Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkaufskommissionär, Abgrenzung zum Eigenhändler; keine Einbeziehung der Einkaufsprovision in den Zollwert
Leitsatz (amtlich)
1. Nach dem Urteil des EuGH vom 25. Juli 1991 Rs. C-299/90 (EuGHE 1991, I-4301) kommt es nicht darauf an, ob der Agent die zollwertrechtlich maßgebliche grenzüberschreitende Transaktion zwischen dem Hersteller/Lieferanten der Ware im Drittland und dem Einführer in der Gemeinschaft als unmittelbarer Stellvertreter des Einführers (handelnd in fremdem Namen) vermittelt hat oder dabei lediglich als mittelbarer Vertreter (handelnd in eigenem Namen) aufgetreten ist. Entscheidend ist allein, daß der Agent für Rechnung seines Auftraggebers, des Einführers, beim Kauf der zu bewertenden Waren tätig geworden ist. Dann ist er Einkaufskommissionär und die von ihm seinem Auftraggeber berechnete Provision eine Einkaufsprovision im Sinne des Zollwertrechts, die nicht in den Zollwert einzubeziehen ist.
2. Einkaufsprovisionen, die nicht im tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis für die eingeführte Ware enthalten, sondern Gegenstand separater Berechnung sind, müssen in der Zollwertanmeldung nicht angemeldet werden; die Frage des getrennten Ausweises zwecks Nichtberücksichtigung dieser Provisionen bei der Ermittlung des Zollwerts kann sich in solchen Fällen nicht stellen.
Normenkette
EWGV 1224/80 Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i, Abs. 4
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führte in der Zeit von November 1986 bis April 1987 diverse Partien Textilien aus Hongkong ein, die sie im Rahmen eines einer Spedition bewilligten Sammelzollverfahrens (Verfahren der vereinfachten Zollanmeldung) beim Rechtsvorgänger des Beklagten und Revisionsklägers (Hauptzollamt --HZA--) zum zollrechtlich freien Verkehr abfertigen ließ. Im Ergänzungsblatt zur monatlich abgegebenen Sammelzollanmeldung "Angaben über den Zollwert der Waren" (Vordruck 0509) bezeichnete die Klägerin sich als Käufer und die Firma B Ltd. in Hongkong (B/H.) als Verkäufer. Die zur Verzollung vorgelegten Unterlagen enthielten keine Hinweise auf ein Kommissions- oder Agenturverhältnis bzw. über die von der Klägerin an B/H. gezahlte "commission" in Höhe von 8 % des Rechnungspreises. Die Zollwerte wurden in den Abgabenselbstberechnungen der Sammelzollanmeldungen stets auf der Grundlage der von B/H. an die Klägerin ausgestellten Rechnungen --ohne Einbeziehung der gesondert in Rechnung gestellten "commission"-- angemeldet und festgestellt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung bei der Klägerin ergaben sich Zweifel, ob die Geschäfte zwischen der Klägerin und B/H. als Kommissionsgeschäfte entsprechend einem zwischen beiden Firmen bestehenden Einfuhragenturvertrag abgewickelt worden sind oder ob sie entsprechend den Angaben in den Zollwertanmeldungen eigene Handelsgeschäfte der B/H. waren. Der Rechtsvorgänger des HZA sah die in sieben genau bezeichneten Einfuhrpartien erfaßten Waren als Gegenstand eigener Handelsgeschäfte zwischen B/H. und der Klägerin an und forderte dafür --unter nachträglicher Einbeziehung der jeweils 8 % angeblicher Einkaufsprovision in den Zollwert-- mit Steueränderungsbescheid insgesamt ... DM Zoll nach.
