Leitsatz (amtlich)
Ein sogenannter "gemischter Vertrag" liegt vor, wenn eine ausländische Firma mit inländischen Firmen vereinbart, 1. Muster und Modelle für Modeartikel im Ausland herzustellen und sie den Vertragsfirmen zur Nachfertigung zu überlassen, 2. den Gebrauch ihres Warenzeichens durch die Vertragsfirmen zu dulden, 3. den Wettbewerb mit gleichartigen Waren und Modellen zu unterlassen. Jede dieser Leistungen ist umsatzsteuerrechtlich gesondert zu beurteilen. Zu 1. ist eine nichtsteuerbare positive Leistung im Ausland gegeben. Zu 2. und 3. liegen negative Leistungen vor, die dort bewirkt werden, wo andernfalls die Handlung vorgenommen worden wäre.
Normenkette
UStG 1951 § 1; UStDB § 7 Abs. 2; WZG §§ 1, 15; GeschmG §§ 1, 7
Tatbestand
Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) ist ein ausländisches Modehaus, das neben modischer Kleidung auch andere modische Gegenstände des gehobenen Bedarfs entwirft. Sie hat durch im wesentlichen gleichlautende Verträge die Herstellung und den Vertrieb der modischen Nebenartikel unter dem im internationalen Register in Bern bzw. durch ausländische Hinterlegungen geschützten Markenzeichen "X. Y." jeweils einem inländischen Unternehmen (Fabrikanten) übertragen. Im einzelnen bestimmen die Verträge folgendes:
1. Die Steuerpflichtige (X. Y.) überträgt dem inländischen Fabrikanten "das ausschließliche Recht und die ausschließlichen Lizenzen zur Benutzung des Markenzeichens "X. Y." für die Herstellung und den Vertrieb der betreffenden Ware in der Bundesrepublik und in den im Vertrage angegebenen Ländern. X. Y. versichert, daß er das Recht, das Markenzeichen "X. Y." in dem genannten Umfange zu benutzen, nicht an eine andere Person in der Bundesrepublik oder in den Vertragsländern übertragen und keinen Vertrag unterzeichnet hat, der mit dem vorliegenden Vertrag unvereinbar ist.
2. X. Y. verpflichtet sich, die in den Verträgen jeweils angegebenen Waren und Modelle weder in der Bundesrepublik noch in den vertraglich festgelegten Ländern zu vertreiben und den Mißbrauch des Warenzeichens durch Dritte zu verhindern.
3. X. Y. verpflichtet sich, in gewissen Zeitabständen (z. B. zweimal jährlich) - wie es in einzelnen Verträgen heißt - "unentgeltlich" oder "kostenlos" "Themen" und "Modelle" für die betreffenden Modeartikel, zusammengefaßt zu "Garnituren" oder "Kollektionen", zu "liefern", die sein Eigentum bleiben und nach erfolgter "Nachfertigung" an ihn zurückzusenden sind. Die Nachbildung der Waren entsprechend den Modellen hat durch die Vertragsfirmen so genau wie möglich ("vollkommen getreu und exakt") zu erfolgen. Eine Abweichung von den Modellen ist nur mit Zustimmung von X. Y. zulässig.
