Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenurteil nach § 99 Abs. 2 FGO nur über entscheidungserhebliche Vorfrage
Leitsatz (amtlich)
1. Durch Zwischenurteil i.S. des § 99 Abs. 2 FGO darf nur über solche Vorfragen entschieden werden, über die mit Sicherheit auch in einem Endurteil zu entscheiden wäre.
2. Zur Bildung einer Rückstellung für bedingt rückzahlbare Zuwendungen.
Normenkette
EStG § 5 Abs. 1; FGO § 99 Abs. 2; HGB § 249 Abs. 1, § 247 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Berlin (EFG 1997, 1194) |
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, die in den Streitjahren 1981 bis 1985 die Instandsetzung, Modernisierung und Verwaltung von Grundstücken in Berlin betrieb.
Für das Grundstück A-Straße waren der Klägerin Fördermittel nach dem Berliner Landesmodernisierungsprogramm (LaMod) in Höhe von 1 617 800 DM bewilligt worden, davon 993 600 DM als einmaliger Zuschuß und 624 200 DM als sogenannte "Vorauszahlungsmittel". Die Fördermittel wurden aufgrund eines "Modernisierungsvertrags" zwischen dem Land Berlin, vertreten durch die Wohnungsbaukreditanstalt (WBK), und dem Grundstückseigentümer gewährt. In § 4 Abs. 4 des Modernisierungsvertrags hieß es:
"Der verbleibende Teil der Modernisierungs- und Instandsetzungskosten wird bis zu 45 % der insgesamt zugrunde zu legenden Kosten durch einen einmaligen Baukostenzuschuß, darüber hinaus durch Vorauszahlungsmittel analog § 39 Abs. 5 Städtebauförderungsgesetz abgedeckt. 10 Jahre nach mittlerer Bezugsfertigkeit wird vom Land Berlin unter Berücksichtigung der nachhaltig erzielbaren Mieten entschieden, in welcher Höhe die Vorauszahlungsmittel in Darlehen umgewandelt bzw. endgültig als Zuschuß gewährt werden."
Die Vorauszahlungsmittel waren durch Eintragung einer Grundschuld zu sichern. Bei Rücktritt der WBK von dem Vertrag ―möglich bei vertragswidrigem Verhalten des Eigentümers oder von diesem zu vertretender Unmöglichkeit― sollten sämtliche Fördermittel unverzüglich zurückzuerstatten sein. Für die Dauer von 15 Jahren nach mittlerer Bezugsfertigkeit durfte der Eigentümer keine höheren Mieten fordern oder annehmen, als sie in dem Modernisierungsvertrag vereinbart waren. In bezug auf die Vorauszahlungsmittel hieß es in § 7 Abs. 6 des Vertrags:
"… Insoweit die gewährten Vorauszahlungsmittel ab dem elften Jahr in Darlehen umgewandelt werden, erhöht sich der Mietzins um den vom Eigentümer an die WBK zu leistenden Zins- und Tilgungsbetrag."
Von den bewilligten Vorauszahlungsmitteln wurden 568 528,79 DM im Jahr 1982 ausgezahlt. Diesen Betrag wies die Klägerin in ihrer Bilanz auf den 31. Dezember 1982 als Verbindlichkeit aus. Nach Auszahlung des Restbetrags im Jahr 1983 bilanzierte die Klägerin zum 31. Dezember 1983 eine Verbindlichkeit von 626 697 DM. Der die zugesagten Mittel übersteigende Betrag von 2 497 DM wurde 1984 wieder ausgebucht. Die übrigen Fördermittel wurden von den Herstellungskosten des modernisierten Gebäudes abgesetzt.
Die Klägerin nahm bereits vor Abschluß der Gesamtarbeiten Abschreibungen gemäß § 14b Abs. 1 des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) von den Aufwendungen für Modernisierungsmaßnahmen entsprechend dem Katalog des § 14b Abs. 3 BerlinFG an den Grundstücken A-Straße und B-Straße in Anspruch. Diese Abschreibungen beliefen sich für das Grundstück A-Straße auf 315 535,35 DM (1981), 83 013,01 DM (1982) und 173 975,52 DM (1983) sowie für das Grundstück B-Straße auf 434 840,86 DM (1982) und 131 952,26 DM (1983).
