Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze Arbeitsrecht Handelsrecht Gesellschaftsrecht Verfahrensrecht/Abgabenordnung Handelsrecht Gesellschaftsrecht Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Auswirkungen eines nach dem Währungsstichtag, aber vor dem Ergehen des LAG durchgeführten gerichtlichen Vergleichsverfahrens auf die Vermögensabgabe des Vergleichsschuldners.
Normenkette
LAG §§ 20, 34, 38, 50, 60, 63, 77; KO §§ 61, 65; AO § 147; VerglO §§ 25-26, 30, 55, 82
Tatbestand
Die Bf. wurden durch Bescheid vom 30. August 1956 zur Vermögensabgabe herangezogen. Die Vermögensabgabeveranlagung wurde unanfechtbar. Sowohl vor als auch nach der Veranlagung hat der Vertreter der Bf. um Stundung und Erlaß der Vermögensabgabe wegen Vermögensverfalls gebeten. Er hat dabei auf die wirtschaftliche Bedrängnis der Bf. hingewiesen, die dazu geführt habe, daß das am 21. Juni 1948 vorhanden gewesene Betriebsvermögen des Ehemannes, das den einzigen zur Vermögensabgabe herangezogenen Vermögensgegenstand darstellte, infolge Zahlungsschwierigkeiten im Zuge eines im Jahre 1952 durchgeführten gerichtlichen Vergleichsverfahren, in welchem die Gläubiger auf 50 v. H. ihrer Forderungen verzichtet hätte, in der Hauptsache untergegangen und der Betrieb auf Dritte übergegangen sei. Mit Schreiben vom 8. April 1959 bat der Vertreter der Bf. unter nochmaligem Hinweis auf das am 7. März 1952 durch Bestätigung des Amtsgerichts abgeschlossene gerichtliche Vergleichsverfahren das Finanzamt um Feststellung, ob seitens des Finanzamts die Vermögensabgabe im Vergleichsverfahren angemeldet worden sei; sei dies nicht der Fall gewesen, so würde sowohl nach der Vergleichsordnung als auch nach § 203 LAG Verjährung Platz greifen.
Hierauf erließ das Finanzamt am 26. November 1959 gegen die Bf. einen Bescheid über die sofortige Fälligkeit der Vermögensabgabe, in welchem es die sofortige Fälligkeit der noch nicht fälligen, noch nicht entrichteten Vierteljahrsbeträge anordnete, weil über das Vermögen des beschwerdeführenden Ehemannes am 11. Februar 1952 das gerichtliche Vergleichsverfahren eröffnet worden sei. Als maßgebenden Zeitpunkt für die Berechnung des Zeitwerts der Vermögensabgabe stellte es den 11. Februar 1952 fest und errechnete den zu erhebenden Zeitwert auf 11.551,10 DM. Unter Abschnitt C "Erläuterungen" wies das Finanzamt wegen der Wiederverrentung der Vermögensabgabe und der Festsetzung des künftigen kassenmäßigen Vierteljahrsbetrags ab 1. Januar 1960 (Rate 77) auf eine gesonderte Verfügung des Finanzamts vom 17. November 1959 hin. In diesem Schreiben führte das Finanzamt u. a. aus, die vor Inkrafttreten des LAG zustandegekommenen Vergleiche seien mit gerichtlicher Vergleichsbestätigung auch dem Finanzamt gegenüber wirksam, soweit es am Vergleich kraft Gesetzes teilgenommen habe. Hinsichtlich der Teile seiner Forderung, denen im Konkurs ein Vorrecht einzuräumen gewesen wäre, habe das Finanzamt gemäß § 26 Abs. 1 der Vergleichsordnung jedoch nicht am