Die Verträge enthalten außerdem eine Reihe von Bestimmungen über die Vertragsdauer, die Vertriebsart, die Höhe der Verkaufspreise, den Schutz gegen Rechtsmißbrauch, die Werbung, die an X. Y. zu entrichtenden Vergütungen, ein Konkurrenzverbot und dergleichen. So sind z. B. die deutschen Vertragspartner verpflichtet, die Vertragswaren nur in erstklassigen Geschäften anzubieten und sich in dieser Hinsicht einer Kontrolle durch X. Y. zu unterwerfen, die von X. Y. genehmigten Reklameschilder, Werbetexte, Dekorationsstücke, Werbemittel und Etiketten zu verwenden, keine Vertretungen anderer ..., (ausländischer) Firmen zu übernehmen und keinen Vertrag abzuschließen, der ihnen die Benutzung von Waren- oder Firmenzeichen anderer ... (ausländischer) Firmen für die gleichen Artikel gestattet. X. Y. verpflichtet sich seinerseits, "keinen Vertrag zu unterzeichnen, der ... an irgendeinen Fabrikanten in den im Vertrag aufgeführten Ländern das Recht zur Herstellung und zum Verkauf von nachgefertigten ... Modellen mit eingetragenen Schutzmarken ,X. Y.' überträgt". "Als Gegendienst des ihnen bewilligten Rechts", im Inland Modewaren herzustellen und sie in der Bundesrepublik und in den anderen im Vertrag genannten Ländern zu vertreiben, verpflichten sich die deutschen Vertragsfirmen, an die Steuerpflichtige "Abgaben" in verschiedener Höhe (auch als Vergütungen, Lizenzgebühren und Gewinnanteile bezeichnet) zu entrichten.
Streitig ist für 1959, ob und - bejahendenfalls - in welchem Umfange diese "Abgaben" als Entgelte der Umsatzsteuer unterliegen. Die Steuerpflichtige hielt die streitigen Umsätze für nicht steuerbar, weil ihre Hauptverpflichtung den Vertragsfirmen gegenüber darin bestehe, ihnen in bestimmten Zeitabständen Muster und Modelle zur Nachfertigung der Modeartikel zu überlassen, ihre Haupttätigkeit infolgedessen im Entwerfen und in der Herstellung der Muster und Modelle im Ausland zu erblicken sei, der Schwerpunkt ihrer geschäftlichen Betätigung mithin im Auslande liege, während die Unterlassung des eigenen Vertriebs der Vertragswaren in den Vertragsländern und die Duldung des Gebrauchs des Markenzeichens "X. Y." lediglich Nebenleistungen darstellten. Dagegen zog der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (FA) die streitigen Umsätze in vollem Umfange - d. h. ohne Rücksicht darauf, ob sie auf Inlands- oder Auslandsgeschäfte der deutschen Hersteller entfallen - zur Umsatzsteuer heran.
Die hiergegen eingelegte Sprungberufung (jetzt Sprungklage) der Steuerpflichtigen hatte teilweise Erfolg. Das FG folgte der Steuerpflichtigen insoweit nicht, als sie ihre vertragliche Hauptleistungspflicht darin sieht, die Muster und Modelle im Ausland herzustellen oder herstellen zu lassen und sie den deutschen Firmen zur Nachfertigung zu überlassen. Nach Ansicht des FG besteht die für die Umsatzsteuer erhebliche Leistung der Steuerpflichtigen in dem Dulden des Gebrauchs ihres Markenzeichens durch die deutschen Unternehmen und in dem Unterlassen des Wettbewerbs in den vertraglich bestimmten Ländern. Leistungsort sei bei der Übertragung von Schutzrechten, zu denen auch das Recht zum Gebrauch eines Markenzeichens gehöre, dort, wo die Verwertung geduldet, bei Wettbewerbsverboten dort, wo der Wettbewerb unterlassen werde. Das Dulden des Markenzeichengebrauchs und das Wettbewerbsverbot (bzw. die Wettbewerbsbeschränkung) folgten demnach hinsichtlich des Leistungsorts denselben Regeln. Da im Streitfall die in einem Dulden (Markenzeichengebrauch) und in einem Unterlassen (Wettbewerbsbeschränkung) bestehenden Leistungen im Inland und im Ausland erbracht wurden, teilte das FG die Entgelte auf und zog - entgegen dem Vorgehen des FA im Veranlagungsverfahren - nur die auf die Inlandsverkäufe entfallenden "Abgaben" zur Umsatzsteuer heran.
Gegen dieses Urteil haben sowohl die Steuerpflichtige als auch das FA Revision eingelegt.