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ―FA―) hielt nach Außenprüfungen die Passivierung der Vorauszahlungsmittel für unzulässig, denn eine Rückzahlungsverpflichtung sei noch nicht entstanden. Die Absetzung für Abnutzung (AfA) gemäß § 14b BerlinFG hielt das FA erst nach Abschluß der gesamten Modernisierungsmaßnahmen für abzugsfähig. In den im Anschluß an die Außenprüfungen ergangenen geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden wurden entsprechende Gewinnerhöhungen für die Streitjahre berücksichtigt. Die dagegen erhobenen Einsprüche hatten hinsichtlich beider Streitpunkte keinen Erfolg.
Mit der Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Im Zusammenhang mit ihrem Vorbringen zur Inanspruchnahme der AfA nach § 14b BerlinFG trug sie vor, es sei noch nicht festgestellt worden, welche voneinander unabhängigen Katalogmaßnahmen zu den jeweiligen Bilanzstichtagen bereits fertiggestellt gewesen seien. Bevor sie sich der Mühe unterziehe, ihre alten Unterlagen daraufhin durchzusehen, hätte sie gerne Klarheit darüber, ob das Gericht eine solche Aufteilung überhaupt für zulässig halte. Sie beantragte deshalb insoweit den Erlaß eines Zwischenurteils.
Das Finanzgericht (FG) erließ im Einverständnis mit dem FA ein Zwischenurteil, mit dem es feststellte, daß abweichend von den angefochtenen Bescheiden die Einkünfte mit der Maßgabe festzustellen seien, daß
1. die Vorauszahlungsmittel 1982 in Höhe von 568 528,79 DM und 1983 in Höhe von 626 697,00 DM zu passivieren seien,
2. Abschreibungen nach § 14b BerlinFG auch bei einheitlicher Auftragsvergabe bereits nach Abschluß einzelner abgeschlossener Katalogmaßnahmen des § 14b Abs. 3 BerlinFG zu gewähren seien,
3. die beantragten Abschreibungen gemäß § 14b BerlinFG erklärungsgemäß zu berücksichtigen seien.
Zur Begründung seiner Entscheidung (Entscheidungen der Finanzgerichte ―EFG― 1997, 1194) führte das FG im wesentlichen aus, dem sachdienlichen Wunsch der Klägerin, über die Abschreibungen nach dem BerlinFG vorab durch Zwischenurteil gemäß § 99 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu entscheiden, sei zu entsprechen. Allerdings könne nicht teilweise durch Zwischen- und teilweise durch Endurteil entschieden werden, weil die Höhe des festzustellenden Gewinns ein einheitlicher nicht teilbarer Streitgegenstand sei. Das Zwischenurteil erfasse deshalb den gesamten Gewinn. Die Vorauszahlungsmittel seien an den streitigen Bilanzstichtagen im Wege einer Rückstellung zu passivieren. Die AfA nach § 14b Abs. 1 BerlinFG könne schon nach Beendigung einer einzelnen Modernisierungsmaßnahme i.S. des § 14b Abs. 3 BerlinFG in Anspruch genommen werden.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung der §§ 6 Abs. 1 Nr. 2 und 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG), 14b BerlinFG.
Es beantragt, das Verfahren unter Aufhebung des Urteils an das FG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I.
Die Revision ist statthaft. Zwischenurteile i.S. des § 99 Abs. 2 FGO sind selbständig mit der Revision anfechtbar (Senatsurteil vom 9. September 1993 IV R 14/91, BFHE 173, 40, BStBl II 1994, 250, m.w.N.; Beschluß des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 15. November 1995 X R 12/95, BFH/NV 1996, 603; a.A. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 99 Rz. 9). Nach § 115 Abs. 1 FGO ist die Revision gegen Urteile des FG gegeben, ohne daß eine Einschränkung hinsichtlich der Urteilsart vorgesehen ist. Nicht selbständig anfechtbar ist ein Urteil dementsprechend nur dann, wenn dafür im Einzelfall eine ausdrückliche Regelung besteht, wie etwa in § 67 Abs. 3 FGO für ein Zwischenurteil nach § 97 FGO über die Zulässigkeit einer Klageänderung. Für Zwischenurteile i.S. des § 99 Abs. 2 FGO existiert keine derartige Einschränkung.