Nach erfolglosem Einspruch hatte die Klage der Klägerin Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hob den angefochtenen Steueränderungsbescheid i.d.F. der Einspruchsentscheidung auf, weil die nachträglich angeforderten Eingangsabgaben gesetzlich nicht geschuldet gewesen seien, denn die von der Klägerin an B/H. gezahlte Provision sei zu Unrecht in den Zollwert der eingeführten Waren einbezogen worden. Das FG hielt diese Provision für eine nicht in den Zollwert einzubeziehende Einkaufsprovision. Es sah es aufgrund seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung als erwiesen an, daß B/H. bei den betroffenen Einfuhren für die Klägerin als Einkaufskommissionär tätig geworden sei und keine Eigengeschäfte vorgenommen habe.
Die Nichteinbeziehung der Einkaufsprovisionen in die Zollwerte scheitere auch nicht daran, daß die Klägerin die Provisionen in den Zollanmeldungen nicht angegeben habe. Es genüge insoweit, daß die jeweiligen Beträge in den Geschäftsunterlagen der Klägerin getrennt von den Kaufpreisen ausgewiesen seien. Der getrennte Ausweis der Einkaufsprovision als Voraussetzung für deren Nichteinbeziehung in den Zollwert habe nur dann Bedeutung, wenn die Provision in dem vom Einführer an den Hersteller/ Lieferanten zu zahlenden Warenpreis enthalten sei. Diese Gestaltung liege aber im Streitfall nicht vor. Schließlich sei es unerheblich, daß in der Zollanmeldung fälschlich B/H. als Verkäufer angegeben worden sei; durchschlagend sei vielmehr die materielle Betrachtungsweise.
Mit seiner Revision rügt das HZA, das im Laufe des finanzgerichtlichen Verfahrens kraft Organisationserlasses des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) in die Stellung seines Rechtsvorgängers eingetreten war, die Verletzung materiellen Rechts. Es trägt vor, entgegen der Auffassung des FG sei es für die Beurteilung der Frage, ob jemand bei einem Kaufgeschäft über zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft bestimmte Waren für den Einführer beim Kauf der Waren tätig werde, nicht schlechthin ohne Bedeutung, ob diese Person als unmittelbarer Vertreter (in fremdem Namen handelnd) oder als Einkaufskommissionär, der im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung handele, auftrete. Das FG berufe sich insoweit zu Unrecht auf das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 25. Juli 1991 Rs. C-299/90 --Hepp-- (EuGHE 1991, I-4301). Darin habe der EuGH lediglich über einen Sachverhalt der offenen (unmittelbaren) Stellvertretung des Kommissionärs entschieden, bei dem der Einführer den Hersteller also kenne und selbst zu ihm Kontakt aufnehmen oder bei diesem Angebote einholen könne, und bei dem ferner die Rechnung des Einkaufskommissionärs an den Einführer hinsichtlich Stückpreis, Lieferbedingungen und Rechnungswährung mit der Rechnung des Herstellers an den Einkaufskommissionär übereingestimmt habe. Im Streitfall fehle es an diesen zusätzlichen Voraussetzungen bezüglich der Rechnungsstellung. Dies habe das FG verkannt. Es hätte daher aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu dem Ergebnis gelangen müssen, daß die von der Klägerin an B/H. gezahlten Provisionen im Unterschied zu dem vom EuGH entschiedenen Fall als Teil des tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises in den Zollwert hätten einbezogen werden müssen.
Rechtsirrig sei auch die Auffassung des FG, es sei ausreichend, daß die Klägerin den getrennten Ausweis der Provisionen in ihren Geschäftsunterlagen geführt habe. Erforderlich sei vielmehr Anmeldung und getrennter Ausweis in der Zollwertanmeldung. Auch aus diesem Grund hätte das FG die Klage abweisen müssen.
Entscheidungsgründe
Die Revision des HZA ist als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat ohne Rechtsfehler erkannt, daß der Steueränderungsbescheid i.d.F. der Einspruchsentscheidung rechtswidrig ist und die Klägerin in ihren Rechten verletzt (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Für die Einbeziehung der darin angesetzten Provisionen in den Zollwert der eingeführten Waren besteht kein rechtfertigender Grund, so daß eine Nacherhebung des Zolls nicht in Betracht kommt. Bei diesen Provisionen handelt es sich nämlich um nicht in den Zollwert einzubeziehende Einkaufsprovisionen, hinsichtlich derer nach der Fallgestaltung im Streitfall ein getrennter Ausweis in der Zollwertanmeldung nicht zu führen war.