Die Steuerpflichtige hat im Revisionsverfahren zunächst ihre im Klageverfahren vorgetragene Rechtsauffassung wiederholt, sie habe eine als Einheit zu beurteilende Tätigkeit ausgeübt, die in einem positiven Tun, nämlich im Entwerfen und Herstellen der zur Nachfertigung bestimmten Muster und Modelle bestanden habe; das Unterlassen des eigenen Warenvertriebs und das Dulden des Markenzeichengebrauchs seien als Nebenleistungen anzusehen, die das Schicksal der Hauptleistung teilten; da die Hauptleistung im Ausland ausgeführt worden sei, unterlägen die streitigen Umsätze insgesamt nicht der Umsatzsteuer. Im Schriftsatz vom ... hat die Steuerpflichtige diesen Standpunkt ausdrücklich aufgegeben und eingeräumt, daß die Verträge zwischen ihr und den deutschen Vertragsfirmen die oben dargestellten drei verschiedenartigen Leistungen beinhaltet haben. Ihrem positiven Tun sei jedoch bei weitem das Übergewicht beizumessen. Auf die gesamten negativen Leistungen entfielen als "Lizenzgebühr" höchstens ... v. H. des von den Vertragsfirmen erzielten Nettoumsatzes; der darüber hinausgehende Teil der jeweiligen Lizenzgebühren stelle den Gegenwert für ihre nichtsteuerbare positive Leistung dar. Für den Fall, daß der erkennende Senat dieser Verteilungsmethode nicht folgen sollte, hat die Steuerpflichtige in der mündlichen Verhandlung beantragt, ihre passiven Leistungen (Dulden des Warenzeichengebrauchs und Unterlassen des Wettbewerbs) zusammenzufassen und ihre aktive Leistung (Herstellung und Überlassung der Muster und Modelle) mit 50 v. H. der Gesamtleistung zu bewerten.
Das FA hat im Revisionsverfahren an seiner Ansicht festgehalten, es liege eine einheitliche Tätigkeit der Steuerpflichtigen vor, deren wesentlicher Inhalt im Dulden des Warenzeichengebrauchs und in der Unterlassung des Wettbewerbs zu erblicken sei; das Herstellen und Überlassen der Muster und Modelle spiele sich im "Vorfeld" der Hauptleistung ab. Sollte sich der Senat dieser Ansicht nicht anschließen können, so bleibe nur übrig, jeder der drei Leistungen die gleiche Bedeutung beizumessen. Seinen Einwand, die vom FG als auf Auslandsverkäufe entfallend nicht zur Umsatzsteuer herangezogenen Entgelte müßten nochmals aufgeteilt werden in Entgelte für das Dulden der Nachfertigung der zur Verfügung gestellten Muster und Modelle - steuerbare Leistung im Inland - und in Entgelte für das Dulden des Verkaufs der nachgefertigten Waren unter dem Warenzeichen "X. Y." - nichtsteuerbare Leistung im Ausland -, hat das FA in der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die einschlägige Rechtsprechung des Senats (vgl. insbesondere das Urteil V 93/65 vom 17. Juli 1969, - BFH 96, 433 -, BStBl II 1969, 693) ausdrücklich fallengelassen. Den erstmalig in der Revisionsinstanz erhobenen Einwand, die den Vertragsfirmen zur Nachfertigung überlassenen Muster und Modelle seien Kunstwerke bzw. Erzeugnisse des Kunstgewerbes gewesen und fielen daher unter das Kunstschutzgesetz vom 9. Januar 1907 (RGBl 7), die Duldung der Nachfertigung der Muster und Modelle trete als selbständiges Vertragselement neben die anderen Vertragspunkte, insoweit liege, weil die Nachfertigung im Inland stattgefunden habe, eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung vor, hat das FA in der mündlichen Verhandlung nicht mehr vorgetragen, weil - wie der Vertreter des FA auf Befragen des Senatsvorsitzenden erklärte - zweifelhaft sei, ob insoweit nicht ein neues tatsächliches Vorbringen vorliege.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision des FA hat keinen Erfolg. Auf die Revision der Steuerpflichtigen war die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuer für den Veranlagungszeitraum 1959 anderweitig festzusetzen.