II.
Die Revision ist teilweise begründet. Sie führt zur Aufhebung des Zwischenurteils betreffend die Feststellungen zu 2. und 3. des Urteilsausspruchs.
1. Die Voraussetzungen für den Erlaß eines Zwischenurteils in bezug auf die Frage, ob erhöhte Absetzungen nach § 14b BerlinFG in Anspruch genommen werden können, liegen nicht vor.
a) Nach § 99 Abs. 2 FGO kann das Gericht durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist und nicht der Kläger oder Beklagte widerspricht. Entscheidungserheblich sind solche Vorfragen, ohne deren Beantwortung ein Urteil über die geltend gemachte Rechtsbeeinträchtigung nicht möglich ist (Gräber/ von Groll, a.a.O., § 99 Rz. 9). Ein Zwischenurteil kommt deshalb nur zu solchen Vorfragen in Betracht, über die mit Sicherheit auch in einem Endurteil zu entscheiden wäre.
b) Im Streitfall steht nicht fest, daß in einem Endurteil über die Frage zu entscheiden ist, ob bereits bei Abschluß einzelner abtrennbarer Modernisierungsmaßnahmen i.S. des § 14b Abs. 3 BerlinFG mit der Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen begonnen werden kann, auch wenn andere Maßnahmen aus diesem Katalog noch nicht abgeschlossen worden sind. Auf diese Frage käme es nur an, wenn festgestellt wäre, daß einzelne abtrennbare Katalogmaßnahmen durchgeführt worden sind. Nach der Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BFHE 174, 446, BStBl II 1994, 756; vom 10. Juni 1975 VIII R 114/71, BFHE 116, 469, BStBl II 1975, 878) ist die Aufteilung von Herstellungskosten in begünstigte und nicht begünstigte Teile davon abhängig, daß eine Aufteilung nicht nur rechnerisch, sondern auch sachlich und nachprüfbar möglich ist. Von dieser Rechtsauffassung ist auch das FG ausdrücklich ausgegangen. Es hat jedoch keine Feststellungen dazu getroffen, ob trotz des einheitlich erteilten Auftrags eine derartige Aufteilung im Streitfall vorgenommen werden kann. Ist eine solche Aufteilung nicht möglich, kommt bereits deshalb die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen vor Abschluß der Gesamtmaßnahme nicht in Betracht. Eine Entscheidung über die Inanspruchnahme der Absetzungen nach Abschluß von Teilmodernisierungen wäre dann im Endurteil nicht zu treffen.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, daß das FG die Aufteilbarkeit der Maßnahmen im Sinne der genannten Kriterien dem Grunde nach für unstreitig gehalten hat, denn einerseits läßt sich dafür den Urteilsgründen nichts entnehmen und andererseits hat es die Ausführungen zur Aufteilung der Modernisierungsmaßnahmen im Tatbestand als streitigen Klägervortrag dargestellt. Der Höhe nach ergibt sich eindeutig, daß das FG zu Feststellungen nicht in der Lage war, denn die Klägerin hatte entsprechende Angaben erst nach dem Erlaß eines Zwischenurteils machen wollen. Bei dieser Sachlage durfte das FG weder zu der Frage, von wann an die Inanspruchnahme der erhöhten Absetzungen möglich ist, noch erst recht zu der Höhe der Absetzungen ―wie im Urteilsausspruch zu 3. geschehen― ein Zwischenurteil erlassen.
c) Dieses Ergebnis steht nicht im Widerspruch zu dem mit § 99 Abs. 2 FGO verfolgten Zweck, das gerichtliche Verfahren zu beschleunigen (vgl. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 99 FGO Rz. 25). Es entspricht diesem Zweck vielmehr deshalb, weil nur bei einer strikten Beachtung der Entscheidungserheblichkeit vermieden wird, daß sich Tatsachen- und Revisionsgericht zeitaufwendig mit Rechtsfragen befassen, deren Klärung im jeweiligen Streitfall überflüssig ist. Nur so ist auch zu verhindern, daß § 99 Abs. 2 FGO zur "Hintertür für richterliche Gutachtertätigkeit" wird (Gräber/ von Groll, a.a.O.). Dem Beschleunigungsgedanken hätte im übrigen dadurch Rechnung getragen werden können, daß das FG sich zunächst darauf beschränkt hätte, in bezug auf nur eine einzige Modernisierungsmaßnahme festzustellen, ob eine sachlich nachprüfbare Aufteilung möglich ist. Bejahendenfalls und bei positiver Entscheidung über die dann insoweit streitige Rechtsfrage, hätten die übrigen Tatsachenfeststellungen folgen können.