1. Maßgeblich für die Beurteilung der zollwertrechtlichen Problematik im Streitfall ist die vor Einführung des Zollkodexrechts geltende Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates vom 28. Mai 1980 über den Zollwert der Waren --ZWVO 1980-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 134/1). Die zu beurteilenden Rechtsfragen wären allerdings unter Zugrundelegung des geltenden, in das Zollkodexrecht integrierten gemeinschaftsrechtlichen Zollwertrechts in gleicher Weise zu entscheiden.
a) Der Zollwert der eingeführten Waren ist im Streitfall gemäß Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 und Abs. 3 Buchst. a ZWVO 1980 der Transaktionswert, d.h. der für die eingeführten Waren bei einem Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft tatsächlich gezahlte oder zu zahlende Preis, ggf. nach Berichtigung gemäß Art. 8 ZWVO 1980, wobei bestimmte --im Streitfall erfüllte-- Voraussetzungen einzuhalten sind. Gemäß Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i ZWVO 1980 (jetzt Art. 32 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i Zollkodex --ZK--) sind dem für die Waren tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis für den Käufer entstandene, aber nicht in dem Warenpreis enthaltene Provisionen und Maklerlöhne, ausgenommen Einkaufsprovisionen, hinzuzurechnen, um zum Transaktionswert zu gelangen. Kraft der ausdrücklichen Erwähnung dürfen hiernach Einkaufsprovisionen (gleichgültig, ob sie im Warenpreis enthalten sind oder nicht) nicht (bzw. nicht noch einmal) dem tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis für die Waren hinzugerechnet werden. Die der Klägerin separat von den Waren berechneten Provisionen gehörten demnach, unabhängig von der Tragweite der Begriffsbestimmung des tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preises in Art. 3 Abs. 3 Buchst. a ZWVO 1980, nicht zum Transaktionswert/Zollwert, wenn sie als Einkaufsprovisionen anzusehen wären.
b) Unter dem Begriff "Einkaufsprovisionen" sind nach Art. 8 Abs. 4 ZWVO 1980 (jetzt Art. 32 Abs. 4 ZK) Beträge zu verstehen, die ein Einführer jemandem (Einkaufskommissionär, Einkaufsagent) dafür zahlt, daß er für ihn beim Kauf der zu bewertenden Waren tätig wird. Bei der Auslegung dieser Bestimmung ist das FG auf der Grundlage der auf Vorlage des Senats (Beschluß vom 17. Juli 1990 VII R 35/89, BFHE 161, 274, BFH/NV 1991, 711) ergangenen, bereits angeführten Vorabentscheidung des EuGH in EuGHE 1991, I-4301 zutreffend davon ausgegangen, daß das Tätigwerden dieser Person für den Käufer beim Kauf der zu bewertenden Waren funktionell, d.h. unter Berücksichtigung der tatsächlichen Funktion eines Einkaufskommissionärs zu beurteilen ist. Dazu hat der EuGH wörtlich ausgeführt (Abs. 13 des Urteils): "Da ein solcher Agent für Rechnung des Einkäufers handelt, erfüllt er hinsichtlich des Kaufs der Waren nur die Funktion eines Stellvertreters und trägt kein finanzielles Risiko aus dem Kaufgeschäft. Seine Funktion beschränkt sich somit, selbst wenn er in eigenem Namen handelt, auf die Beteiligung als mittelbarer Stellvertreter an einem Kaufvertrag, der im Grunde zwischen seinem Auftraggeber und dem Lieferanten zustande kommt." Hieraus und aus der Ablehnung des gegenteiligen Standpunkts der deutschen Bundesregierung (vgl. Abs. 10 bis 12 des Urteils) ergibt sich klar, daß die formalen vertraglichen