Vergleich teilgenommen. Das Vorrecht beschränke sich gemäß § 63 Abs. 2 Ziff. 2 LAG auf die Summe von zehn Vierteljahrsbeträgen; dies seien die ab 1. April 1952 bis 30. September 1954 fällig gewordenen Raten 108 bis 99 und errechneten sich auf 2.031,50 DM. Dieser Betrag sei von dem auf 11.551,10 DM errechneten gesamten Zeitwert der Vermögensabgabe abzusetzen; der Restbetrag von 9.519,60 DM stelle die Vergleichsforderung dar. Bei einer Vergleichsquote von 50 v. H. ergebe sich für das Finanzamt ein nicht bevorrechtigter Vergleichsbetrag von 50 v. H. von 9.519,60 DM = 4.759,80 DM. Dieser Betrag sowie der bevorrechtigte Betrag von 2.031,50 DM, der sich durch Zahlung im Jahre 1952 um 810 DM auf 1.221,50 DM verringert habe, stellten die vom Finanzamt nunmehr geforderten Vermögensabgabebeträge dar. Eine Verjährung sei nicht eingetreten. Der Betrag von 1.221,50 DM sei längst fällig gewesen und sei nunmehr innerhalb eines Monats zu entrichten. Der nach dem Vergleich ausgefallene Betrag sei als erlassen zu behandeln. In Höhe der mit 50 v. H. des Zeitwerts fälligen Vergleichsquote von 4.759,80 DM werde aus Billigkeitsgründen gemäß § 3 der Zweiundzwanzigsten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz vom 19. Juli 1958 (22. AbgabenDV-LA) eine Wiederverrentung mit Wirkung ab 1. Januar 1960 vorgenommen und der sich hiernach ergebende neue Vierteljahresbetrag auf 99,20 DM nach Abzug der Familienermäßigung auf 79,20 DM festgesetzt. Mit dieser Regelung sei der gesamte Vermögensabgabefall der Bf. abgewickelt.
Der gegen diesen Bescheid eingelegte Einspruch wurde als unbegründet zurückgewiesen. In der Einspruchsentscheidung wies das Finanzamt die Bf. darauf hin, daß wegen etwaiger Einwendungen gegen die Wiederverrentung das Beschwerdeverfahren gegeben sei. Mit Verfügung vom 18. Dezember 1959 teilte das Finanzamt den Bf. mit, die Ausführungen der Berufungsschrift vom 11. Dezember 1959 seien teilweise auch als Beschwerde gegen die Wiederverrentung anzusehen, das Finanzamt habe deshalb die Beschwerde der Oberfinanzdirektion zur Entscheidung vorgelegt. Soweit die Akten erkennen lassen, ist noch keine Entscheidung ergangen.
Auch die Berufung blieb erfolglos. Eine Verjährung der Vermögensabgabeforderungen sei nicht eingetreten. Die Vermögensabgabeschuld sei keine Betriebsschuld, sondern eine persönliche Schuld, so daß mit dem übergang des gewerblichen Betriebs des Ehemanns nicht auch die Vermögensabgabeschuld übergegangen sei. Die Anordnung der sofortigen Fälligkeit mit dem Zeitwert gemäß § 50 LAG auf Grund des Vergleichsverfahrens sei auch nachträglich zulässig gewesen, da die Ansprüche aus dem Vergleich nicht untergegangen seien; dies gelte auch für nicht angemeldete Forderungen. Das Finanzamt habe lediglich die sich aus dem Vergleich ergebende Quote sowie die ihm zustehenden und vom Vergleich nicht berührten bevorrechtigten zehn Vierteljahrsbeträge gefordert, so daß die als fällig angeforderten Beträge den gesetzlichen Bestimmungen entsprächen.