2. Hinsichtlich der Passivierbarkeit der Rückzahlungsverpflichtung ist die Revision unbegründet.
a) Die Voraussetzungen für den Erlaß eines Zwischenurteils gemäß § 99 Abs. 2 FGO lagen insoweit vor. Die Frage, ob für die Verpflichtung zur Rückzahlung der in den Streitjahren gewährten sog. Vorauszahlungsmittel ein Passivposten zu bilanzieren war, ist entscheidungserheblich. Klägerin und FA haben dem Erlaß des Zwischenurteils insoweit nicht widersprochen. Das FG hielt eine Entscheidung durch Zwischenurteil für sachdienlich.
b) Das FG hat zutreffend erkannt, daß für die Verpflichtung zur Rückzahlung der sog. Vorauszahlungsmittel nach dem LaMod eine Rückstellung in den Bilanzen der Klägerin auszuweisen war.
aa) Die Rückzahlungsverpflichtung stellt keine gewisse Verbindlichkeit dar. Verbindlichkeit ist die Verpflichtung des Unternehmers zu einer dem Inhalt und der Höhe nach bestimmten Leistung an einen Dritten, die erzwingbar ist und eine wirtschaftliche Belastung darstellt (BFH-Urteile vom 22. November 1988 VIII R 62/85, BFHE 155, 322, BStBl II 1989, 359; vom 12. Dezember 1990 I R 153/86, BFHE 163, 146, BStBl II 1991, 479; vom 11. April 1990 I R 63/86, BFHE 160, 323; vom 20. Januar 1993 I R 115/91, BFHE 170, 234, BStBl II 1993, 373). Ist die Verpflichtung noch nicht wirksam entstanden, weil sie von dem Eintritt einer aufschiebenden Bedingung abhängt, kann danach keine Bilanzierung einer gewissen Verbindlichkeit erfolgen. Gleiches gilt nach den Senatsurteilen vom 3. Juli 1997 IV R 49/96 (BFHE 183, 513, BStBl II 1998, 244) und vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97 (zur Veröffentlichung bestimmt; offengelassen noch im Beschluß vom 21. Juni 1990 IV B 100/89, BFHE 161, 120, BStBl II 1990, 980) auch für eine auflösend bedingte Rückzahlungsverpflichtung, bei der der Gläubiger den Eintritt der Bedingung nicht einseitig herbeiführen kann. Denn wirtschaftlich betrachtet unterscheidet sich der Schwebezustand bis zum Eintritt der auflösenden Bedingung bei derartigen Fallgestaltungen nicht von Fällen, in denen eine aufschiebende Bedingung vereinbart ist. Erhält deshalb der Unternehmer betriebliche Zuwendungen, die unter einer noch nicht eingetretenen Bedingung zurückzuzahlen sind, kann nach diesen Grundsätzen offenbleiben, ob das Rechtsverhältnis als auflösend oder aufschiebend bedingte Liquiditätshilfe oder als bedingt erlaßbarer Zuschuß anzusehen ist, denn in keinem Fall handelt es sich um eine gewisse Verbindlichkeit.