Rechtsbeziehungen nach dem jeweils maßgeblichen Zivil- und Handelsrecht zwischen dem Hersteller/Lieferanten im Drittland, dem Käufer im Einfuhrland und dem Agenten nicht maßgeblich sind, sondern zollwertrechtlich allein die Transaktion zwischen dem Hersteller/Lieferanten der Waren einerseits und dem Einführer andererseits als der maßgebliche grenzüberschreitende Verkauf zur Ausfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft anzusehen ist (Abs. 14 des Urteils). Daher spielt es keine Rolle, ob der Agent dieses Geschäft, handelnd in fremdem Namen, als unmittelbarer (offener, direkter) Stellvertreter des Käufers vermittelt hat mit der Folge, daß zivilrechtlich der Kaufvertrag zwischen dem Hersteller/Lieferanten im Drittland und dem Einführer/Käufer in der Gemeinschaft zustande gekommen ist, oder ob der Agent, handelnd in eigenem Namen, lediglich als mittelbarer (verdeckter, indirekter) Stellvertreter des Käufers aufgetreten ist und dadurch etwa (nach deutschem Recht) selbst Vertragspartei eines Kaufgeschäfts mit dem drittländischen Hersteller/Lieferanten geworden ist. Entscheidend ist allein, daß der Agent bei einem solchen Geschäft für Rechnung seines Auftraggebers, des Käufers in der Gemeinschaft, für den er beim Kauf der zu bewertenden Waren tätig geworden ist, gehandelt hat. Dann ist er Einkaufskommissionär und die von ihm seinem Auftraggeber berechnete Provision eine Einkaufsprovision im Sinne des Zollwertrechts, die nicht in den Zollwert einzubeziehen ist.
c) Hiernach ist an dem Ausgangspunkt der zollwertrechtlichen Beurteilung durch das FG nichts auszusetzen. Es hat weder den Begriff der Einkaufsprovision verkannt noch das maßgebliche EuGH-Urteil falsch angewendet. Das gegenteilige Vorbringen der Revision geht fehl. Der Vorabentscheidung des EuGH sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, daß der Gerichtshof seine zollwertrechtliche Beurteilung etwa lediglich auf Fälle der offenen Stellvertretung des Kommissionärs habe beschränken wollen. Im Gegenteil: Sowohl aus dem dem Urteil vorangestellten ersten Leitsatz wie auch aus den Gründen (Abs. 9, 10, 13) ergibt sich eindeutig, daß der EuGH in Übereinstimmung mit den Vorlagefragen des Senats zu einem Fall mittelbarer Stellvertretung (Handeln des Kommissionärs im eigenen Namen, aber für fremde Rechnung) entschieden hat. Gerade für diesen Fall entfaltet die im Urteil entwickelte Auffassung von der maßgeblichen zollwertrechtlichen Transaktion bei Einschaltung eines Einkaufsagenten ihre eigentliche Bedeutung.
Richtig ist zwar, wie das HZA vorträgt, daß in dem Fall, über den der EuGH zu befinden hatte, die Rechnung des Einkaufskommissionärs an den Einführer hinsichtlich Stückpreis, Lieferbedingung und Währung mit der Rechnung des Herstellers an den Einkaufskommissionär übereinstimmte, während im Streitfall nach dem Ergebnis der Betriebsprüfung Abweichungen festgestellt worden sind. Diese Abweichungen hat das FG, das nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme insgesamt von einer Durchberechnung der Preise der Hersteller/Lieferanten durch B/H. gegenüber der Klägerin ausgegangen ist, aber einleuchtend damit erklärt, daß die Rechnungspreise der B/H. an die Klägerin neben dem Werklohn auch Kosten für Material, Accessoires, Beistellungen usw. enthalten hätten, welche von B/H. auf Rechnung der Klägerin im Drittland besorgt worden seien.