Die Beteiligten und das FG gehen zutreffend davon aus, daß die Verträge zwischen X. Y. und den deutschen Vertragsfirmen im wesentlichen dreierlei beinhalten:
1. Die Duldung des Gebrauchs des Warenszeichens "X. Y.";
2. die Unterlassung des Wettbewerbs der Steuerpflichtigen in den vertraglich bezeichneten Ländern;
3. die Herstellung der Muster und Modelle und ihre zeitweilige Überlassung an die Vertragsfirmen zum Zwecke der Nachfertigung der jeweiligen Modeartikel.
FG und FA sind der Ansicht, die Hauptleistungspflicht der Steuerpflichtigen sei die Duldung des Gebrauchs des Warenzeichens "X. Y." (oben unter 1.), verbunden mit dem Unterlassen des Wettbewerbs (oben unter 2.), also eine negative Leistung; das positive Tun, nämlich die Herstellung der Muster und Modelle und ihre Überlassung zur Nachfertigung (oben unter 3.), trete demgegenüber völlig in den Hintergrund und sei daher umsatzsteuerrechtlich bedeutungslos.
Die Gründe, die das FG hierfür aufzählt, überzeugen nicht. Die Modellherstellung und -überlassung verliert nicht dadurch an Gewicht, daß die Modelle bürgerlichrechtlich und warenzeichenrechtlich im Eigentum der Steuerpflichtigen bleiben und nach erfolgter Nachfertigung an die Steuerpflichtige zurückzugeben sind. Sie haben zu diesem Zeitpunkt ihren Zweck erfüllt und für die Vertragsfirmen keinen Wert mehr. In der Präambel der Verträge wird nicht nur die Übertragung des Warenzeichens, sondern auch die Herstellung und der Vertrieb der Modeartikel in der Bundesrepublik als Zweck des Vertrages hervorgehoben. Die Bestimmungen über die Wahl der Motive, die Herstellung und Überlassung der Muster und Modelle, die Nachfertigung der Modeartikel, ihren Vertrieb, die Höhe der Verkaufspreise, die Werbung und die Vergütungen sind nicht weniger ausführlich geregelt als die Übertragung des Markenzeichens und die damit zusammenhängenden Befugnisse.
Die Vergütungen werden nach dem Vertragstext für das den Vertragsfirmen eingeräumte Recht gezahlt, im Inland die betreffenden Modeartikel herzustellen und sie dort sowie in den im Vertrage bezeichneten anderen Ländern unter der Schutzmarke "X. Y." zu vertreiben. Die Vergütungen sind also keineswegs nur für die Duldung des Markenzeichengebrauchs zu entrichten. Die Verschaffung neuer Modelle ist nicht bloß - wie das FG meint - eine Voraussetzung für die Umsatzsteigerung, sondern wesentlicher Vertragsbestandteil. Die deutschen Vertragsfirmen haben die Steuerpflichtige - wie sich aus der zu den Akten überreichten Korrespondenz ergibt - wiederholt an ihre Verpflichtung zur fristgerechten Bereitstellung neuer Modelle erinnert und gelegentlich Stil und Ausführung der Modelle beanstandet. Sie haben mehrfach zum Ausdruck gebracht, daß die Zurverfügungstellung hochwertiger und der jeweiligen Moderichtung entsprechender Modelle ein "Grundelement" des Vertrages und eine unabdingbare Voraussetzung für die Fortsetzung der Geschäftsbeziehungen sei und daß der Verkauf von Modeartikeln, die nach mehrjährig feststehenden Standardmodellen gefertigt werden, keinen Erfolg verspreche. Die hohen Preise der Markenartikel und die hohen Vergütungen an die Steuerpflichtige seien nur bei rechtzeitiger Überlassung hochwertiger Muster und Modelle gerechtfertigt. Das Namenszeichen allein ohne schöpferische Höchstleistungen auf den einzelnen Gebieten der Mode sei wertlos.