Mit der Rb. wird beantragt, die angeforderte Vermögensabgabeschuld als nicht begründet "abzusetzen". Es wird wiederum vorgetragen, die Vermögensabgabeschuld, so wie sie vom Finanzamt in dem angefochtenen Bescheid errechnet worden sei, könne nicht mehr angefordert werden. Einmal sei die Vermögensabgabeschuld als Betriebsschuld von der Betriebsübernehmerin übernommen worden, da diese den Betrieb mit allen Aktiven und Passiven übernommen habe; auch lägen die Voraussetzungen des § 25 HGB bezüglich der Schuldenhaftung des Erwerbers vor. Im übrigen hätte das Finanzamt im Vergleich seine Ansprüche geltend machen können und müssen. Das Finanzamt habe jedoch am 21. Mai 1953 selbst bescheinigt, daß keine Steuerschulden der Firma aus der Zeit vor dem 30. September 1952 bestanden hätten. Dem Veranlagungsbescheid vom 30. August 1956 könne keine Rechtskraft beigemessen werden, weil er unter Außerachtlassung der sich aus dem gerichtlichen Vergleichsverfahren ergebenden Folgerungen ergangen sei. Wenn die Anordnung der sofortigen Fälligkeit nach § 30 der Vergleichsordnung und §§ 50, 63 LAG zwingendes Recht sei, dann könne erst der Bescheid über die sofortige Fälligkeit der Vermögensabgabe vom 26. November 1959 als erste Folgerung des Finanzamts aus dem am 11. Februar 1952 eröffneten gerichtlichen Vergleichsverfahren angesehen werden; dazwischen läge aber eine Zeitspanne von sieben Jahren. Es widerspreche Treu und Glauben, wenn das Finanzamt sieben Jahre nach Abschluß des Vergleichsverfahrens dieses zum Anlaß nehme, die Vermögensabgabeschuld fällig zu stellen. Insoweit müsse Verwirkung angenommen werden. Verfahrensmäßig unterlägen Forderungen der Finanzverwaltung im Vergleich wie alle anderen Forderungen dem Vergleichsrecht; dieses Recht erstrecke sich auch auf die Verwirkung bzw. Verjährung von Forderungen, sofern im Verfahren beim Vergleichsgericht weder vom Gläubiger noch vom Schuldner eine Forderung gemeldet worden sei; die unterlassene Anmeldung ziehe Verjährung nach § 55 der Vergleichsordnung nach sich. Ersatzweise werde beantragt, eine Entscheidung des Amtsgerichts, bei dem das Vergleichsverfahren anhängig gewesen sei, herbeizuführen. Schließlich sei nicht beachtet worden, daß sich nur der beschwerdeführende Ehemann im Vergleichsverfahren befunden habe, nicht auch die Ehefrau; nach Vergleichsrecht habe sich demnach die Haftung allein auf den Ehemann erstreckt. Da Vergleichsrecht vor Steuerrecht gehe, könne im anhängigen Verfahren die Haftung nicht auf die Ehefrau ausgedehnt werden.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidungen und des Bescheids über die sofortige Fälligkeit vom 26. November 1959 sowie der Verfügung vom 17. November 1959, soweit letztere nicht ausschließlich Billigkeitsmaßnahmen zum Gegenstand hat.
I. - Gemäß § 20 LAG gilt die Vermögensabgabeschuld als zu Beginn des 21. Juni 1948 entstanden. Die nach Anrechnung der Soforthilfeabgabe (SHA) verbleibende Abgabeschuld ist bis zum 31. März 1979 in gleichen vierteljährlichen Teilbeträgen (Vierteljahrsbeträgen) zu entrichten (ß 34 LAG), deren Fälligkeit in den §§ 49 bis 52 LAG im einzelnen festgelegt ist. Hiernach handelt es sich bei den Vierteljahresbeträgen, sofern nicht besondere in den §§ 50 bis 52 LAG vorgesehene Umstände gegeben sind, grundsätzlich