Davon abgesehen ist die vom HZA reklamierte Besonderheit des EuGH-Falles (völlige Identität der Rechnungen) für den EuGH jedenfalls kein tragender Entscheidungsgrund gewesen. Er wird in den Erwägungen zur ersten Vorlagefrage nicht einmal erwähnt. Daher ist offensichtlich, daß der EuGH alle Sachverhaltsgestaltungen, bei denen ein Einkaufsagent für Rechnung des Einführers beim Kauf der Waren im Drittland tätig wird --unabhängig von dessen jeweiligem Auftreten als unmittelbarer oder bloß mittelbarer Vertreter der Einführers--, zollwertrechtlich in gleicher Weise behandelt wissen wollte. Davon geht einhellig auch das Schrifttum aus (vgl. Glashoff in Schwarz/Wockenfoth, Zollrecht, 3. Aufl., Art. 32 ZK Rz. 34 ff.; Müller-Eiselt, EG-Zollrecht, Fach 4229 Rz. 242 und Fach 4232 Rz. 37 ff.; Wilser, Einkaufsprovisionen und Zollwert, Zeitschrift für Zölle + Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1991, 338; derselbe, Einkaufsprovisionen und Zollwert - und kein Ende?, ZfZ 1992, 299), wiewohl im Einzelfall unter Zugrundelegung der EuGH-Auffassung durchaus auch praktische Schwierigkeiten auftauchen können (vgl. Müller-Eiselt, a.a.O., Anm. in Fach 7100 Nr. 19). Auch der noch vor Erlaß des EuGH-Urteils ergangene Kommentar des Technischen Ausschusses für den Zollwert zu den Einkaufsprovisionen (abgedruckt in deutscher Übersetzung bei Müller-Eiselt, a.a.O., Fach 3330 Nr. 17.1) geht in seinem Abs. 13 davon aus, daß der Kommissionär selbst (d.h. als mittelbarer Vertreter) einen Kaufvertrag abschließen und dem Einführer den Rechnungspreis daraus weiter berechnen kann, wobei er den Warenpreis und seine Provision getrennt ausweist. Diese bloße Weiterberechnung mache --so der Kommentar-- den Kommissionär nicht zum Verkäufer der Waren.
Zusammenfassend ist zu sagen, daß die vom HZA vertretene Auffassung, die nahezu wörtlich den Runderlaß des BMF III B 4 -Z 53 11- 2/92 vom 27. März 1992 --richtig: 3. April 1992-- (abgedruckt bei Müller-Eiselt, a.a.O., Fach 1410 Nr. 3) referiert, wonach der EuGH bei der vom HZA beschriebenen Fallgestaltung noch von einer offenen Stellvertretung ausgehe und nur deshalb der Bewertung das Geschäft zwischen dem Hersteller und dem Einführer zugrunde lege, in dem EuGH-Urteil keine hinreichende Stütze findet. Aus diesem Grund kann der Senat auch nicht den Regelungen des BMF zu den "Einfuhren unter Einschaltung von Einkaufskommissionären" in der in der Vorschriftensammlung der Bundesfinanzverwaltung abgedruckten Dienstvorschrift Z 53 11 Abs. 6 beachtliche Einwendungen abgewinnen, weil diese Regelungen unter Außerachtlassung der vom EuGH vorgegebenen neuen Richtung im Grunde den überkommenen zivilrechtlichen Strukturen des nationalen Rechts folgen und an die jeweils angemeldete Vertragsbeziehung anknüpfen.