Im Streitfall bestand ein Schwebezustand mindestens bis zum Ablauf des zehnten Jahrs nach mittlerer Bezugsfertigkeit des modernisierten Gebäudes. Denn erst zu diesem Zeitpunkt war nach § 4 Abs. 4 Satz 2 des Modernisierungsvertrags vom Land Berlin darüber zu entscheiden, in welcher Höhe die Vorauszahlungsmittel in Darlehen umgewandelt bzw. endgültig als Zuschuß gewährt werden sollten (vgl. BFH-Urteil vom 14. Februar 1995 IX R 5/92, BFHE 177, 93, BStBl II 1995, 380; Senatsbeschluß in BFHE 161, 120, BStBl II 1990, 980).
bb) Dem FG ist darin zuzustimmen, daß jedoch die Voraussetzungen für die Bilanzierung einer Rückstellung für ungewisse Verbindlichkeiten vorlagen. Eine solche Rückstellung ist zu bilden, wenn eine ungewisse Verbindlichkeit besteht, die im abgelaufenen Wirtschaftsjahr wirtschaftlich verursacht und deren Geltendmachung gegenüber dem Steuerpflichtigen nach den Verhältnissen am Bilanzstichtag wahrscheinlich ist (BFH-Urteil vom 28. Juni 1989 I R 86/85, BFHE 157, 416, BStBl II 1990, 550). Die nach den vorstehenden Erwägungen bestehende ungewisse Verbindlichkeit ist jeweils in dem Jahr wirtschaftlich verursacht, in dem die Vorauszahlungsmittel gewährt worden sind.
Wirtschaftlich verursacht ist eine Verbindlichkeit nach der Rechtsprechung des BFH, wenn der Tatbestand, von dessen Verwirklichung ihre Entstehung abhängt, in dem betreffenden Wirtschaftsjahr im wesentlichen verwirklicht ist und die Verbindlichkeit damit so eng mit dem betrieblichen Geschehen dieses Wirtschaftsjahres verknüpft ist, daß es gerechtfertigt erscheint, sie wirtschaftlich als eine am Bilanzstichtag bestehende Verbindlichkeit zu behandeln (BFH-Urteile vom 1. August 1984 I R 88/80, BFHE 142, 226, BStBl II 1985, 44; vom 5. Februar 1987 IV R 81/84, BFHE 149, 55, BStBl II 1987, 845; vom 23. Oktober 1985 I R 227/81, BFH/NV 1987, 123; vom 12. Dezember 1991 IV R 28/91, BFHE 167, 334, BStBl II 1992, 600; vom 10. Dezember 1992 XI R 34/91, BFHE 170, 149, BStBl II 1994, 158). Für zurückzugewährende Ertragszuschüsse hat der erkennende Senat dementsprechend angenommen, daß die Rückzahlungsverpflichtung im Jahr der Zuschußgewährung wirtschaftlich verursacht ist (Urteil in BFHE 183, 513, BStBl II 1998, 244). Nichts anderes kann dann bei Investitionszuschüssen gelten, und zwar ungeachtet ihrer bilanziellen Behandlung (vgl. dazu z.B. Senatsurteil vom 23. März 1995 IV R 58/94, BFHE 177, 385, BStBl II 1995, 702, m.w.N.).
Die Passivierung kann nicht mit dem von der Finanzverwaltung vorgetragenen Argument abgelehnt werden, daß mit der Rückzahlung der Zuwendung nicht gegenwärtiges, sondern nur künftiges Vermögen belastet sei. Die gegenwärtige Vermögensbelastung wird bereits dadurch deutlich, daß ein gedachter Erwerber des Unternehmens bei der Bemessung des Kaufpreises die Existenz einer bedingten Rückzahlungsverpflichtung berücksichtigen würde. Dies würde zu einem Abschlag vom Kaufpreis führen, der unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Rückzahlungsverpflichtung ermittelt würde, ggf. bis zur Höhe des gesamten Vorauszahlungsbetrags. Soweit mit einer Rückzahlung zu rechnen ist, handelt es sich bei dem erhaltenen Betrag um Fremd- und nicht um Eigenkapital. Erfaßt man die Zuwendung zunächst in voller Höhe als Eigenkapitalvermehrung, muß im Hinblick auf das Vorsichtsprinzip, dessen Ausprägung das Realisationsprinzip ist, eine Korrektur des Betriebsvermögens durch Bilanzierung eines Passivpostens erfolgen.