um eine Abgabeschuld in gesetzlich befristeten Teilleistungen, die jeweils am 10. Februar, 10. Mai, 10. August und 10. November eines jeden Jahres fällig werden und erstmals am 10. Mai 1952 fällig geworden sind. Im Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens (11. Februar 1952) war demnach die Vermögensabgabeschuld zwar entstanden, aber noch nicht fällig. Nach § 30 Satz 1 der Vergleichsordnung gelten betagte Forderungen als fällig. Diese Fälligkeitsregelung der Vergleichsordnung bezieht sich, was aus § 26 Abs. 1 der Vergleichsordnung zu entnehmen ist, nur auf die Forderung der Vergleichsgläubiger (vgl. Bley, Kommentar zur Vergleichsordnung, 2. Aufl., § 30 Anm. 1; Böhle-Stamschräder, Vergleichsordnung, 5. Aufl., § 30 Anm. 2). Nach § 26 Abs. 1 der Vergleichsordnung sind Gläubiger, deren Forderungen im Konkurs ein Vorrecht genießen, nicht Vergleichsgläubiger. Welcher Teil der Vermögensabgabeforderung im Konkurs bevorrechtigt ist, ergibt sich aus § 63 Abs. 2 LAG. Hiernach wird das sich aus § 61 Nr. 2 der Konkursordnung (KO) für Forderungen wegen öffentlicher Abgaben ergebende Recht auf bevorzugte Befriedigung für die Vermögensabgabe erstens ausgedehnt auf die in den beiden letzten Jahren vor der Konkurseröffnung fällig gewordenen Vierteljahrsbeträge und zweitens hinsichtlich der erst durch die Konkurseröffnung fällig gewordenen Vierteljahrsbeträge beschränkt auf die Summe von zehn weiteren Vierteljahrsbeträgen (Nennbeträgen). Soweit hiernach Vermögensabgabeforderungen bevorrechtigt sind, haben sie nicht den Charakter von Vergleichsforderungen im Sinne des § 26 Abs. 1 der Vergleichsordnung. Hieraus folgt, daß der Teil der bevorrechtigten Vermögensabgabeforderungen, der im Zeitpunkt der Vergleichseröffnung noch nicht fällig gewesen ist, also die in § 63 Abs. 2 Nr. 2 LAG genannte Summe von zehn weiteren Vierteljahrsbeträgen (Nennbeträgen), - da keine Vergleichsforderung - nicht schon gemäß § 30 der Vergleichsordnung als fällig gilt; vielmehr bedarf es, um auch diese Forderung als fällig behandeln zu können, insoweit der ausdrücklichen Fälligstellung durch das Finanzamt gemäß § 50 LAG. Die Anordnung der sofortigen Fälligkeit ist nur zulässig, wenn die in § 50 Abs. 1 LAG genannten Voraussetzungen vorliegen.
Da die Vierteljahresbeträge, soweit sie gemäß § 63 Abs. 2 LAG das Konkursvorrecht genießen, keine Vergleichsforderungen sind, werden sie vom Vergleich nicht betroffen. Im übrigen aber ist der gerichtlich bestätigte Vergleich gemäß §§ 25 Abs. 1, 82 Abs. 1 der Vergleichsordnung für und gegen alle Vergleichsgläubiger wirksam, auch wenn sie an dem Verfahren nicht teilgenommen oder gegen den Vergleich gestimmt haben. Dies bedeutet, daß auch das Finanzamt, soweit es als Vergleichsgläubiger hinsichtlich seiner Vermögensabgabeforderungen durch den Vergleich betroffen worden ist, gleichviel ob es sich an dem Vergleichsverfahren selbst beteiligt hat oder nicht, die vereinbarte Vergleichsquote gegen sich gelten lassen muß. Der gerichtlich bestätigte Vergleich hat die weitere rechtliche Folge, daß die betagten Forderungen, soweit sie nach § 30 der Vergleichsordnung als fällig zu gelten haben, auch weiterhin, und zwar endgültig fällig bleiben (vgl. Bley, a. a. O., § 30, Anm. 5; Böhle-Stamschräder, a. a. O., § 30, Anm. 3).