Wenn es in einzelnen Verträgen heißt, die Muster und Modelle würden "unentgeltlich" bzw. "kostenlos" zur Verfügung gestellt, so bedeutet dies entsprechend dem Vortrag der Steuerpflichtigen nur, es sollten hierfür keine besonderen Vergütungen bezahlt werden. Hiervon abgesehen ist einer solchen Klausel keine größere Bedeutung beizumessen, als wenn es umgekehrt im Vertrag hieße, die Überlassung des Markenzeichens erfolge unentgeltlich. Wenn in der Vorentscheidung ausgeführt wird, die für die einzelnen Modeartikel verschieden hohen Entwurfsaufwendungen kämen in der unterschiedlichen Höhe der "Lizenzgebühren" zum Ausdruck, so geht das FG selbst davon aus, daß die Vergütungen zu einem wesentlichen Teil für den Entwurf, die Herstellung und die Überlassung der Muster und Modelle gezahlt werden.
Die vom FG zum Vergleich herangezogene Rechtslage bei der Übertragung des Rechts zur Ausübung eines Patents (Lizenzgewährung) basiert auf einem nicht vergleichbaren Tatbestand. Durch das Patent wird ein Verfahren geschützt, das auf einer Erfindung beruht. Das Ergebnis der Erfindung, das patentierte Verfahren, liegt bei der Lizenzgewährung vor. Der Lizenznehmer kann regelmäßig in allen Einzelheiten prüfen, ob sich das Verfahren zur gewerblichen Ausnutzung eignet. Hieraus erklärt sich, daß sich alles, was der Erteilung und Übertragung des Patents vorangeht (Erfindung, Vergegenständlichung der Erfindung, technische Ausgestaltung des Verfahrens, Herstellung von Modellen, ihre Erprobung und dergleichen) im "Vorfeld" der Patentausnutzung und -übertragung abspielt und für die Umsatzbesteuerung ohne Bedeutung ist. Im Streitfalle ist die "Vorfeld"-Theorie nicht anwendbar. Die Vertragspartner der Steuerpflichtigen haben - wie bereits dargelegt - das größte Interesse daran, daß laufend neue Muster und Modelle geschaffen werden und zu bestimmten Terminen zur Nachfertigung bereitstehen. Das positive Tun liegt nicht wie bei den Patenten in der Vergangenheit, sondern überwiegend in der Zukunft und ist im Gegensatz zur patentrechtlichen Lizenz Gegenstand des vertraglich vorgesehenen Leistungsaustausches. Ohne die fortlaufende Neugestaltung von Mustern und Modellen, die der sich ständig ändernden Mode angepaßt sind, wären die Verträge für die deutschen Vertragspartner (Nachfertiger) wertlos. Der Sachverhalt hat eine gewisse Ähnlichkeit mit dem des Urteils des BFH V 209/53 U vom 11. März 1954 (BFH 58, 633, BStBl III 1954, 152). Der Senat hat dort entschieden, daß die Unterrichtung der inländischen Vertragsgegner über alle technischen Entwicklungen und Verbesserungen auf dem gemeinsamen Produktionsgebiet durch Übersendung von Zeichnungen, Beschreibungen und Berechnungen in der Regel eine nichtsteuerbare Auslandsleistung darstellt. Auch in diesem Falle hat der Senat dem im Vertrage gebrauchten Wort "Lizenzgebühr" keine Bedeutung beigemessen und einen Vergleich mit der "Lizenzgewährung" abgelehnt. Es kommt hinzu, daß das Warenzeichenrecht im Gegensatz zum Patentrecht lediglich den Schutz eines in die Zeichenrolle eingetragenen Warenzeichens (vgl. § 1 des Warenzeichengesetzes - WZG -), nicht den Schutz des Gegenstandes (Erfindung, technisches Verfahren - Muster, Modell) selbst betrifft. Das Patentrecht könnte nur mit dem Urheberrecht an Mustern und Modellen, die im Musterregister eingetragen sind (vgl. §§ 1 und 7 des Geschmacksmustergesetzes - GeschmG -) verglichen werden (vgl. den Fall des BFH-Urteils V 289/58 vom 17. November 1960, HFR 1961, 87). Die Eintragung des Warenzeichens in der Zeichenrolle bzw. in einem entsprechenden internationalen Register schützt nur vor der mißbräuchlichen Anwendung des Zeichens, nicht vor der mißbräuchlichen Nachfertigung der Muster und Modelle. Der entscheidende Fehler der Vorentscheidung liegt darin, daß das FG diesen Unterschied übersehen hat.
