Leitsatz (amtlich)

Gewährt der Vater seinem durch einen Pfleger vertretenen minderjährigen Kind eine stille Beteiligung an seinem Unternehmen, so hängt, falls das Kind auch am Verlust beteiligt ist, die steuerliche Anerkennung des Vertrages auch dann, wenn die Beteiligten nach dem Vertrag gehandelt haben, von der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung ab, die nicht als stillschweigend erteilt angesehen werden kann.

 

Normenkette

StAnpG § 5 Abs. 3; BGB § 1822 Nr. 3

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Einkommensteuerveranlagung 1958 des Revisionsklägers (Steuerpflichtiger), ob seine minderjährige Tochter als stille Gesellschafterin am Gewinn und Verlust des Unternehmens beteiligt war.

Der Steuerpflichtige schenkte seiner minderjährigen Tochter 25 000 DM, die die Tochter im Januar 1957 in das Unternehmen einlegte und wofür sie der Steuerpflichtige vertraglich am Gewinn und Verlust mit einem dem Verhältnis der Kapitalbeträge entsprechenden Hundertsatz von 25 v. H. beteiligte. Der im Februar des Streitjahres 1958 vom Vormundschaftsgericht bestellte Pfleger genehmigte diese Vereinbarung mündlich und stimmte im Dezember 1958 der vom Steuerpflichtigen aufgestellten Bilanz vom 31. Dezember 1957 zu, die den Bilanzgewinn in der Weise verteilte, daß der Steuerpflichtige vom Gewinn 30 v. H. als Tätigkeitsvergütung und 10 v. H. für die Vollhaftung und die Tochter erst vom Restgewinn 25 v. H. erhielten. Das waren 9 078 DM. Im April 1960 genehmigte die volljährig gewordene Tochter unter Hinweis auf § 1829 Abs. 3 BGB den im Januar 1957 mit dem Steuerpflichtigen geschlossenen Vertrag.

Bei der Einkommensteuerveranlagung 1958 rechnete das FA den vom Steuerpflichtigen der Tochter zugewiesenen und ebenso wie im Vorjahr 1957 berechneten Gewinnanteil von 11 005 DM dem Steuerpflichtigen zu, weil es die stille Beteiligung nicht anerkannte.

Die Sprungberufung des Steuerpflichtigen blieb in diesem Punkt erfolglos. Das FG erkannte die stille Gesellschaft nicht an, weil der Vertrag entgegen der Vorschrift des § 1822 Nr. 3 BGB vom Vormundschaftsgericht nicht genehmigt worden sei. Die Genehmigung der volljährig gewordenen Tochter im April 1960 habe zwar bürgerlich-rechtlich den Gesellschaftsvertrag rückwirkend gültig gemacht (§ 1829 Abs. 3 in Verbindung mit § 183 BGB). Das gelte aber, wie sich aus dem Urteil des BFH I 26/55 U vom 29. Mai 1956 (BFH 63, 126, BStBl III 1956, 246) ergebe, nicht für das Steuerrecht, weil der mit Ablauf des Veranlagungszeitraums 1958 entstandene Steueranspruch durch eine Erklärung der Tochter, im Jahre 1960 nicht mehr habe beeinträchtigt werden können.

In seiner nunmehr als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde weist der Steuerpflichtige darauf hin, daß das Vormundschaftsgericht die Erklärungen des Pflegers und seine Zustimmung zum Vertrag stillschweigend genehmigt habe. Denn dem Gericht sei bei der Bestellung des Pflegers Anfang 1958 der Inhalt des Vertrages bekannt gewesen. Außerdem habe der Pfleger das Vormundschaftsgericht durch ein Schreiben vom 11. November 1958 über den Abschluß des Gesellschaftsvertrages unterrichtet. Aber selbst wenn der Vertrag im Streitjahr bürgerlich-rechtlich ungültig sein sollte, so sei das nach § 5 Abs. 3 StAnpG steuerlich unerheblich, weil die Beteiligten den Vertrag durchgeführt hätten.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG ging zutreffend davon aus, daß der Vertrag nach § 1822 Nr. 3 BGB der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung bedurfte. Zwar ist eine solche Genehmigung in der Regel für die Vereinbarung einer echten stillen Beteiligung des minderjährigen Kindes dann nicht erforderlich, wenn das Kind nicht nach Art eines Mitunternehmers ein geschäftliches Risiko trägt. Da hier aber die minderjährige Tochter auch einen Anteil an einem etwa eintretenden Verlust zu tragen hatte, bedurfte der Vertrag der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung unabhängig davon, ob die Tochter Mitunternehmerin (§ 15 Nr. 2 EStG) oder echte stille Gesellschafterin war (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs IV ZR 155/55 vom 28. Januar 1957, NJW 1957 S. 672). Der Auffassung des Steuerpflichtigen, daß das Vormundschaftsgericht den Vertrag stillschweigend genehmigt habe, kann nicht zugestimmt werden. Die Tatsache, daß dem Vormundschaftsgericht die Verhältnisse und die Zustimmung des Pflegers zu dem beabsichtigten Vertrag bekannt waren, enthält für sich allein keine stillschweigende Genehmigung. Bei der Bekanntmachung der mit erheblichen bürgerlich-rechtlichen und steuerlichen Folgen verbundenen vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung sind die Vorschriften § 16 Abs. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu beachten, die die Möglichkeit der behaupteten stillschweigenden Genehmigung ausschließen. Selbst wenn man annehmen wollte, daß es Fälle geben könnte, in denen das Schweigen des Vormundschaftsgerichts als wirksame Genehmigung aufgefaßt werden dürfte, so kann das jedenfalls nicht für das Streitjahr gelten, weil der Pfleger dem Vormundschaftsgericht erst in seinem Schreiben vom 11. November 1958 über den Abschluß des Vertrages berichtete.

Wie sich u. a. aus dem BFH-Urteil I 352/56 U vom 11. Februar 1958 (BFH 66, 658, BStBl III 1958, 254) ergibt, hat es der BFH abgelehnt, bei der Beteiligung von minderjährigen Kindern am Unternehmen des Vaters eine bürgerlich-rechtlich ungültige Vereinbarung steuerlich mit Rücksicht auf § 5 Abs. 3 StAnpG anzuerkennen. Das ergibt sich daraus, daß besonders im Verhältnis von Eltern und Kindern bürgerlich-rechtliche Vereinbarungen steuerlich nur anerkannt werden, wenn sie eindeutig und klar sind und aus ihnen alle Folgerungen gezogen werden. Zu diesen Folgerungen gehört auch, daß die Vereinbarung bürgerlich wirksam ist. In solchen Fällen kann steuerlich die Behauptung nicht genügen, daß die ungültige Vereinbarung des Vaters mit der minderjährigen Tochter tatsächlich durchgeführt worden sei. Es entspricht auch der Rechtsprechung des BFH, daß eine bürgerlich-rechtliche Genehmigung mit rückwirkender Kraft steuerlich in der Regel erst vom Zeitpunkt der Genehmigung Bedeutung gewinnt und berücksichtigt werden kann.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68130

BStBl II 1968, 671

BFHE 1968, 474

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