d) Hat hiernach das FG die Tragweite des Art. 8 Abs. 1 Buchst. a Ziff. i und Abs. 4 ZWVO 1980 zutreffend erfaßt, so läßt auch die Anwendung dieser Vorschriften im Streitfall keinen Rechtsfehler erkennen. Das FG ist auf der Grundlage seiner eigenen Rechtsprechung (vgl. FG Hamburg, Beschluß vom 11. Juni 1993 IV 67/93 S-H, Entscheidungen der Finanzgerichte 1993, 797) richtig davon ausgegangen, daß die Klägerin beweispflichtig für das Vorliegen einer Einkaufsprovision ist, daß also B/H. von ihr als Einkaufskommissionär in die Abwicklung der Geschäfte eingeschaltet worden ist und daß dieser nicht auf eigene Rechnung, sondern auf ihre --der Klägerin-- Rechnung tätig geworden ist. Dazu durfte sich die Klägerin aller ihr zur Verfügung stehenden Beweismittel bedienen (vgl. Abs. 5 ff. des erwähnten Kommentars).
Das FG ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt, daß B/H. tatsächlich als Einkaufskommissionär für die Klägerin tätig geworden ist und damit die ihm von der Klägerin gezahlten Provisionen nicht Bestandteil der Transaktionswerte für die eingeführten Waren geworden sind. Da das HZA weder gegen die dieser Würdigung zugrundeliegenden Tatsachenfeststellungen noch gegen die Beweiswürdigung selbst zulässige und begründete Revisionsrügen vorgebracht hat, ist der Senat an die vom FG getroffenen Feststellungen und an das Ergebnis dieser Beweiswürdigung gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Verstöße des FG gegen Denkgesetze oder gegen allgemeine Erfahrungssätze sind nicht ersichtlich.
2. Etwaige Verstöße der Klägerin gegen formelle Anmeldungspflichten bei der Abgabe der Zollwertanmeldungen stehen dem gefundenen Ergebnis nicht im Wege. Auch dies hat das FG im Ergebnis zutreffend erkannt.
a) Der Einwand der Revision, die Klägerin habe den ihr obliegenden getrennten Ausweis der Einkaufsprovisionen nicht geführt, geht an der konkreten Sachverhaltsgestaltung vorbei. Ein getrennter Ausweis im Sinne des Zollwertrechts von Aufwendungen oder Kosten, die nach dem Willen des Zollwertanmelders nicht in den festzustellenden Zollwert einbezogen werden sollen (zur Bedeutung des Begriffs "getrennt ausgewiesen" vgl. zuletzt das Senatsurteil vom 14. Dezember 1993 VII R 45/93, BFHE 173, 280), macht nur Sinn und ist nur dann erforderlich, wenn die betreffenden Kostenelemente im Rechnungspreis für die eingeführte Ware enthalten sind, sofern das gemeinschaftliche Zollwertrecht es in bestimmten Fällen ermöglichen will, sonst zum tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis der eingeführten Ware gehörende Bestandteile gerade aufgrund des getrennten Ausweises aus diesem Preis auszusondern und sie damit vor einer Mitverzollung zu bewahren. Das trifft auf solche Einkaufsprovisionen zu, die dem Käufer/Einführer in der Gemeinschaft in einer Rechnung zusammen mit dem Preis der Waren oder gar als Bestandteile des Warenpreises berechnet werden. In einem solchen Fall erlaubt Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EWG) Nr. 1495/80 (VO Nr. 1495/80) der Kommission vom 11. Juni 1980 zur Durchführung einiger Vorschriften der Art. 1, 3 und 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1224/80 des Rates über den Zollwert der Waren --ABlEG Nr. L 154/14-- (jetzt Art. 33 Buchst. e ZK) den getrennten Ausweis der Einkaufsprovisionen und macht diesen zur Voraussetzung der Nichteinbeziehung dieser Kosten in den Zollwert.