II. - Im Streitfall hatte sich das Finanzamt an dem Vergleichsverfahren selbst nicht beteiligt. Gleichwohl ist der vom Vergleichsgericht bestätigte Vergleich gemäß §§ 25 Abs. 1, 82 Abs. 1 der Vergleichsordnung auch gegenüber dem Finanzamt wirksam geworden, soweit es nach den vorstehenden Ausführungen kraft Gesetzes am Vergleich teilgenommen hat. Die Vergleichsforderung des Finanzamts ergab sich hinsichtlich der Vermögensabgabe in entsprechender Anwendung der in § 50 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 LAG in Verbindung mit § 65 Abs. 1 KO enthaltenen Bestimmungen aus der Höhe des auf den Tag der Eröffnung des Vergleichsverfahrens zu errechnenden Zeitwerts (ß 77 LAG) nach Abzug der gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 2 LAG bevorrechtigten Summe von zehn Vierteljahresbeträgen. Da die Vergleichsquote 50 v. H. betrug, muß die Hälfte der Vergleichsforderung des Finanzamts an Vermögensabgabe als erlassen angesehen werden. Die nicht als erlassen zu behandelnde Hälfte war den obigen Ausführungen gemäß auch nach Abschluß des Vergleichsverfahrens als weiterhin fällig anzusehen. Hinsichtlich der Summe der zehn weiteren Vierteljahresbeträge, die gemäß § 63 Abs. 2 Nr. 2 LAG bevorrechtigt war und daher als vom Vergleich nicht betroffen zu gelten hatte, war eine sofortige Fälligstellung bei Vergleichseröffnung nicht erfolgt. Dem durch den Vergleich herbeigeführten Erlaß von 50 v. H. der Vergleichsforderung an Vermögensabgabe war bei der nachfolgenden Veranlagung zur Vermögensabgabe Rechnung zu tragen, da insoweit die Vermögensabgabe nicht mehr geschuldet war. Dies hat das Finanzamt nicht getan. Es hat nicht nur die Vermögensabgabe in voller Höhe berechnet, ohne den Erlaßbetrag zu berücksichtigen, sondern hat vom vollen Vermögensabgabebetrag auch die ursprünglichen Vierteljahrsbeträge festgesetzt und die nach Berücksichtigung der Familienermäßigung verbleibenden Vierteljahrsbeträge von den Bf. angefordert, obwohl die sofortige Fälligkeit aller nicht als erlassen geltenden Vierteljahrsbeträge infolge des gerichtlich bestätigten Vergleichs bereits eingetreten und bestehen geblieben war. Die Vermögensabgabeveranlagung ist einschließlich des auf die Entrichtung der festgesetzten Vierteljahrsbeträge gerichteten Leistungsgebots unanfechtbar geworden, da die Bf. gegen die den Vergleich nicht berücksichtigende Veranlagung kein Rechtsmittel eingelegt hatten. Der Versuch des Finanzamts, diese fehlerhafte Vermögensabgabeveranlagung und die Verrentung der bereits fällig gewesenen Vermögensabgabe-Vierteljahrsbeträge durch den Bescheid über die sofortige Fälligkeit der Vermögensabgabe und durch die Begleitverfügung vom 17. November 1959 zu korrigieren, war nicht geeignet, zu dem gewünschten Erfolg zu führen. Mit Recht wird von den Bf. darauf hingewiesen, daß die im Februar 1952 erfolgte Vergleichseröffnung nicht mehr die rechtliche Grundlage dafür bieten konnte, im Jahre 1959 einen Bescheid