diesem Fall können die Kreditzinsen aber nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit des Klägers berücksichtigt werden.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Werbungskosten Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Der Senat legt diese Vorschrift in ständiger Rechtsprechung dahin aus, daß Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit alle durch den Beruf veranlaßten Aufwendungen sind (vgl. z. B. Urteil vom 19. März 1982 VI R 25/80, BFHE 135, 479, BStBl II 1982, 442). Dabei ist nach dem vorbezeichneten Urteil eine berufliche Veranlassung anzunehmen, wenn objektiv ein Zusammenhang der Aufwendungen mit dem Beruf besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung des Berufs gemacht werden. Nach demselben Urteil ist es für den Werbungskostenabzug von Aufwendungen nicht erforderlich, daß ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Berufstätigkeit und den Aufwendungen besteht. Es genügt auch ein mittelbarer Zusammenhang. Der mittelbare Zusammenhang darf indessen nicht allzu lose und entfernt sein (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, 19. Aufl., § 9 EStG Anm. 4, -- 3--4 --). Er ist nur dann ausreichend, wenn die Aufwendungen jedenfalls in einem wirtschaftlichen Zusammenhang mit der auf Einnahmeerzielung gerichteten Tätigkeit stehen (vgl. Schmidt/Drenseck, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, 1982, § 9 Anm. 2 d). Denn Schuldzinsen sind nur insoweit als Werbungskosten abziehbar, als sie mit einer Einkunftsart in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen. Das ist für den Abzug von Zinsen ausdrücklich in § 9 Abs. 1 Nr. 1 EStG bestimmt. Dieser Zusammenhang der Kreditzinsen mit den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit ist im Streitfall nicht gegeben.
In einem ausreichenden Zusammenhang mit der Berufstätigkeit des Klägers stand zwar die Beschädigung seines PKW, weil er auf einer Berufsfahrt zerstört worden war. Deshalb hat das FA auch die AfaA im Unfalljahr als Werbungskosten zum Abzug zugelassen. Die Neuanschaffung des PKW ist nicht mehr -- in ausreichendem Maß -- beruflich veranlaßt. Denn die Anschaffung eines PKW durch einen Arbeitnehmer ist, wenn es sich bei dem Fahrzeug nicht um ein Arbeitsmittel handelt, stets ein privater Vorgang.
Die Gründe, weshalb ein Arbeitnehmer -- auch nach einem auf einer Berufsfahrt erlittenen Autounfall -- anstelle des bisherigen Fahrzeugs ein neues (auf Kredit) erwirbt, können vielfältig und von beruflichen Erwägungen völlig unabhängig sein. So kann der Arbeitnehmer z. B. ohnedies gerade ein kleineres, ein größeres, ein kostengünstigeres oder ein neues Fahrzeug habe anschaffen wollen. Solche Gründe stehen indessen mit der Berufstätigkeit in keinem Zusammenhang. Deshalb können auch die Zinsen für einen PKW-Anschaffungskredit keine Werbungskosten bei den Einkünften des Arbeitnehmers aus nichtselbständiger Arbeit sein.
Der Senat hat demgemäß bereits im Urteil vom 7. Februar 1964 VI 201/62 S (BFHE 79, 51, BStBl III 1964, 251) entschieden, daß die mit der Anschaffung eines Kfz zusammenhängenden Schuldzinsen nicht als Werbungskosten abziehbar sind. Er hält diese Aussage nach wie vor für zutreffend, soweit das angeschaffte Fahrzeug kein Arbeitsmittel des Steuerpflichtigen ist, von ihm vielmehr überwiegend privat genutzt wird. In einem solchen Fall dient die Anschaffung unmittelbar der Beschaffung von Privatvermögen. Aufwendungen auf das Vermögen sind aber grundsätzlich nicht als Werbungskosten abziehbar (vgl. Schmidt/ Drenseck, a. a. O., § 9 Anm. 2 i). Daß das angeschaffte Fahrzeug auch für Berufsfahrten genutzt wird, ist insoweit unbeachtlich, weil der Zusammenhang der Anschaffung und der hierzu erforderlichen Kreditaufnahme mit den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nur sehr entfernt ist.
Allerdings hat der erkennende Senat in dem von den Klägern angeführten Urteil in BFHE 74, 513, BStBl III 1962, 192 Zinsen für einen Kredit zur Beseitigung von Unfallschäden an einem privaten PKW als Werbungskosten beurteilt. An dieser Ansicht hält der Senat im Ergebnis fest, weil in einem solchen Fall ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Aufopferung des Vermögenswertes (PKW) und der beruflichen Fahrt des Arbeitnehmers besteht. Ein solcher Zusammenhang fehlt dagegen bei einem Arbeitnehmer, der, wenn auch nach einem auf einer Berufsfahrt erlittenen Unfall, sich zur Neuanschaffung eines PKW unter Inanspruchnahme eines Kredits entschließt. Selbst wenn er dabei die Absicht hat, den Wagen auch künftig bei Berufsfahrten zu benutzen, bleibt dieser doch ein Gegenstand seines privaten Vermögens (so schon BFHE 79, 51, BStBl III 1964, 251), weshalb -- wie ausgeführt -- ein Werbungskostenabzug entfallen muß.
Gleichwohl ist die Vorentscheidung des FG aufzuheben. Denn die von den Klägern im Streitjahr 1975 aufgewandten Zinsen für die Anschaffung des Neufahrzeugs gehören, wenn auch nicht zu den Werbungskosten, so doch zu den tatsächlichen Kosten des Fahrzeugs in diesem Jahr. zu den vom FA anerkannten Fahrzeugkosten in Höhe von 6 167 DM kommen somit weitere (Kredit-)Kosten von 600 DM hinzu. Die sich danach ergebenden Gesamtkosten von 6 767 DM führen bei der von den Klägern unbestritten zurückgelegten Gesamtfahrleistung im Streitjahr von 16 298 km zu tatsächlichen Kosten je Kilometer in Höhe von 0,415 DM statt der bisher anerkannten 0,378 DM. Deshalb sind über die vom FA berücksichtigten Werbungskosten für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 816,48 DM hinaus weitere 80 DM als Werbungskosten abziehbar.
Fundstellen
Haufe-Index 74455 |
BStBl II 1983, 17 |
BFHE 1983, 488 |