Den Einwand, der Steuerpflichtigen stehe hinsichtlich der den Vertragsfirmen zur Verfügung gestellten Muster und Modelle ein Urheberrechtsschutz nach dem Kunstschutzgesetz von 1907 zu, so daß ihre Überlassung zur Nachfertigung im Inland eine steuerbare und steuerpflichtige negative Leistung (Dulden der Ausübung des Urheberrechts) darstelle, hat das FA in der mündlichen Verhandlung nicht mehr geltend gemacht. Abgesehen davon, daß die Waren A und B kaum als Gegenstände des Kunstschutzgesetzes in Betracht kommen werden und auch die Ware C angesichts der Vielfalt der bekannten Formen meist nur den Eigentümlichkeitsgrad eines Geschmacksmusters erreicht, trifft die Erwägung des FA in der mündlichen Verhandlung, es handele sich insoweit um neues tatsächliches Vorbringen, das im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann (§ 118 FGO), zu.
Der Senat ist der Auffassung, daß jede der drei Leistungen der Steuerpflichtigen ihre selbständige Bedeutung hat und keine einer anderen untergeordnet ist. In einem solchen Falle liegt nicht ein einheitlicher Vertrag besonderer Art vor, sondern ein sogenannter gemischter Vertrag, bei dem die Einzelleistungen umsatzsteuerrechtlich getrennt zu beurteilen sind.
Eine positive sonstige Leistung (oben unter 3.) wird nach § 7 Abs. 2 UStDB 1951 im Inland ausgeführt, wenn der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil im Inland tätig wird. Der wesentliche Teil einer Leistung wird dort bewirkt, wo die entscheidenden Bedingungen zum Erfolg gesetzt werden. Dies geschieht im Streitfalle durch das Entwerfen und Anfertigen der Muster und Modelle, also im Ausland. Die positive Leistung der Steuerpflichtigen ist, weil im Ausland bewirkt, nicht umsatzsteuerbar.
Negative Leistungen (hier: das Dulden des Gebrauchs des Warenzeichens und das Unterlassen des eigenen Wettbewerbs - oben unter 1. und 2. -) werden dort bewirkt, wo andernfalls die Handlung vorgenommen worden wäre. Es herrscht insoweit das Territorialitätsprinzip (vgl. die Urteile des RFH V A 76-78/33 vom 6. März 1934, RStBl 1934, 589; V A 273/35 vom 26. Juni 1936, RStBl 1937, 606; BFH-Urteil V 86/57 U vom 28. April 1960, BFH 71, 83, BStBl III 1960, 278). Werden aufteilbare negative Leistungen im Inland und im Ausland erbracht, so sind sie teils steuerbar, teils nichtsteuerbar. Das Entgelt ist entsprechend aufzuteilen.
Die Gestattung der Nachfertigung hängt eng mit der oben behandelten positiven Leistung der Steuerpflichtigen zusammen. Bei Gegenständen, die nicht nach dem Gesetz vom 11. Januar 1876 betreffend das Urheberrecht an Mustern und Modellen ("Geschmacksmustergesetz", RGBl 1876, 11) geschützt sind, beruht das Schwergewicht der Leistung nicht in der Übertragung eines Rechts (Gestattung der Nachfertigung), sondern - wie oben dargelegt - im Entwerfen und Herstellen dieser Gegenstände zum Zwecke der Nachfertigung, das sich im Ausland abspielt (vgl. die BFH-Urteile V 209/53 U vom 11. März 1954 a. a. O., und V 289/58 vom 17. November 1960, a. a. O.).