über die sofortige Fälligkeit zu erlassen, nachdem das Vergleichsverfahren bereits im März 1952 durch Beschluß des Vergleichsgerichts bestätigt worden war. Ob sonstige Gründe vorgelegen haben, die die Voraussetzungen des § 50 Abs. 1 LAG als erfüllt erscheinen lassen, ist aus den Akten nicht mit Sicherheit zu entnehmen, kann aber auch dahingestellt bleiben, da das Finanzamt den angefochtenen Bescheid jedenfalls nicht auf andere Gründe gestützt und außerdem als für die Zeitwertberechnung maßgebenden Zeitpunkt den Tag der Eröffnung des Vergleichsverfahrens zugrunde gelegt hat. Dieser Bescheid aber entbehrt der Rechtsgrundlage und war daher aufzuheben. Das gleiche gilt für die Begleitverfügung des Finanzamts vom 17. November 1959, soweit sie nicht Billigkeitsmaßnahmen enthält, die zwar im Hinblick auf die durch die Veranlagung zur Vermögensabgabe im Jahre 1956 bereits erfolgte Verrentung gegenstandslos geworden sind, über die jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen hier nicht zu entscheiden ist. Dementsprechend mußten auch die Vorentscheidungen aufgehoben werden. Um die fehlerhafte Vermögensabgabeveranlagung aus Rechtsgründen richtigzustellen, hätte das Finanzamt die Möglichkeit gehabt, eine Berichtigung gemäß § 222 Abs. 1 Ziff. 4 AO herbeizuführen. Ist diese Möglichkeit nicht mehr gegeben, so wird das Finanzamt zu prüfen haben, ob es im Billigkeitswege das Ergebnis herbeizuführen hat, zu dem die Veranlagung hätte gelangen müssen, wenn der Vermögensabgabeausfall auf Grund des gerichtlichen Vergleichsverfahrens ordnungsmäßig berücksichtigt worden wäre. Es mag sein, daß dies auch das Ziel der Maßnahmen des Finanzamts vom November 1959 gewesen ist, der vom Finanzamt zur Erlangung dieses Ziels eingeschlagene Weg der sofortigen Fälligstellung der Vermögensabgabe auf den 11. Februar 1952 war jedoch rechtlich nicht möglich. Zur Berechnung des Erlaßbetrages bedarf es nicht mehr der Fälligstellung durch einen förmlichen Bescheid, der aus den oben dargelegten Gründen ohnehin nicht mehr zulässig ist. Vielmehr stellen die als nachträgliche Vergleichsforderung zu errechnenden Beträge nur Berechnungsgrößen dar, die der zutreffenden Ermittlung des Erlaßbetrages als Berechnungsgrundlage dienen. Aus diesem Grunde schon entfällt der in die Form eines Ersatzantrages gekleidete Einwand der Bf., über die Höhe der Vergleichsforderung und der bevorrechtigten, nicht vom Vergleich betroffenen Vermögensabgabe-Teilforderung in Höhe der Summe von zehn weiteren Vierteljahrsbeträgen hätte das Vergleichsgericht zu entscheiden. Der gegebenenfalls im Billigkeitswege zu erlassende Betrag wäre hiernach die Differenz zwischen dem Betrag, der sich ergeben hätte, wenn bei der Vermögensabgabeveranlagung der Vergleich ordnungsmäßige Berücksichtigung gefunden hätte, und dem Betrag, zu dem die Veranlagung wirklich erfolgt ist. Entsprechendes hätte auch für die Berechnung und Festsetzung der Vierteljahresbeträge zu gelten.