Im Streitfall hingegen liegt eine andere Sachverhaltsgestaltung vor. B/H. hat der Klägerin die Einkaufsprovisionen von vornherein separat von den Waren in getrennten Rechnungen berechnet. Entgegen der Auffassung des HZA ist hier für einen (weiteren) getrennten Ausweis kein Raum. Dem entspricht, was die Klägerin mit Recht hervorhebt, daß Provisionen nicht einmal in der Zollwertanmeldung angemeldet werden müssen. In dem im Anhang I der VO (EWG) Nr. 1496/80 der Kommission vom 11. Juni 1980 über die Anmeldung der Angaben für den Zollwert und über vorzulegende Unterlagen (ABlEG Nr. L 154/16) --jetzt Anhang 28 der Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZKDVO)-- abgedruckten, für die Zollwertanmeldung zu verwendenden Muster der Zollwertanmeldung D.V. 1 sind bei den Hinzurechnungen (Teil B) in Feld 13a unter Buchst. a anzumelden: "Provisionen, ausgenommen Einkaufsprovisionen". Wenn mithin für nicht im tatsächlich gezahlten oder zu zahlenden Preis enthaltene Einkaufsprovisionen schon keine Anmeldepflicht in der Zollwertanmeldung besteht, kann sich insoweit die Frage des getrennten Ausweises zwecks Nichtberücksichtigung dieser Provisionen bei der Ermittlung des Zollwerts von vornherein nicht stellen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Senatsurteil in BFHE 173, 280, weil es sich dort um einen sog. Abzugsfall handelte, in dem gerade ein getrennter Ausweis als Voraussetzung für eine Nichteinbeziehung der Montagekosten in den Zollwert gemäß Art. 3 Abs. 4 Buchst. a ZWVO 1980 zu führen war. Entsprechend verhielt es sich in dem dem Senatsurteil vom 17. Juli 1990 VII R 23/89 (BFH/NV 1991, 134, ZfZ 1990, 358) zugrundeliegenden Sachverhalt. Dieser betraf einen Abzugsfall einer angeblichen Einkaufsprovision nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. b VO Nr. 1495/80 und wies zusätzlich noch die Besonderheit auf, daß die Art des abzuziehenden Elements (nämlich als Einkaufsprovision) nicht bezeichnet war, so daß der Senat einen getrennten Ausweis nicht als geführt ansah.
b) Schließlich ist es nicht entscheidungserheblich, daß die Klägerin in ihren Zollwertanmeldungen ihren Einkaufskommissionär fälschlich als Verkäufer bezeichnet bzw. eingetragen hat. Denn die Art und Weise, wie der Einführer konkret die Verwaltungsförmlichkeiten hinsichtlich seiner Zollerklärung erfüllt, ist nicht geeignet, inhaltlich etwas an der materiellen Rechtslage, nämlich dem Vorliegen eines einzigen grenzüberschreitenden Kaufgeschäfts zwischen dem drittländischen Lieferanten/Hersteller und dem Einführer/Käufer in der Gemeinschaft zu ändern. Ebensowenig führt dies zu einer Änderung des materiell richtigen Zollwerts (vgl. Abs. 18 und 19 des EuGH-Urteils unter Verweis auf Abs. 37 und 38 der Schlußanträge des Generalanwalts).
3. Der Senat ist in Anwendung der Grundsätze des EuGH-Urteils vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 (EuGHE 1982, 3415 --C.I.L.F.I.T.-- nicht nach Art. 234 Abs. 3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrages von Amsterdam vom 2. Oktober 1997, ABlEG Nr. C 340/1; 1999 Nr. L 114/56) zur Einholung einer Vorabentscheidung des EuGH verpflichtet. Er hat keine Zweifel an der richtigen Auslegung und Anwendung des einschlägigen Gemeinschaftsrechts und ist davon überzeugt, daß für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und für den EuGH die gleiche Gewißheit bestünde.
Fundstellen
Haufe-Index 422708 |
BFH/NV 2000, 529 |
BFHE 2000, 514 |
BB 2000, 190 |
DB 2000, 128 |
DB 2000, 192 |
DStRE 2000, 152 |
HFR 2000, 294 |
StE 2000, 37 |
LEXinform-Nr. 0552931 |
ZfZ 2000, 121 |
RIW 2000, 317 |