Die Ansicht, die vom FG als nichtsteuerbar behandelten Umsätze müßten nochmals in einen steuerbaren inländischen Teil (betreffend das Dulden der Herstellung der Waren im Inland) und in einen nichtsteuerbaren ausländischen Teil (betreffend das Dulden des Verkaufs der Waren im Ausland) aufgeteilt werden, hat das FA in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich aufgegeben. Sie ist mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. das Urteil V 93/65 vom 17. Juli 1969 a. a. O), an der festgehalten wird, nicht vereinbar. Die weitere Aufteilung der Entgelte läßt sich auch nicht damit begründen, daß die nachgefertigten Gegenstände mit dem Warenzeichen "X. Y." versehen werden (vgl. § 15 WZG). Diese Maßnahme ist lediglich ein Ausfluß des den Vertragsfirmen übertragenen Rechts auf Gebrauch des Warenzeichens; sie geht dem Vertrieb der Ware unter diesem Warenzeichen voraus. Der wesentliche Inhalt dieses Rechts besteht darin, die Ware unter dem Warenzeichen "X. Y." absetzen oder - umsatzsteuerrechtlich ausgedrückt - liefern zu dürfen.
Was den Aufteilungsschlüssel anbelangt, so kann dem Antrage der Steuerpflichtigen, als Teil des Entgelts für ihre positive Leistung die über ... v. H. des Nettoumsatzes hinausgehenden "Lizenzgebühren" in Ansatz zu bringen, nicht gefolgt werden. Die unterschiedliche Höhe der "Lizenzgebühren" wird in weit höherem Maße als vom Aufwand für die Entwicklung und Herstellung der einzelnen Muster und Modelle von der jeweiligen Marktlage der nachgefertigten Waren (Angebot und Nachfrage, Schwankungen bezüglich Mode und Käufergeschmack und dergleichen) und den von den Vertragsfirmen aufgewendeten Materialkosten bestimmt. Für die Ware C z. B. würde bei gleicher Formgebung die Lizenzgebühr wegen der wesentlich höheren Materialkosten erheblich niedriger liegen als bei billigeren Waren dieser Art. Auch dem Zweitantrage der Steuerpflichtigen, das Entgelt je zur Hälfte dem positiven (aktiven) und dem negativen (passiven) Teil der Gesamtleistung zuzurechnen, kann nicht entsprochen werden. Es erscheint vielmehr eine Dreiteilung des Gesamtentgelts geboten, weil keiner der drei Leistungen der Steuerpflichtigen ein größerer Wert beigemessen werden kann als jeder der beiden anderen. Die Bedeutung der Herstellung der Muster und Modelle und ihrer zeitweiligen Überlassung an die Vertragsfirmen zur Nachfertigung wurde bereits oben gewürdigt. Die Vertragsfirmen waren aber in gleichem Maße an dem Gebrauch des Warenzeichens "X. Y." interessiert. Dieses Warenzeichen trug entscheidend zur Erhöhung der Umsätze der Vertragsfirmen bei. Durch den Verzicht auf den eigenen Vertrieb der in den Verträgen angegebenen Waren in den dort genannten Ländern sowie durch die Verpflichtung, den Vertrieb insoweit auch keinen anderen Firmen zu gestatten und einen etwaigen Mißbrauch durch Dritte zu verhindern, schließlich räumte die Steuerpflichtige den Vertragsfirmen eine Monopolstellung ein, die nicht geringer zu bewerten ist als jede der beiden anderen Leistungen.
Die Sache ist entscheidungsreif. Es besteht aus den dargestellten Gründen für die Aufteilung des Gesamtentgelts auf die einzelnen Leistungen nur eine vernünftige und angemessene Lösung, nämlich jeder Leistung ein Drittel des Gesamtentgelts beizumessen. Es entfällt soweit ein Drittel der vom FG errechneten Umsatzsteuer auf die nichtsteuerbare positive Leistung der Steuerpflichtigen (oben unter 3.). Die Umsatzsteuer für 1959 errechnet sich daher auf ... DM.
Fundstellen
BStBl II 1971, 189 |
BFHE 1971, 142 |