III. - Zu Unrecht berufen sich die Bf. dagegen auf den Eintritt der Verjährung. Eine Verjährung der Zins- und Tilgungsleistungen der Vermögensabgabe (ß 203 Abs. 3 LAG - Hinweis auch auf das Urteil des Senats III 265/60 S vom 14. Dezember 1962, BStBl 1963 III S. 169, Slg. Bd. 76 S. 467) ist nicht eingetreten, da, wie aus den Akten ersichtlich ist, laufend Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 147 AO stattgefunden haben. So sind durch Verfügung des Finanzamts vom 17. Dezember 1953 die Vorauszahlungen auf die Vermögensabgabe festgesetzt worden; im August 1955 sind die Bf. zur Abgabe der Vermögensabgabeerklärung aufgefordert worden, die sie im September 1955 eingereicht haben; im August 1956 hat die Vermögensabgabeveranlagung stattgefunden; gleichzeitig sind die Vermögensabgaberaten 108 bis 91 sowie die anschließend fällig gewordenen Vermögensabgaberaten "bis zur Durchführung eines eventuellen Erlasses an Vermögensabgabe" gestundet worden; schließlich ist im November 1958 weitere Stundung der Raten 108 bis 82 bis zum 31. Dezember 1958 erfolgt, so daß die Verjährung auch der ältesten Vermögensabgaberaten immer wieder unterbrochen worden ist. Rechtsirrig ist die Ansicht der Bf., die unterlassene Anmeldung der Vergleichsforderung ziehe Verjährung nach § 55 der Vergleichsordnung nach sich. Diese Bestimmung handelt vielmehr nur von der zuungunsten des Vergleichsschuldners eintretenden Hemmung der Verjährung der Ansprüche der Vergleichsgläubiger, statuiert aber keinen eigenen Verjährungsgrund. Der Charakter der Vergleichsforderung erfährt auch durch den Vergleich grundsätzlich keine änderung, so daß die öffentlich-rechtliche Abgabeforderung auch nach Bestätigung des Vergleichs eine solche bleibt; der Vergleich enthält keine Novation (vgl. Bley, a. a. O., § 82 Anm. 12, und Böhle-Stamschräder, a. a. O., § 82 Anm. 2). Für die Verjährung der Forderung auf Vermögensabgabe bleiben die nach dem Abgabenrecht geltenden Bestimmungen auch schon darum maßgebend, weil die Vermögensabgabeforderung im Gläubigerverzeichnis weder enthalten noch in diesem als unbestritten vermerkt war. Ebensowenig kann der von den Bf. mehrfach vorgetragene Gesichtspunkt einer Verwirkung hinsichtlich der Vergleichsforderung selbst in diesem Zusammenhang anerkannt werden, zumal weder von dem Bf. dargetan worden ist, noch sich aus den Akten ergibt, daß es sich bei dem Vergleich etwa um einen Liquidationsvergleich im Sinne des § 7 Abs. 4 der Vergleichsordnung gehandelt hätte (vgl. auch Bley, a. a. O., § 82 Anm. 9 und § 7 Anm. 14 b).
Auch der Einwand der Bf., durch den übergang des Betriebs mit allen Aktiven und Passiven sei die Vermögensabgabeschuld auf die Erwerberin übergegangen, geht fehl. Die Vermögensabgabeschuld ist keine Betriebsschuld, sondern die persönliche Abgabeschuld derjenigen, die am 21. Juni 1948 der unbeschränkten Abgabepflicht im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 LAG unterlegen haben. Ein übergang der Vermögensabgabeschuld ist nur möglich in den vom Gesetz ausdrücklich zugelassenen Fällen der §§ 60 ff. LAG. Die Bf. haben nichts vorgetragen, was für das Vorliegen der Voraussetzungen einer dieser Fälle spricht; die Akten lassen darüber nichts erkennen, insbesondere auch nicht über eine gemäß § 60 LAG vom Finanzamt genehmigte Schuldübernahme.
Da die Vorentscheidungen und der angefochtene Bescheid über die sofortige Fälligkeit aus den oben unter II dargelegten Gründen ohnehin aufzuheben sind, bedarf es keines Eingehens auf die von den Bf. ebenfalls aufgeworfene Frage, ob der angefochtene Bescheid gegen beide Eheleute ergehen konnte, obwohl nur das Vermögen des beschwerdeführenden Ehemanns vom Vergleichsverfahren erfaßt worden sei. Soweit die Bf. schließlich Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit der Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Vermögensabgabe geltend gemacht haben, wird auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts 1 BvL 29/57, 1 BvL 20/60 vom 21. Februar 1961 (BStBl 1961 I S. 55 ff.) hingewiesen, in welchem das Bundesverfassungsgericht die Frage, ob die Zusammenveranlagung von Ehegatten gemäß § 38 LAG mit dem Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland vereinbar sei, bejaht hat. In den Gründen dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht auch zur Frage der gesamtschuldnerischen Haftung bei zusammenveranlagten Ehegatten Stellung genommen; auch hierauf wird verwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 411262 |
BStBl III 1964, 467 |
BFHE 1964, 642 |
BFHE 79, 642 |