Dem steht auch nicht entgegen, daß im Fall der Umwandlung der Vorauszahlungsmittel in Darlehen in Höhe der Zins- und Tilgungsleistungen nach dem Modernisierungsvertrag eine Mieterhöhung zulässig sein sollte. Mit dieser vertraglichen Regelung wird kein Anspruch des Eigentümers gegen die Mieter auf Zahlung einer erhöhten Miete begründet. Die Vertragsklausel erschöpft sich vielmehr darin, daß insoweit eine Ausnahme von der vertraglichen Mietpreisbindung gelten sollte. Sie besagt nichts darüber, ob diese Mieterhöhung tatsächlich im Einzelfall verlangt wird und am Markt durchgesetzt werden könnte. Die Verknüpfung der Rückzahlung mit einer höheren Miete ergibt sich auch nicht daraus, daß die Prüfung, ob eine Umwandlung in Darlehen oder eine endgültige Zuschußgewährung in Betracht kommt, unter Berücksichtigung der nachhaltig erzielbaren Mieten erfolgen soll.
Wie der Senat mit seinem Urteil vom 17. Dezember 1998 IV R 21/97 (zur Veröffentlichung bestimmt) entschieden hat, gebietet das Realisationsprinzip im übrigen nicht, unabhängig von Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten einen Passivposten in voller Höhe des empfangenen Betrags zu bilanzieren, wie jüngst von Moxter (Betriebs-Berater 1998, 2464) gefordert worden ist.
cc) Die Bewertung der Rückstellung hängt davon ab, inwieweit die Inanspruchnahme der Klägerin auf Rückzahlung wahrscheinlich ist. Diese für jeden Bilanzstichtag nach den damals bekannten und vorhersehbaren Umständen erforderliche Prognose hat das FG angestellt und ist in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, daß die Klägerin in vollem Umfang mit einer Inanspruchnahme rechnen mußte.
Eine Kompensation mit zu erwartenden Rückgriffsansprüchen ist nicht vorzunehmen. Wie der BFH mit Urteilen vom 17. Februar 1993 X R 60/89 (BFHE 170, 397, BStBl II 1993, 437), vom 3. August 1993 VIII R 37/92 (BFHE 174, 31, BStBl II 1994, 444) und vom 8. Februar 1995 I R 72/94 (BFHE 176, 575, BStBl II 1995, 412) entschieden hat, kann bei der Bemessung einer Verbindlichkeitsrückstellung die Möglichkeit eines Rückgriffs gegen Dritte betragsmindernd zu berücksichtigen sein. Eine derartige Kompensation ist nach diesen Entscheidungen aber nur mit solchen am Bilanzstichtag noch nicht entstandenen Rückgriffsansprüchen möglich, die der Entstehung oder Erfüllung der Verbindlichkeit zwangsläufig und spiegelbildlich nachfolgen. Solche Rückgriffsansprüche sind im Streitfall nach den Feststellungen des FG nicht zu erkennen. Insbesondere würde die Rückzahlung der Mittel nach den vorstehenden Erwägungen nicht zwangsläufig höhere Mieteinnahmen zur Folge haben. Fehl geht insoweit auch der Hinweis des FA auf den Beschluß des Großen Senats vom 23. Juni 1997 GrS 2/93 (BFHE 183, 199, BStBl II 1997, 735). Die dort aufgestellten Grundsätze haben nur Geltung in bezug auf Rückstellungen für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften, nicht aber für Verbindlichkeitsrückstellungen.
3. Das Zwischenurteil betrifft zwei voneinander getrennte Streitpunkte, die auch in der Tenorierung der FG-Entscheidung zum Ausdruck kommen. Ist in einem solchen Fall die Revision nur in bezug auf einen Streitpunkt begründet, so kann das Revisionsgericht den diesbezüglichen Urteilsspruch aufheben, das Zwischenurteil aber im übrigen durch Zurückweisung der Revision bestätigen.
4. Eine Kostenentscheidung kann bei einem Zwischenurteil nicht ergehen; sie bleibt dem Endurteil vorbehalten (vgl. BFH-Beschluß vom 14. Mai 1976 III R 22/74, BFHE 119, 25, BStBl II 1976, 545).
Fundstellen
Haufe-Index 55081 |
BFH/NV 1999, 1029 |
BStBl II 2000, 139 |
BFHE 187, 418 |
BFHE 1999, 418 |
BB 1999, 874 |
BB 1999, 894 |
DB 1999, 880 |
DStRE 1999, 355 |
HFR 1999, 472 |
StE 1999, 247 |